Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen
Schröder, der da schaltet, ordnet und fährt, das ist eher ein Sohn von ihm, in seiner Gestalt. Das strahlende Lächeln seines vollippigen Mundes unter den großen leuchtenden Augen schwindet keine Minute. Besonders zum Schluß, als wir einen Zusammenstoß inszenieren, zwischen dem Intercity Experimental 3671 Digital und dem VW-Autotransportzug mit der Werkslok DHG 700 C. Da lassen wir Krankenwagen herbeirasen, leiten alles um, richten die entgleisten Elemente mit einem Baukran wieder auf und organisieren einen Notverkehr auf Nebenstrecken.
Lange nach Mitternacht wartet noch sein Chauffeur in der Livree, um mich heimzubringen, und an der Türe sagt der ehemals so Gestrenge:
»Ein Vorschlag. Mir fehlt die T 18 Erstausgabe in meiner Sammlung. Geben Sie sie mir, und Sie kriegen im Tausch für Ihren Sohn, was Sie wollen. Loks, Wagen, Gleise, Berge, Häuser, einen Wasserfall! – Sagen Sie jetzt noch nichts, überlegen Sie sich‘s. Nur bitte – kein Wort, was Sie hier gesehen haben. Zu niemandem! Versprechen Sie‘s. Recht gute Nacht, und auf morgen.«
Ellen schläft natürlich längst. Ich sperre den Keller auf und betrachte meine poplige halbleere Platte, die ich gestern noch stolz so beeindruckend fand. Ich stell mir vor: da drauf nun – wie hat er gesagt? ›Alles was ich will?‹ – Was gibt‘s da noch lang zu überlegen?!
Der Chauffeur bringt mir die Riesenkiste ins Haus, und schleppt sie mir in den Keller. Köstlichkeiten en masse quellen heraus. Mich faßt ein Rausch. Das ganze Wochenende über arrangiere ich den Segen und verzweifle dabei, weil ich kaum weiß, wie ich das alles plazieren und zusammenschalten soll.
»Machst ‘n immer in Keller, Papi –?« will Dominik wissen.
»Ach – was fürs Büro, was Dich nicht interessiert«, sag ich.
Ellen zieht die Brauen hoch.
»Mags aba sehn.«
»Wenn‘s fertig is.«
»Wann is‘s ‚n featig –?«
»Bald.«
»Wann is bald?«
»Himmeldonnerwetter, ich bin schon gestreßt genug, hör auf mit der blöden Penzerei!«
»Rabäh –!« hebt sein übliches Geheul an. Es verfolgt mich bis in den Keller, den ich stets sorgfältig abschließe, während ich wie ein Gesengter schraube, säge, schneide, klebe, gipse, Drähte ziehe und löte. Meine Finger sind bald mit Brand-, Stich- und Rißwunden übersät, und ich merke: allein komm ich nicht zurecht. Der Kühlmeier muß helfen. Nur – wie erklär ich dem den ganzen Segen, ohne Schröder zu verraten?
Der Chef stelzt wie gewöhnlich eisig im Büro herum und verrät mit keinem Blick unser Geheimnis. Nur einmal, ich komme grad aus der Herrentoilette, er schließt seine Direktionstoilette auf, der Korridor ist leer, flüstert er:
»Geht‘s voran?«
»Ja, – is aber schwer«, flüstere ich zurück.
»Soll ich heut abend helfen kommen? – – pscht.«
Und tatsächlich, um halb zehn rollt der Rolls leise vors Haus, er huscht in den Keller, zieht das Maßjackett aus, krempelt die Hemdsärmel auf, schaut, prüft, und verkündet: »So geht das nie!«
»Ach?«
»Das ist doch eine digitale Anlage! Und Sie haben analog ausgelegt. So kanns nicht funktionieren. Na, keine langen Debatten. Wann ist Weihnachten?«
»In einer Woche.«
»Na, dann aber los –!«
Wir bauen, arrangieren und löten um, denn ich hab gut die Hälfte falsch zugeordnet und angeschlossen. Am ersten Abend bleibt er bis halb zwei, am zweiten bis drei Uhr früh, und noch ist nicht die Hälfte des Nötigen getan.
»Nicht zu schaffen«, seufz ich. »Und das Brünnlein am Stationshäuschen im Gebirge können wir überhaupt ganz vergessen.«
Schröder nickt erst traurig, dann hat er eine Idee: »Wissen Sie was – Sie melden sich ab morgen krank. Bleiben tagsüber dran, ich komm immer gegen Abend dazu. Dann schaffen wirs!«
»Sag mal«, meint Ellen am nächsten Tag. »Wie stellst Du dir das eigentlich vor. Wie willst Du diese Monsteranlage auf dem Riesenbrett ins Weihnachtszimmer transportieren. Das geht doch durch keine Tür –?«
»Nee – geht‘s nicht.«
»Aha – nicht? – Und was liegt dann heuer unterm Baum?«
»Och, paar Kleinigkeiten. Weißt Du, wir fangen oben an, und dann führ ich den Dominik hinunter – zum eigentlichen Fest.«
»Du meinst, wir hocken Weihnachten im Keller, oder wie?«
»Warum nicht –.«
»Du spinnst allmählich in beängstigendem Grade«, meint Ellen vornehm. »Weihnachten feiert man in unseren Breiten mit Musik unterm brennenden Baum im Wohnzimmer.«
»Wo steht das geschrieben? Man kann Baum und
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