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Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Titel: Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Sinhuber (Hrsg)
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nicht ganz zufrieden, fragt: »Und wo is ‚n Bappa seine Überjaschung aus ‚n Keller –?«
    »Da wirst Du staunen, mein kleiner Mann«, verheiße ich. »Moment, muß nur nachsehen, ob das Christkindchen schon fertig ist.«
    »Hatta doch an Tür geklingelt und is in‘ Keller nunter«, sagt Dominik. »Is sicha fertig. Komm, geh ma –«, packt meine Hand und zerrt mich.
    »Nein nein nein, Du wartest, bis ich Dich rufe«, wehre ich mich, haste voraus, und frage Schröder, atemlos vor Aufregung: »Fertig?«
    »Fast. Moment noch«, flüstert er. »Einmal is es schon durchgelaufen und hat sich schon ein paarmal von selber gedreht –«. Ich zünde hastig meinen unteren Baum an, schalte die Effektlichter ein und den Stereokassettinger mit den Chören und dem Hermann Prey. Alles glänzt, alles klingt, Weihnachten breitet sich aus.
    »Läufts?«
    »Ja!«
    Tatsächlich, es läuft. Schröder will davonhuschen, aber da tappelt ihm schon Dominik auf der Kellertreppe entgegen, fürchtet sich vor dem Unbekannten, Schröder lächelt, was ihn noch mehr verschreckt, er klammert sich an mich und brüllt:
    »Maaami – Oooma – da is ‚n ganz fremder Mann, nich ‚s Christkindi!«
    Die Frauen eilen herbei. Ellen stellt Schröder der Oma vor. Der sagt verlegen »Will nicht stören«, macht drei Sätze Konversation, während ich Dominik in den Vorratskeller führe, wo es braust, leuchtet und glänzt – aber was ist das? Vom Gebirge herab wälzt sich unaufhaltsam eine weiße Lawine aus Schaum und deckt im Nu die halbe Anlage zu. Die Feuchtigkeit verträgt sich nicht mit dem elektrischen Strom, erste Lampen knallen durch, der Schaum schiebt Figürchen um, näßt die Bahnhöfe, der Trans-Europ verschwindet unter der weißen Pracht, man hört ihn surren und jaulen, aber er kommt nicht mehr heraus. Er verröchelt.
    Dominik steht starr mit weit aufgerissenen Augen. Schröder springt herzu, so schnell hab ich ihn vordem nie hupfen sehen, schaltet alles ab und versucht die Lawine händisch wegzuschaufeln.
    »O Gott, was hab ich angerichtet«, wimmert er.
    »Ein Schaumbad«, sagt Ellen knapp.
    Da klingelts abermals an der Tür. Nanu?
    »Christkindi nochmal!« meint Dominik, ohne den Blick von der weißen Katastrophe zu wenden. Ich rase hinauf.
    Kühlmeier! Er starrt mich an: »Du bist gesund? Wollt nur nach Dir schauen, wir haben uns alle Sorgen gemacht – frohes Fest.«
    »Das haben wir grad«, sag ich, »kannst gleich helfen!«
    Mir ist schon alles wurscht. Ich zerr ihn in den Keller, wo Schröder zappelnd versucht, den glibbernden Berg in Eimer zu schaufeln. Die Frauen und Dominik schauen ihm regungslos zu. Kühlmeier erschrickt vor dem Chef, und der, weil er sich vor ihm geniert, pfeift ihn an: »So helfen Sie doch, gefälligst!«
    Wir Männer stürzen uns auf die Arbeit. In einem rettenden Einfall hol ich den Staubsauger, und unter Ellens Protest suzeln wir pfauchend den Schaum ab, der gewiß das Innere des Saugers ruinieren wird – egal, kauf ich nen neuen –, wischen Klebendes weg, während Hermann Prey mit Chor singt und die Kerzen mild flackern, richten Gestürztes auf, prüfen, schalten Einzelnes vorsichtig wieder ein, und setzen die Züge wieder auf die Gleise.
    »Jetzt schau, Dominik«, rufe ich, und dreh mich um.
    Aber da ist kein Dominik und keine Ellen und keine Oma. Nanu, sagen wir, und sehen auf die Uhr. Was? Halb zwölf? Wieso? Grad war ‚s doch noch sechs Uhr –?
    Wir gehen rauf. Auch dort ist alles still.
    »Hallo –!?«
    Keine Antwort.
    In der Küche klappert‘s. Ich vorsichtig hin. Ellen räumt Geschirr ein.
    »Liebes«, sag ich, »wir sind fertig.«
    »Wir auch.«
    »Wieso –?«
    »Nun, wir haben gefeiert, gegessen, die Oma heimgefahren und Dominik ist ins Bett. Ich hab noch abgespült – jetzt geh ich auch.«
    Wir drei Gentlemen stehen wie drei jener sprichwörtlichen begossenen Pudel.
    »Verzeih«, such ich einzulenken, »ich wollte dem Kind doch seine Eisenbahnfreude –«
    »Oh, die hatte er! Auf dem Heimweg von Oma waren wir wieder am Bahnhof bei seinen Freunden. Da hat er auf ‘ner IC-Lok rumturnen dürfen.«
    »Und zu meiner Anlage hat er gar nichts gesagt?«
    »Doch.«
    »Was?«
    Sie blickt mir mit funkelnden Augen in die Augen und imitiert mit Nachdruck meinen Sohn:
    »Schau nur Mami, wie se spieln. Komm, geh ma. Das merken die gar nich, wetten! – Hihi! – Geh ma an richtigen Bahnhof!«
    Sie löscht das Licht der Küche, sagt hoheitsvoll: »Eine recht gute Christnacht wünsch ich den Herrn«,

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