Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
sagte sie: „Sie sagten, der Talisman würde den beschützen, der ihn trägt, richtig?“
Scott kniff die blassgrünen Augen zusammen. „Das stimmt.“
„Der Talisman, der Dark Marker“, sagte sie leise, atemlos vor Aufregung, „das ist kein Degen. Sondern ein Kreuz. Und zumindest eins davon existiert tatsächlich.“
Scott musterte sie zweifelnd, mit einem arroganten Lächeln in den Mundwinkeln. „Und woher wollen Sie das wissen?“
„Weil“, sagte sie mit erröteten Wangen, „Ians Mutter ihm dieses hier hinterlassen hat.“ Und damit zog Molly an der samtenen Schnur und holte das geheimnisvolle Kreuz aus ihrem T-Shirt, das sie erst heute Nachmittag gefunden hatten.
13. KAPITEL
Scott beschrieb ihnen den Weg zu einer ganzen Suite von Zimmern im dritten Stock, die ihnen zur Verfügung stehen sollten. Als sie die Treppe hochstiegen, ließ Ian noch einmal diesen letzten Augenblick unten in der Küche vor sich ablaufen. Die Reaktion der Watchmen auf Mollys Präsentation des Kreuzes, das ganz bestimmt ein Dark Marker sein musste, brachte ihn zum Lächeln. Sie waren völlig verblüfft gewesen und hatten beinahe den ganzen Tisch umgeschmissen, als sie alle gleichzeitig hochfuhren, um es sich genau anzusehen.
Molly nahm das Kreuz ab und reichte es ihnen, während sie von Elainas Brief berichtete, in dem sie das Halsband als Talisman bezeichnete, der Ian „die Macht verleihen würde, Dinge in Ordnung zu bringen“. Quinn hatte ein helles Deckenlicht angemacht, und beide Männer verbrachten lange Minuten damit, das Kreuz von allen Seiten zu betrachten und die aufwendigen Muster zu studieren. Da Ian die tiefe Erschöpfung in Mollys Augen bemerkte, fragte er schließlich, ob man ihnen nicht ihre Zimmer zeigen könnte, und Scott gab das Kreuz zögernd an Molly zurück, die es sich wieder um den Hals legte. Ian erzählte noch, dass auch der Casus den Talisman erwähnt hatte, was erneute Überraschung hervorrief. Die beiden Watchmen bestanden darauf, die Dark Marker wären erst entwickelt worden, nachdem die Casus bereits gefangen waren. Doch woher sollte der Casus, der jetzt hinter Ian her war, überhaupt von seiner Existenz wissen können.
Besorgt und verwirrt über diese neue Entwicklung teilte Scott ihnen mit, ihr Gepäck sei bereits nach oben gebracht worden. Man wollte beim Frühstück weiter über den Talisman sprechen, und danach würde Ians Ausbildung beginnen.
Ian beleuchtete die seltsame Geschichte der Zigeunerlegende immer wieder von allen Seiten, wusste aber nicht, was er davon halten sollte. Ein Teil von ihm schüttelte immer noch den Kopf und glaubte, das Ganze könne doch nur eine Art kosmischer Scherz sein. Aber die Schnittwunden an seinem Arm und seiner Brust waren echt.
Ebenso wie Kendras Tod.
Das war eigentlich Beweis genug.
Und jetzt wollte sich dieser verfluchte Casus Molly schnappen.
Nie im Leben.
„Scott sagte, wir sollen nach links gehen, die Zimmer wären ganz am Ende des Flurs.“ Molly klang, als wäre sie genauso in Gedanken wie er.
Sie gingen den breiten Flur entlang, zu der Flügeltür am Ende. Links war eine Bibliothek mit Regalen voller Bücher vom Fußboden bis zur Decke an zwei Wänden, drei Ledersofas, einem Plasmafernseher und mehreren niedrigen Tischen aus dunklem Holz.
„Auch nicht schlecht“, gab Ian anerkennend zu.
„Das ganze Haus ist erstaunlich“, erwiderte Molly.
Ian drückte die schmiedeeiserne Klinke und öffnete die Tür zu ihrer Suite. Der Anblick, der sich ihnen bot, brachte Ian zum Fluchen. Molly riss den Mund auf und griff nach seinem Arm, als würde sie in die Knie sinken, wenn sie sich nicht festhielt.
Stumm und reglos standen sie da, glotzten auf das rotschwarze Muster des Perserteppichs, der genauso aussah wie jener in dem zweiten Traum, den sie miteinander geteilt hatten. Sie waren in einem von Kaminfeuer erhellten Zimmer mit einer Fensterwand gewesen, draußen hatte ein Sturm getobt. Und dieses Zimmer sah genauso aus.
„Ich fasse es nicht“, krächzte Ian.
„Das … das kommt jetzt unerwartet“, flüsterte Molly.
„Unerwartet?“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist der helle Wahnsinn, Molly.“
Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst im Gesicht sah sie zu ihm auf und biss sich auf die Unterlippe. „Ian, ich glaube, wir müssen jetzt die Tatsache akzeptieren, dass das, was hier zwischen uns passiert, einen Grund haben muss. Wir haben jedenfalls keinen Einfluss darauf.“
Mit finsterem Blick trat er an den Rand des Teppichs. Die
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