Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
Gewalt – und die verblassenden Bisswunden an ihrem Hals begannen heiß zu pochen. Überallhin würde sie ihm folgen – alles dürfte er mit ihr machen –, nur um diesen dekadenten Genuss auskosten zu können.
Zum Glück hatte Ian noch genug Verstand, um zu merken, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas war. Er ließ von ihr ab und atmete tief durch, als würde ihn das große körperliche Anstrengung kosten. „Was immer auch passiert, du weichst mir nicht von Seite“, flüsterte er.
„Ganz bestimmt nicht“, wisperte sie zurück. „Versprochen.“
Er gab ihr noch einen schnellen Kuss, der Mollys Körper erzittern ließ. Sie zwang sich, die Tür zu öffnen und kletterte hinaus in die Hitze des Abends.
Zu seiner eigenen Überraschung legte Ian eine Hand auf Mollys Rücken, sobald er neben ihr stand: Eine stumme, aber unmissverständlich besitzergreifende Geste.
Quinn wartete vor der geöffneten Flügeltür, die in das Gebäude führte, und unterhielt sich mit einem anderen Mann. Als sie näher kamen, konnte Ian erkennen, dass dem Mann das windzerzauste rotbraune Haar bis über die Brauen fiel. Dennoch waren seine blassgrünen Augen überaus wachsam, er beobachtete sie mit besonderer Aufmerksamkeit. Er war genauso groß wie Quinn, sein muskulöser Oberkörper sprengte fast den Saum seines T-Shirts und ließ vermuten, dass er ein hartes, körperbetontes Leben führte.
Ian entging natürlich nicht, dass Molly ihren Blick gar nicht mehr von diesem hübschgesichtigen Arsch losreißen konnte, und das passte ihm gar nicht. Alles passte ihm nicht. Die ganze Art, wie diese Frau auf ihn wirkte. Aber was ihm am meisten zu schaffen machte war die Tatsache, dass er ihre Reaktion auf einen anderen Mann überhaupt bemerkte. So etwas war ihm noch nie passiert, was anscheinend zu einem Dauerthema in ihrer bizarren Beziehung werden sollte, ständig musste er an sich selbst Neues entdecken.
Das unbehagliche Gefühl im Bauch mochte er auch nicht – es forderte ihn auf, endlich seine „Macho des Jahres“-Attitüde abzulegen und einfach nur nett zu ihr zu sein. Aber wenn man zu Frauen wie Molly Stratton nett war, pflanzte man ihnen bloß blöde Ideen in den Kopf, Erwartungen, die er nie im Leben erfüllen könnte. Er wollte doch einfach nur Sex mit ihr haben. Sich ihren süßen kleinen Körper schnappen, sie flachlegen und von ihrem Schopf bis zu ihren Füßen herausfinden, wie sie schmeckte. Danach wäre er dieses ärgerliche Kribbeln hoffentlich ein für alle Mal los.
Und genau das hätte er längst getan, wenn er auch nur das kleinste bisschen Glauben in sich hätte aufbringen können, dass er in der Lage wäre, sich unter Kontrolle zu halten, wenn sie sich ihm erst einmal willig hingab und er sie ganz ausfüllte. Dass er sich dann nicht wieder in diesen finsteren Teufel verwandeln würde, der unter seiner Haut lauerte, und sie am Ende ernsthaft verletzen würde. Seine Reißzähne in ihre blasse Kehle graben und sie unabsichtlich umbringen würde.
Seinetwegen konnte Molly ihm erzählen, er wäre einer von den Guten, bis sie blau im Gesicht wurde, das würde an der Tatsache, dass er sich selbst nicht über den Weg traute, gar nichts ändern. Er fürchtete sich einfach vor sich selbst.
Als sie Quinn und den Rothaarigen erreichten, hatte Ian das Gesicht zu einer finsteren Grimasse verzogen. Die blassgrünen Augen des Fremden musterten ihn, und Ian grinste höhnisch. „Lassen Sie mich raten. Kierland Scott?“
„Zu Ihren Diensten“, äußerte Scott mit einem leicht britischen Akzent. Der Kerl leistete sich tatsächlich die Dreistigkeit, Molly kokett anzugrinsen, ihre Hand zu ergreifen und einen Kuss auf ihre entzückenden Knöchel zu drücken.
„Vorsicht“, warnte er ihn, so leise, dass es kaum zu hören war.
Scott hob lediglich eine Braue, und Molly zog mit nervösem Räuspern ihre Hand zurück.
„Gehen wir rein“, sagte Quinn, der den Kopf schüttelte über dieses Hengstgehabe. „Ich könnte einen Kaffee brauchen.“
„Hier entlang, bitte“, säuselte der Rotschopf und grinste süffisant, als er Ians besitzergreifende Hand um Mollys Hüfte bemerkte. Ian mahlte mit den Zähnen und zog sie noch dichter zu sich heran, während sie diesem Knilch folgten und Quinn hinter ihnen abschloss.
In der Luft hing ein satter Geruch nach Holzpolitur. Ian blickte hinauf zu den dicken Balken an der hohen Decke, dann hinab auf den burgunderroten Läufer, der sich über den glänzenden Holzflur erstreckte.
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