Wenn der Boss von Liebe träumt ... (German Edition)
kriegen! Doch zu ihrem Glück verging der Vormittag, ohne dass Lucius nochmals eine derartige Andeutung machte.
Stattdessen überhäufte er sie mit Terminen und Aufgaben. Kurz vor der Mittagspause sah sie schließlich ein älteres Ehepaar auf sich zukommen.
„Hallo, Mr und Mrs Ridgeway.“ Wie immer behandelte sie die beiden höflich und freundlich. „War das Wochenende mit Ihrem Enkel schön?“
„Michael war unruhig.“
Wie immer antwortete Benjamin, während sich Tabby, Geoffs Mutter, in schmerzliches Schweigen hüllte. Beide Eltern waren vom Tod ihres Sohnes gezeichnet. Die Trauer hatte tiefe Furchen in ihre Gesichter gegraben und ließ sie älter wirken, als sie waren.
Die letzten drei Monate mussten schrecklich für sie gewesen sein. Dass sie Geoffs Frau auch jetzt noch ablehnten, machte alles noch schlimmer. Offenbar gaben sie ihr die Schuld an seinem Tod.
Angie konnte diese Einstellung zwar nicht nachvollziehen, aber es lag wohl daran, dass die Reise nach Europa Lisas Idee gewesen war. Sie hatte sie als Kombination aus Weihnachtsgeschenk und zweiten Flitterwochen geplant.
Und irgendwie schienen die Ridgeways auch noch Lucius für das Unglück verantwortlich zu machen. Ahnten sie womöglich, dass er etwas mit Lisa gehabt hatte? Und brachten sie das auf irgendeine überemotionale und unlogische Weise damit in Zusammenhang?
„Michael braucht mehr Regelmäßigkeit in seinem Leben“, sagte Benjamin. „Feste Bezugspersonen. Ihn ständig weiterzureichen bringt nichts.“
Zum ersten Mal überhaupt sagte Tabby etwas zu Angie: „So geht das nicht mehr weiter. Unser Enkel gehört zu seiner Familie; schließlich wird er einmal die Linie der Ridgeways fortsetzen. Jedenfalls soll er nicht von einem Mann großgezogen werden, dem das Geschäftliche wichtiger ist als die Familie. Der sich nur fürs Geld interessiert!“
Entschlossen fuhr sie fort: „Sobald wir das Sorgerecht haben, werden wir Michael richtig erziehen. Damit er nicht wird wie seine habgierige Mutter. Und damit er einmal den Verlockungen widerstehen kann, auf die sein Vater hereingefallen ist.“
Angie gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben. Sie durfte jetzt nichts sagen, was sich zu Lucius’ Ungunsten auslegen ließ. „Ich weiß, Sie geben Ihr Bestes unter diesen schwierigen Umständen. – Möchten Sie Lucius sehen?“
„Ja, allerdings, das möchten wir“, antwortete Benjamin.
„Ich sage ihm, dass Sie hier sind. Übrigens, Sie können Mickey gerne hier bei mir lassen.“
„Keesha ist noch nicht da, oder?“
Wieder blieb Angie ruhig. Den missbilligenden Unterton überhörte sie. „Ich freue mich immer, wenn ich Zeit mit Ihrem Enkel verbringen kann. Er stört mich nicht im Geringsten.“
Zögernd gaben sie ihr den Kleinen, der freudig die Händchen nach ihr ausstreckte. Sobald sie ihn auf dem Arm hatte, griff er nach ihren Fingern und steckte sie in den Mund.
Sie freute sich. Wer hätte gedacht, dass sie im Umgang mit Kindern so ein Naturtalent war? Sie hatte sich immer welche gewünscht, aber nach der Sache mit Ryan hatte sie stark an ihren pädagogischen Fähigkeiten gezweifelt.
Zum Glück hatten die wenigen Begegnungen mit Mickey gereicht, diese Selbstzweifel auszuräumen. Plötzlich spürte sie eine wilde Entschlossenheit. Ja, sie würde eine wunderbare Mutter abgeben, egal wer ihr das auszureden versuchte …
Da sie merkte, dass die Ridgeways sie erwartungsvoll anstarrten, fragte sie etwas verspätet: „Möchten Sie Kaffee oder Tee?“
In diesem Moment kam Lucius aus seinem Büro. Groß und kräftig, wie er war, schien er die Türöffnung ganz auszufüllen. Er war so dunkelhaarig wie die Ridgeways blond. „Hallo Tabby. Hallo Benjamin. Freut mich, euch zu sehen.“
Natürlich war das gelogen, das wussten sie alle. Aber angesichts eines drohenden Rechtsstreites versuchte Lucius durch Höflichkeit zu vermeiden, dass ihre Begegnungen womöglich eskalierten.
Er führte die Ridgeways in sein Büro, und Angie ließ ihren mütterlichen Instinkten freien Lauf. Mickey war so ein süßes Baby. Äußerlich geriet er ganz nach seiner Mutter – sehr zum Leidwesen seiner Großeltern. Angie seufzte über so viel Voreingenommenheit.
Mit seinen großen dunklen Augen sah der Kleine sie an und lächelte vergnügt. Dabei sah man zwei kleine weiße Zähne. Er zahnte schon seit einem Monat; kein Wunder, dass er unruhig war, wie Benjamin gesagt hatte.
Sie ging zur Bar und feuchtete einen frischen Waschlappen an. Mickey nahm ihn ihr
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