Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
sich ausgesprochen nachteilig auf das Schuhwerk auswirkt.
Wenn ihr in Hamburg seid, verseht euch mit einigen Flaschen Magenelixier, die dort von der Backmann’schen Apotheke speziell für Seereisen verkauft werden. Auch Chininwasser gibt es dort günstig. Die Verpflegung auf den englischen Schiffen ist zwar um einiges besser als auf den deutschen, dennoch bitte ich dich, den Kindern täglich einen Löffel Cochlearia-officinalis-Extrakt gegen Skorbut zu geben. Auch dies Mittel ist bei der Backmann’schen Apotheke erhältlich.
Ein Problem kann die Langeweile während der langen Reise werden. Denkt also daran, ausreichend Bücher und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Kleinen bereitzuhalten. Bücher sind hier überaus rar – selbst in englischer Sprache. Deswegen bitte ich August, so viel gute Lektüre einzupacken wie möglich. Was auch immer sie im Seminar entbehren können, es wird in mir einen dankbaren Abnehmer finden.
Was mir noch am Herzen liegt: Übt fleißig die englische Sprache. Zeitungen, Magistrat, Geschäfte – jegliche Verständigung ist nur möglich in Englisch. Ich habe von studierten Herren gehört, die sich aufgrund ihrer mangelhaften Sprachkenntnisse als Schafhirten und Lastenträger verdingen mussten, um sich durchzuschlagen.
» Darf ich dich begleiten, August?«, fragte Karl schüchtern. Ihr jüngerer Bruder begegnete dem ältesten mit einer seltsamen Scheu. Obwohl August sich ihm gegenüber niemals unwirsch oder ablehnend verhalten hatte, schien Karl zu spüren, dass der lebhafte, vor Vitalität sprühende Bruder mit ihm nichts anzufangen wusste. Dorothea hatte schon manchmal gedacht, dass es wohl kaum ein unterschiedlicheres Brüderpaar gab als das ihre. Der eine so gut aussehend wie gut gebaut. Seine kastanienbraun schimmernden Locken trugen ihm so manchen bewundernden Blick ein. Dazu hatte er eine so lustige, freundliche Art, dass er nicht nur bei seinen Kommilitonen am Seminar, sondern überall sofort Anschluss fand. Der vierzehnjährige Karl hingegen mit seinem blassen Teint und dem feinen dunkelblonden Haar sah aus wie ein Bücherwurm. In der Knabenschule, die er besuchte, hatten seine Kameraden ihm den Spitznamen » Das Weißbrot« verliehen. Am liebsten vergrub er sich hinter Büchern oder übte stundenlang am Küchentisch für den Einzelunterricht, den ihm sein Zeichenlehrer gab.
» Wenn du magst«, sagte August freundlich. » Aber zieh besser deinen Mantel an. Der Wind ist recht frisch.«
Karl zog eine Grimasse, holte aber seinen Überzieher.
» Ich will auch mit.« Das war natürlich Lischen, das Nesthäkchen der vier Geschwister. Ihre Puppe Mimi, die sie letzte Woche zu ihrem zehnten Geburtstag bekommen hatte, an sich gedrückt, zupfte sie energisch an Dorotheas Ärmel. » Hilf mir mit den Stiefeln, Thea.«
» Kommt nicht infrage. Du bleibst bei Mutter und Thea. Ich käme mir ja vor wie der Rattenfänger von Hameln«, wehrte August entschieden ab. Lischen verzog den Mund, als wolle sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. » Und du brauchst gar nicht die Schleusen zu öffnen. Ich nehme dich trotzdem nicht mit«, fügte er in ungewohnt strengem Ton hinzu.
» Du bist gemein!« Mit blitzenden Augen sah sie zu ihm auf, die Arme in die Seiten gestemmt. Das winzige Persönchen vibrierte geradezu vor Empörung.
August musste grinsen. » Beruhige dich, du wirst noch genug Abenteuer erleben«, sagte er versöhnlich und ging.
» Ich hätte nicht gedacht, dass der Abschied so rasch kommt«, sagte Auguste Schumann leise, während sie mit ihren abgearbeiteten Händen fast andächtig über die glatt gescheuerte Tischplatte fuhr. » Aber so ist das nun einmal.«
Sie schien nicht gerade von Freude überwältigt. Die eigenartige Stimmung ihrer Mutter ließ Dorothea verunsichert schweigen. Scheu versuchte sie, in den vertrauten Gesichtszügen zu lesen. Bisher war ihr nie in den Sinn gekommen, dass das große Abenteuer vielleicht nicht von allen mit Freude erwartet wurde. Wie selbstverständlich war sie davon ausgegangen, dass die Mutter mindestens so ungeduldig wie sie darauf wartete, dem Vater nach Südaustralien folgen zu können.
» Ich bin sicher, es wird uns dort gut gefallen«, sagte Dorothea schließlich. » Denk nur: keinen ewig langen Winter mehr! Dort muss man nicht Tag für Tag den Ofen anheizen, um nicht vor Kälte mit den Zähnen zu klappern.« Sie unterstrich ihre Worte, indem sie theatralisch fröstelte. » Und das Klima soll sehr gesund sein. Bestimmt wird Karl
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