Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Titel: Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Sinhuber (Hrsg)
Vom Netzwerk:
Schweinkerl, den alten! Und: hauts eahm, hauts eahm! is gangen, und: schmeißt ‚n in Schbringbrunnen … aber der war zum Glück eing‘freert. No, derweil is auch die Bolizei schon dag‘wesen und hat mich denen Händen vom Mobf entrissen und mich in die Weinstraßen bracht. Dort ham s‘ freilich keine Brodogoll mehr aufnehmen wollen, weil‘s schon ins Dämmern ang‘fangt hat, und ham mich gleich bein Eingang in‘n Kotter g‘spirrt, mitsamt die Bildeln. Aber dös hat mir gar nix g‘nutzt. ‚s war ja finster.
    Glaub mir, so was von an verpatzten Heiligen Abend hab ich noch nie nicht g‘habt. Und alles nur, weil man seine freie Zeit für die Kunst und fürs Vaterland opfert.«

KURT WILHELM: Spur Null
    KURT WILHELM

    Spur Null

    Es begann eigentlich schon im Sommer, als ich zu Ferienbeginn mein Auto zu Klump fuhr. Ellen mußte mit unserem grad sechsjährigen Dominik nach Viareggio vorausfahren. Als ich mit dem Leihwagen nachkomme, erzählt sie:
    »Du – er war vom Eisenbahnfahren einfach begeistert!«
    »Ach?«
    »Bahnhof, Gleise, Züge, Loks – hat er ja alles nicht gekannt – wo wir doch immer Auto fahren.«
    Am gleichen Nachmittag schon suchten wir ihn im ganzen Hotel, am Strand, bei den Eisbuden und Spielsalons, fragten rum, machten alle Leute verrückt – kommt er nicht zum Abendessen strahlend daher:
    »An Bahnhof, Papi, hatta Mann rankschiert, haba mitfahrn dürfn aufe Lok. War ne gaanz alte V 60, mit de Telluxkupplung – hija –! Darf morgn wieder mitfaahn, sagta – darf ich doch – oda – ?«
    Nicht nur morgen, jeden Tag fuhr er mit, und redete nur noch von Signalen, Kühlwagen und der wunderbaren Lok V 60-361. Ich konnt‘s verstehen. Eisenbahn hatte mich als Buben auch fasziniert.
    Als Weihnachten naht, sag ich: »Meine Modellbahn müßte doch noch auf ‘m Speicher sein.«
    »Ja – kaputt«, meint Ellen.
    Da erwidere ich, ohne zu ahnen was ich damit sage: »Na, und? Die richt ich wieder her. Manuell bin ich gut drauf, und ganz Kaputtes kann man doch nachkaufen –«
    Also – ich hol die alte Spur Null aus der Kiste, leg einen Gleisring, schließe an, und schalte. Nix. Meine stolze königlich preußische Tenderlok T 18 rührt sich nicht.
    Im Spielwarengeschäft krieg ich Beklemmungen, als ich die Neupreise höre, und außerdem sagen sie:
    »Reparieren? So was Altes? Da ham wir niemanden. Käm Ihnen auch teurer als ein Neukauf. Wir hätten da ein günstiges Sonderangebot –.«
    Ich will dem schon erliegen, da fällt mir ein, der Kühlmeier in der Firma ist doch ein Bastler. Ich nehme Lok, Schaltkreis und Trafo mit ins Büro, er stürzt sich wie ein gieriger Rabe drauf, wir lassen unsere Arbeit liegen, wo sie liegt, und murksen eine halbe Stunde auf meinem Schreibtisch. Leider bemerken wir dabei nicht, daß unser Chef, der Schröder mit der Magengeschwür-Falte um den schmalen Mund, daherschleicht, und uns beobachtet. Als wir‘s endlich spannen und ihn verlegen anglotzen, wird sein Mund noch schmaler und die Augen auch, und er sagt nur leise:
    »Aha – so so.«
    Dann schreitet er stocksteif auf leisen Sohlen weiter. Was das bedeutet weiß jeder, der ihn kennt, diesen verkniffenen, humorlosen Schinder. Umsatzzuwachs hat er im Hirn, sonst nichts. Ach was, denk ich, soll er mich doch rausschmeißen, Ellen hat Geld von zu Hause, uns wirds an nichts fehlen – jedenfalls die ersten Monate nicht, bis ich wieder was hab –
    An das »Aha – so so« müssen der Kühlmeier und ich immer wieder denken, als wir abends die Spur Null im Vorratskeller meines gemieteten Hauses installieren. Die Vorräte dort, und das sonstige Glump haben wir in die Waschküche hinübergeschafft. Ellen kommt und blickt verzweifelt: »Spinnt ihr?«
    »Bring ich nach Weihnachten alles wieder auf seinen Platz, jetzt brauchen wir den ganzen Raum«, sag ich, und sie verdreht die Augen. Wir legen auf zwei Böcke eine große Holzplatte. Auf der installiere ich lustvoll Gleise, Weichen, Signale und Kreuzungen, den schönen Bahnhof und die Schranken, und freue mich, wie gewaltig das aussieht, viereinhalb auf drei Meter, da paßt schon was hin. Der Kühlmeier würgt am Elektrischen, drahtet, mißt, schaltet, flucht wie ein Punker, ihm läuft das Wasser herunter – aber die Lok, die läuft nicht.
    »Hundsglump verreckts!« schreit er, »Spannung liegt an – rühr dich, Du Luder«, und haut meiner T 18 eine auf den Schornstein. Da gehen ihre zwei Scheinwerfer an, sie setzt sich in Bewegung und fährt brav die ganze Strecke

Weitere Kostenlose Bücher