Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
Angeber«, kommentierte Karl das geschickte Manöver, mit dem er vor den Treppenstufen wendete. Es war offensichtlich, dass er den jungen Reporter nicht mochte. War es eine Art Eifersucht auf die Weltläufigkeit des Älteren, oder ging die Abneigung tiefer? Bei Karl war das schwer zu beurteilen.
» Ein Wagen wäre wirklich nicht nötig gewesen«, sagte Dorothea, sobald sie neben Somerhill auf dem Bock Platz genommen hatte und ihren neuen Strohhut zurechtrückte. » Wir sind beide jung und gesund und hätten die paar Schritte auch gut zu Fuß gehen können.«
» Lassen Sie mir doch die Freude, mit einer bezaubernden, jungen Dame durch die Straßen zu kutschieren und mich von allen Herren beneiden zu lassen«, gab er mit einem Augenzwinkern zurück. » Ich dachte mir, ich nutze die Gelegenheit und zeige Ihnen etwas von der Stadt. Oder haben Sie etwa keine Lust auf eine kleine Spazierfahrt?«
» Doch, doch«, beeilte Dorothea sich zu sagen. » Ich hatte nur nicht damit gerechnet.«
» Zum Register kommen wir noch früh genug. Aber im Ernst: Ich habe den Auftrag, einen Blick auf die neuen Bauten zu werfen, und dachte, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Bin gespannt, wie weit sie inzwischen mit dem Hospital sind.«
Tatsächlich folgten ihnen zahlreiche neugierige Blicke von Passanten, während er in flottem Trab die North Terrace entlangfuhr. Vor den Baracken neben der Residenz des Gouverneurs exerzierten etwa zwei Dutzend uniformierter Polizisten unter dem Befehl eines bärtigen Mannes. Seine harte, metallisch klingende Stimme deutete auf eine lange militärische Karriere hin. » Unser neuer Commissioner, Major O’Halloran, mit seiner Fußtruppe.« Somerhill tippte sich an den Zylinder, seine höfliche Geste wurde jedoch ignoriert. » Er ist nicht gut auf den Register zu sprechen«, bemerkte Somerhill mit süffisantem Grinsen. » Ein irischer Haudegen und Sturkopf, wie er im Buche steht. Haben Sie von seiner Strafexpedition wegen des Maria-Massakers im Coorong gehört?«
» Unsere Näherin hat davon gesprochen.« Dorothea bemühte sich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, obwohl sie vor Aufregung, endlich mehr darüber zu erfahren, am liebsten gejubelt hätte. » Stimmt es, dass die Eingeborenen dort wirklich alle Schiffbrüchigen ermordet und verscharrt haben? Es ist kein Irrtum möglich?«
Somerhill schüttelte den Kopf. » Es gibt einige ungeklärte Fragen. Beispielsweise die nach den verschwundenen Seeleuten, die wie vom Erdboden verschluckt sind. Aber die Leichen, die man gefunden hat, wurden von Eingeborenen getötet. Das ist sicher.«
» Woher weiß man das?«
» Ihre Verletzungen. Ich habe den inoffiziellen Bericht von Dr. Penney gelesen.« Somerhill schluckte. » In der Zeitung haben wir es nicht gebracht. Wollen Sie es wirklich wissen?«
Dorothea nickte. Einige Augenblicke später wünschte sie, sie hätte dies nicht getan.
» Den Männern haben sie mit ihren Waddies, das sind diese Keulen, die Arme gebrochen, und dann wurden sie mit Speeren getötet. Die Frauen und Kinder wurden alle erschlagen. Zum Teil wurden ihre Köpfe regelrecht zertrümmert.«
Dorothea verspürte plötzlich leichte Übelkeit. Sie atmete tief durch und wartete, bis das Unwohlsein nachließ, ehe sie die Frage stellte, die sich ihr aufdrängte. » Gibt es eine Erklärung für diesen Wahnsinn?« Ein solcher Gewaltausbruch konnte doch nicht einfach so stattfinden. Es musste irgendeinen Grund dafür geben! Wie brachte man es sonst fertig, unschuldige Kinder umzubringen?
» Das hat sich hier auch jeder gefragt«, sagte Somerhill nachdenklich. » Natürlich gab es wie immer die Leute, die von der schlechten Natur der Eingeborenen überzeugt sind und die das gerne zum Anlass genommen hätten, kurzen Prozess mit allen zu machen. Egal, ob unschuldig oder schuldig. Dr. Penney, der die dortigen Dialekte ganz gut beherrscht, wollte noch einmal bei den Salt-Lake-Stämmen nachforschen, was im Einzelnen vorgefallen ist. Aber ich bezweifle, dass er damit Erfolg haben wird. Es wird wohl auf immer ein Geheimnis bleiben, was diese Tragödie letztendlich ausgelöst hat.«
» Es gibt keine Hinweise? Nicht einmal gerüchteweise?«
» Gerüchte gibt es immer. Es heißt, die Seeleute hätten sich an Eingeborenenfrauen vergriffen.– Na ja, inzwischen ist es ein paar Monate her, und die Leute haben andere Sorgen. Die verschollenen Seeleute waren nicht von hier, und die Passagiere haben keine Verwandten in Adelaide, die die Erinnerung
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