Wenn der Acker brennt
sehr gefällig, wenn er sie um etwas bat.
»Irgendwelche besonderen Vorkommnisse, Beppi?«, erkundigte er sich wie beiläufig.
»Nein, nichts Besonderes. Nur der Leni ihre Freundin wurde eingeliefert.«
»Welche Freundin?«
»Das weiß ich nicht, Herr Bürgermeister. Ich habe nur gehört, wie sie nach der Ambulanz gerufen hat, weil die junge Frau wohl ohnmächtig war. Sehen Sie nur, da braut sich einiges zusammen.« Beppi horchte dem Donner nach, der an den Gipfeln widerhallte.
»Ein Unwetter kann uns doch nichts anhaben«, entgegnete Jeremias lachend.
»Freilich nicht, uns nicht«, stimmte Beppi zu.
Wenn Christine Weingard bei ihrer Ankunft im Krankenhaus ohnmächtig gewesen war, hatte sie vielleicht noch keine Gelegenheit gefunden, ihre Geschichte zu erzählen. Eine wunderbare Fügung, wie Jeremias fand.
Der Eingangsbereich erinnerte mit dem glänzenden Parkettboden, den großen Fensterfronten und den gemütlichen Sitzecken mehr an eine Hotellobby als an ein Krankenhaus. Genau so hatte es Jeremias geplant. Wer krank wurde, sollte in einer ansprechenden Umgebung gesunden, das verkürzte nicht nur den Heilungsprozess, sondern sparte dadurch auch Kosten und nahm die Menschen für denjenigen ein, dem sie diese Annehmlichkeiten zu verdanken hatten. Der Krankenhausbau hatte ihm in den letzten drei Wahlen die absolute Mehrheit beschert.
Er stieß die Tür zu einem Gang auf, zwang sich, nicht übereilt zu wirken, und gab stattdessen vor, sich für die Zeichnungen der örtlichen Künstler zu interessieren. Die hellen Wände und das bläuliche Licht der Deckenstrahler setzten die Kunstwerke wunderbar in Szene. Als er sich umwandte, sah er auch schon seinen Neffen pflichtbewusst vor einer Tür Wache halten.
»War etwas, Junge?«
»Nein, Onkel Jeremias, alles ruhig.«
»Ich möchte ein paar Worte mit der Dame wechseln. Sorge du bitte dafür, dass uns niemand stört.«
»Hier kommt keiner durch«, versicherte ihm Toni und stellte sich kerzengerade hin.
»Das machst du wirklich sehr gut«, lobte Jeremias den jungen Polizisten und öffnete die Zimmertür. Während er sie leise von innen wieder verschloss, fasste er in die Innenseite seines Jacketts.
Christine Weingard lag mit dem Gesicht zum Fenster und hatte den Kopf aufgestützt, das dunkle Haar floss über das weiße Kopfkissen. Er bemerkte das schwarze Kabel, das über ihre Schulter verlief. Offensichtlich hörte sie Musik über ihr Handy. Sie würde also gar nicht mitbekommen, was gleich mit ihr geschah.
»Ja, Mario, ich verstehe, dass ihr wegen des herannahenden Gewitters erst einmal nicht weitersuchen könnt.«
Jeremias prallte überrascht zurück. Nicht Christine Weingard lag da im Bett, es war Leni Burger, und sie hörte keine Musik, sondern telefonierte. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Er musste das Zimmer sofort verlassen, er hatte doch keine Ahnung, was Leni wusste und wie sie reagieren würde, wenn er plötzlich vor ihr stand.
»Schläft sie?«, fragte Toni Renner, als sein Onkel das Krankenzimmer wieder verließ.
»Du bist sicher, dass du Christine Weingard in diesem Zimmer gesehen hast?«
»Freilich.«
»Sie wurde nicht verlegt?«
»Nein, ich habe die Tür doch keine Sekunde aus den Augen gelassen.«
»Tatsächlich, war das so? Und wie erklärst du dir dann das?«
»Die Leni!«, rief Toni Renner verblüfft, als sein Onkel die Tür aufstieß und das Mädchen sich ihnen erschrocken zuwandte.
»Du taugst wirklich nur zum Kindergartenunterhalter.« Der Junge musste nach der Geburt vertauscht worden sein, anders ließ sich diese Einfältigkeit nicht erklären.
»Aber sie war wirklich in dem Zimmer, ich schwöre es!«, beteuerte Toni.
»Wenn dir etwas an Schwüren liegt, dann solltest du dir eine Stelle bei Gericht suchen. Vielleicht als Gerichtsdiener oder Pförtner, zu mehr wird es auch dort nicht reichen. – Nun zu dir, Fräulein Burger. Was hast du hier verloren?« Jeremias baute sich vor Leni auf. Das Mädchen saß auf dem Bett, ließ die Beine baumeln und machte nicht den Eindruck, als könnte er es einschüchtern.
»Wo ist die Frau Weingard, Leni?«, hakte Toni Renner sofort nach, als Leni den Blick senkte und schwieg.
»Rede, Mädchen.« Jeremias wurde lauter. »Du willst nicht? Gut, dann fahren wir eben gemeinsam zu deinem Vater aufs Revier. Du weißt, dass er nach Christine Weingard sucht?«
»Gar nichts weiß ich«, erwiderte Leni trotzig.
»Ich hoffe für dich, dass du wenigstens deinen Vater nicht anlügen wirst. Du hast
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