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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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Brennholzvorrat für die Kombüse. Ian wies auf die hintere Wand der Back. Auf dem von der Sonne fast hellgrau gebleichten Holz hatte er mit Teer eine Art Zielscheibe gemalt. Mit einer blitzschnellen Bewegung zog er das Messer aus dem Stiefelschaft und schleuderte es durch die Luft. Die ganze Aktion lief so rasant ab, dass Dorotheas Augen die Flugbahn nicht verfolgen konnten. Ein kaum wahrnehmbares Pfeifen, fast zeitgleich ein leiser, dumpfer Aufprall– und da steckte die Klinge schon zitternd mitten im innersten Kreis.
    » Sapperlott!« Mehr brachte August nicht heraus. Er starrte auf das Messer, dann wanderte sein Blick zu Ian. » Wo hast du so werfen gelernt?«
    » Von einem Freund«, antwortete Ian ausweichend, schlenderte zur Zielscheibe, zog sein Messer heraus und hielt es August hin. » Du hältst es an der Spitze– nicht am Heft.« Er demonstrierte es. » Und dann wirfst du aus dem Handgelenk, nicht mit dem ganzen Arm. Pass auf, ich mach es langsam vor.« Auch diesmal traf er mitten ins Ziel.
    August hatte weniger Erfolg. Beim ersten Versuch prallte das Messer von dem Holz ab, beim zweiten warf er es fast an der Back vorbei. Auch der dritte und vierte waren nicht wesentlich näher am Ziel. » Es hat keinen Zweck. Das lerne ich nie!«, seufzte er.
    Ian verzog spöttisch das Gesicht, sagte aber nur: » Es ist nicht so einfach, wie es aussieht. Deine Haltung ist gut so. Übe weiter.«
    » Meinst du, ich werde es jemals schaffen, so gut wie du zu sein?«
    Ian zuckte mit den Achseln. » Das kann man nicht im Voraus sagen.« Er überließ August seinen Übungen und wandte sich Dorothea zu, die auf einer der Taurollen Platz genommen hatte. » Du willst mich doch nicht auf dieser Kindertafel schreiben lassen?«, fragte er und runzelte unwillig die Stirn, sobald er ihre Ausrüstung in Augenschein genommen hatte.
    » Warum nicht? Ich habe nicht genug Papier. Es ist doch nur zum Üben. Und dafür ist es sehr praktisch, weil man einfach alles wieder abwischen kann, was man schon geschrieben hat«, versuchte Dorothea ihm das unliebsame Gerät schmackhaft zu machen.
    Ganz überzeugt war er nicht, aber er nickte und sagte: » Na gut, dann muss es wohl so sein. Und was ist das da?« Er zeigte auf das Blatt mit dem Alphabet.
    » Das ist das Alphabet. Die Buchstaben. Man lernt sie zuerst einzeln, und dann setzt man sie zu Wörtern zusammen«, erläuterte Dorothea. Fasziniert beobachtete sie, wie er die Zeichen mit den Augen aufzusaugen schien. » Lies sie mir vor«, verlangte er und deutete auf das große A. » Eines nach dem anderen.«
    Dorothea tat wie geheißen und bemühte sich in Erinnerung an ihre eigene Schulzimmerzeit, jeweils passende Worte dazu zu finden. A wie apple, B wie bee, C wie cat, D wie dog, E wie egg. Ian lauschte aufmerksam und wiederholte alles mehrfach, um es sich einzuprägen. Dorothea hatte den Eindruck, dass er alles mit einer fast schon unheimlichen Konzentration in sich aufnahm. » F wie family. Hast du eine Familie, Ian?« Dorothea musste es einfach fragen.
    Ian antwortete nicht, starrte nur auf das Blatt.
    » Eltern, Geschwister…« Ian schüttelte langsam und stumm den Kopf. Dorothea schluckte. Bei der Vorstellung, dass er tatsächlich mutterseelenallein in der Welt zurechtkommen musste, wurde ihre Kehle eng. » Wenigstens einen Onkel oder eine Tante irgendwo?«
    » Nicht dass ich wüsste.« Das klang hart, abschließend. Offensichtlich wollte er nicht ausgefragt werden. Mühsam unterdrückte Dorothea ihre Neugier. Zu gern hätte sie gewusst, wie er aufgewachsen war. Dieser seltsame Handel: Lesen und Schreiben gegen Messerwerfen! Wo hatte Ian diese Kunstfertigkeit gelernt, die im Allgemeinen bloß unter Zigeunern verbreitet war? Seine schwarzen Locken, die gebräunte Haut hätten durchaus zu einem von ihnen gepasst. Seine kornblumenblauen Augen sprachen allerdings dagegen. Konnte es sein, dass er ein von Zigeunern entführtes Kind war? Unter ihnen aufgewachsen und dann von den britischen Behörden befreit? Die Witwe Klingefeld hatte einmal so eine ähnliche Geschichte erzählt. Dorothea konnte sich nicht mehr genau erinnern, aber es war auch um ein entführtes Grafenkind gegangen, das erst Jahre später wiedergefunden worden war.
    » G wie glass«, sagte sie hastig. Auf keinen Fall wollte sie, dass Ian sie für aufdringlich hielt. » H wie house.« Oder home. At home. Zu Hause. Würde Ian in Australien ein Zuhause haben? Vermutlich nicht. Sie hatte Mr. Gibbs ein wenig ausgefragt. Als

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