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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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hob die schweren Flechten an, um sie mit den Lippen zu berühren. » Es ist wie schwere Seide, wenn es über meinen Körper gleitet.« Er verzog die Lippen, als sie bei dieser Anspielung feuerrot wurde. » Ach, meine kleine Missionarin. Nach all dem, was wir miteinander geteilt haben– immer noch so prüde?«
    » Sei nicht albern. Ich bin überhaupt nicht prüde«, widersprach Dorothea heftig. » Und jetzt nimm deine Hände da weg, sonst bekomme ich es nie gerichtet.«
    Jegliche Sorge, ihre Familie könnte ihr etwas anmerken, verflog in dem Augenblick, in dem sie durch die Hintertür die Küche betrat und ihre Eltern und August in heller Aufregung vorfand.
    » Karl ist verschwunden«, rief ihre Mutter, die verzweifelt die Hände rang. » Er wollte irgendetwas zeichnen, irgendetwas mit Ohren als Berge. Aber er ist nicht zurückgekommen. Weißt du vielleicht, wohin er wollte?«
    Ohren als Berge? Jane hatte doch die Geschichte von dem getöteten Riesen erzählt, dessen Ohren zu Mount Lofty und Mount Barker geworden waren. Vermutlich war Karl zu der Stelle gegangen, an der man die Bergkette so gut gesehen hatte. » Ich denke, ja«, sagte sie rasch. » Aber wir sollten besser welche von Papas Schülern bitten, uns zu begleiten. Ich bin nicht sicher, ob ich im Dunkeln den Weg dorthin finde.«
    Pastor Schumann schüttelte den Kopf. » Sie gehen niemals nach Sonnenuntergang von ihrem Feuer weg. Angeblich schleicht dann dieses Nachtgespenst Nokunna im Busch umher. Vor dem fürchten sie sich mehr als vor allem anderen.«
    » Ich fürchte ihn nicht.« Alle fuhren herum. Im Türrahmen stand Koar. Der Junge, den Pastor Schumann als seinen besten Schüler bezeichnet hatte und der Dorothea damals aufgefallen war, weil er sich auf schwer fassbare Weise von den anderen seiner Gruppe unterschieden hatte. Stolz warf er den Kopf zurück und wiederholte: » Ich fürchte weder Nokunna noch sonst einen Geist. Der Geist meines Ahnen ist mächtiger als sie.« Mit zwei Fingern holte er einen bräunlichen Gegenstand aus dem Lederbeutel an seinem Hals und hielt ihn andächtig auf der Handfläche. » Das ist die Hand von Tenberry, dem großen Zauberer. Kein böser Geist wird es wagen, mich anzurühren. Ich werde euren Sohn finden und zurückbringen.«
    Mutter Schumanns Augen hingen wie gebannt an dem mumifizierten Körperteil. Sie schwankte zwischen Grausen und Dankbarkeit, und ihr fehlten sichtlich die Worte. Auch Dorothea betrachtete die krallenartig zusammengeballte Hand mit unterdrücktem Ekel. Unter der verschrumpelten, dunkelbraunen Haut waren noch deutlich die Fingerglieder zu erkennen. Es war zweifellos eine menschliche Hand, die dieser Junge als Talisman mit sich herumtrug.
    Ihr Vater und ihr Bruder reagierten erstaunlich gleichmütig auf diese seltsame Reliquie. Ohne weiter darauf einzugehen, sagte August nur: » Das finde ich großartig von dir, Koar. Lass uns gleich losgehen. Kannst du uns zeigen, wo ihr damals gegangen seid, Doro?«
    Wortlos ging Dorothea voraus. Anfangs war der Weg noch deutlich zu erkennen. Dann wurde der Pfad allmählich immer schmaler, bis sie schließlich unsicher auf einer Lichtung stehen blieb. Im Mondlicht sahen die Sträucher alle gleich aus. Erleichtert überließ sie Koar die Führung, der ihnen jetzt wie ein Spürhund vorauslief, zuweilen tatsächlich mit der Nase fast auf dem Boden. August und Dorothea hatten ihre liebe Mühe, ihm zu folgen. Immer wieder blieben sie stehen und riefen. Und immer wieder war nur Rascheln und das Knacken von trockenen Ästen die Antwort. Nach einer halben Stunde blieb Koar plötzlich stocksteif stehen und hob eine Hand. » Hört ihr?«
    Dorothea lauschte angestrengt, und wirklich vernahm sie ein schwaches » Hallo, hier bin ich«. Es drang aus einem dichten Gebüsch ein Stück weiter vorn. August wollte sofort losstürzen, aber Koar hielt ihn zurück. » Er hängt in einem Schlammloch fest. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ebenfalls hineingeraten!«, sagte er. Vorsichtig führte er sie näher an die Stelle heran, bis sie zwischen dem Schilf hindurch ihren Bruder Karl bis zu den Hüften in schwarzem Schlamm stecken sahen. Mit beiden Händen klammerte er sich an einer dicken Wurzel an dem Abbruch über sich fest, aber seine Kräfte reichten nicht aus, sich daran aus dem zähen Schlick zu ziehen.
    » Gott sei Dank, dass ihr kommt«, rief er ihnen erschöpft zu. » Lange hätte ich mich nicht mehr halten können! Dieser verfluchte Matsch! Seid vorsichtig, dass ihr nicht

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