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Wenn der Golem erwacht

Wenn der Golem erwacht

Titel: Wenn der Golem erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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küssend, schob ich mich nach oben, drückte meine Lippen auf ihr Gesicht, dann auf ihren Mund. Das Spiel unserer Zungen ließ meine Erregung anschwellen, und Rica spürte es, als ich mich fest gegen sie presste. Ihre Hände glitten nach unten, schlossen sich um mein pulsierendes Fleisch, massierten es erst sanft, dann immer schneller, härter, fordernder. Ich ergoss mich in ihre geschickten Hände und auf Sylvia Sallmanns Bettwäsche.
    Rica ging sich waschen und kehrte mit einem nassen Lappen zurück, um auch mich zu reinigen. Amüsiert ließ ich es geschehen und genoss das Gefühl der Entspannung. Es tat mir gut, mich von Rica verwöhnen zu lassen. Ich fühlte mich gelöst wie schon lange nicht mehr.
    Als sie wieder neben mir lag, erkundigte sie sich nach meinem Traum. Ich schilderte ihn und stockte plötzlich, als ich den Offizier beschreiben wollte. Dieses Gesicht mit den asketischen Zügen, verlebt und alt wirkend, aber altersmäßig doch nicht genau zu bestimmen! Ich wusste plötzlich, wo ich es schon einmal gesehen hatte. Doch da hatte der Mann keine Uniform getragen, sondern einen Arztkittel.
    »Der Offizier war Ambeus!«, stieß ich keuchend hervor, und jede Empfindung von Gelöstheit war verschwunden.
    Ich sah mich wieder in dem fensterlosen Krankenzimmer liegen, und über mir ragte die Gestalt des Arztes auf. Seine kalte Stimme bellte einen Befehl, und in meiner Erinnerung vermischten sich die Bilder. Er trug noch seinen weißen Kittel, hatte aber die Offiziersmütze auf dem Kopf. Und endlich begriff ich, was mein Unterbewusstsein mir sagen wollte, was mich schon seit dem Besuch bei Hugo Bartsch beschäftigte.
    Elektrisiert sprang ich auf und lief nackt, wie ich war, zum Schreibtisch. Ich knipste die Lampe an, die mit einer Klemme an der Tischkante befestigt war. Aus einer Plastikbox fischte ich einen Kugelschreiber und kritzelte den Namen des Doktors in Blockbuchstaben auf ein Blatt Papier. Das zerschnitt ich mit einer Schere, bis jeder Buchstabe auf einem kleinen Papierstück stand. Erst als ein paar Tropfen auf das Papier fielen, bemerkte ich, dass ein dicker Schweißfilm meine Stirn bedeckte.
    »Was soll das?«, fragte Rica, die neben mich getreten war und ihren Blick irritiert zwischen mir und den Papierschnipseln pendeln ließ.
    »Das wirst du gleich sehen!«
    Die Buchstaben bildeten den Namen AMBEUS.
    Ich zog das B aus der Mitte und setzte es an den Anfang.
    BAMEUS.
    Jetzt nahm ich das U weg und setzte es zwischen A und M wieder ein.
    BAUMES.
    Ich drehte mich zu Rica um, die mit offenem Mund auf das Anagramm starrte, und sagte: »Simpel, nicht wahr? Ich hätte gleich darauf kommen sollen!«
    »Du meinst, dein Dr. Ambeus ist Professor Rudolf Baumes?«
    »Was sonst?« Ich tippte auf die Buchstaben. »Was immer das bedeutet, es ist bestimmt kein Zufall. Und es beantwortet eine der Fragen, die ich bei deinem Freund Hugo gestellt habe. Das Golem-Projekt ist nach der Wiedervereinigung fortgeführt worden!«
    »Dein Buchstabenspiel ist ein Indiz, aber kein Beweis.«
    »Der Beweis«, sagte ich langsam, »steht neben dir. Was hat Professor Baumes doch noch in seinem Gutachten geschrieben: ›Manipulation der Sinnes Wahrnehmung.‹ So wie bei mir, wenn ich jemanden hinter einer Wand sehe und in völliger Dunkelheit Hindernisse wie mit einem Radargerät wahrnehme.« Meine rechte Hand fuhr über die Narben an meinem Kopf. »Baumes/Ambeus und seine Hintermänner haben ein Monster aus mir gemacht!«
    Rica sah mir in die Augen und sagte mit fester Stimme: »Sie haben es vielleicht versucht, aber es ist ihnen nicht geglückt!«
    »Das hoffe ich«, erwiderte ich leise.
    Sie wandte sich wieder dem Anagramm zu und schüttelte den Kopf. »Wenn dieser Professor Baumes sich schon einen neuen Namen zugelegt hat, warum auf diese Art? Es wäre für ihn viel sicherer gewesen, sich Meier, Müller oder Schulze zu nennen.«
    »Wissenschaftler sind Sonderlinge, und sie sind ehrgeizig. Möglicherweise widerstrebte es ihm, sich ganz von seinem Namen zu trennen. Vielleicht findet er auch einfach nur Freude an solchen Spielchen.«
    »Gut für uns«, sagte Rica, und in ihrer Stimme schwang Entschlossenheit mit. »Dadurch wird Professor Baumes zu einer heißen Spur. Wenn er ein so wichtiger Wissenschaftler ist, muss es noch andere Unterlagen über ihn geben als dieses Gutachten. Morgen ist harte Recherche angesagt.«
    »Willst du etwa in die Redaktion?«
    »Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Hier gibt es keinen

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