Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
Ihr Schluchzen klang wie das Wimmern eines verwundeten Tieres – bis sie endlich vor Erschöpfung in seinen Armen zusammenbrach. Aber die Tränen flossen weiter, sie heulte stundenlang.
Als sie sich endlich wieder im Griff hatte, überbrachte Scott Ians Botschaft. Dass Ian ganz zurück zum Anfang gehen wollte, erzählte er ihr auch, ohne den leisesten Verdacht, dass sie genau wusste, was das hieß. Sie brach in Lachen aus, war aber zu müde für eine Erklärung. Sie bat nur darum, dass Scott ihr gleich am nächsten Morgen ein Taxi zum Flughafen bestellte. Dann war sie nach oben gegangen und hatte sich in ihrer Bettdecke eingerollt.
Am nächsten Morgen um sechs stand Quinn schon bereit, um Chauffeur zu spielen. Ihr Mietwagen war längst vor Ians Apartment abgeholt worden, also blieb nur Quinn oder ein Taxi, und sie war zu ausgemergelt, um sich streiten zu wollen. Bevor sie ging, flehte sie noch Kierland an, Ian zu helfen, aber der Watchman war starrköpfig wie immer und fertigte sie mit seinem üblichen Spruch ab: „Einmischung ist nicht unsere Art.“ Sie war so wütend, dass sie ihm eine runterhaute und ihn ein Arschloch nannte – so etwas hatte sie noch nie getan. Dann war sie zu Quinn in den Wagen gestiegen. Die lange Fahrt von Ravenswing zum Flughafen verlief in drückendem Schweigen, am frühen Nachmittag flog sie nach Hause und fuhr mit einem Taxi in ihre Wohnung.
Zurück zum Anfang . Elaina war ihr wieder im Schlaf erschienen und hatte ihr Ians Aufenthaltsort verraten. Doch auch ohne diese Mitteilung wusste Molly sofort, was das bedeutete. Seine Mutter hatte Angst um ihn, genau wie Molly auch.
Aber sie war auch wütend. Ihr Stolz verlangte von ihr, ihn einfach stehen zu lassen, wieder in ihr Auto zu steigen und ihn diesem Albtraum zu überlassen. Er war so ein blinder, dämlicher Idiot, dass er nichts anderes verdiente.
Aber das wiederum ließ ihr Herz nicht zu, und ihr Zorn verwandelte sich langsam in etwas anderes.
„Und, habt ihr euch tränenreich verabschiedet, Kierland und du?“ Er warf ihr einen finsteren Blick zu.
„Was geht dich das an? Du hast mich da mit ihm zurückgelassen, Ian. Du hast überhaupt kein Recht, eifersüchtig zu sein. Diese ganze Haltung ist zum Kotzen.“
„Na ja, Molly, du hast nach mir gesucht, nicht umgekehrt. Du hättest diese verrückten Stimmen in deinem Kopf einfach ignorieren und sagen können, zur Hölle damit. Hättest nie nach Colorado zu kommen brauchen.“
Ihr Temperament ging wieder mit ihr durch. „Ich hätte wissen müssen, dass du dich aufführst wie der letzte Arsch.“
Er machte einen Schritt auf sie zu, und sie sah ihm an, dass er sie notfalls mit Gewalt wegjagen wollte. „Ich werde hier nicht rumstehen und mit dir streiten. Ich brauche deine Hilfe nicht, und ich will sie nicht. Ich will nichts anderes von dir, als dass du wieder in dein Auto steigst und dich irgendwo verkriechst, wo es sicher ist, bis das hier vorbei ist.“
„So sehr du das auch verdienst“, sagte sie entschlossen, „ich kann es nicht tun, fürchte ich.“
„Ich kann dich dazu zwingen, Molly“, warnte er. „Glaub mir. Das wird überhaupt nicht nett sein, und du wirst es ganz und gar nicht mögen.“
Sie zwang sich zu einem dünnen Lächeln. Wenn sie jetzt nachgab, würde sie ihn für immer verlieren, das war ihr völlig klar. „Na los doch, Ian“, flüsterte sie und wich keinen Zentimeter zurück, als er näher kam. „Probier doch mal, ob du mich wegjagen kannst. Ich kann dir allerdings die Mühe ersparen und dir gleich mitteilen, dass es nicht klappen wird.“
Er kniff die vor Wut glühenden Augen zusammen. Seine Stimme war ein heiseres Flüstern, das ihr Angst machen sollte, aber es erregte sie nur. „Ich könnte dich zwingen.“
Natürlich wusste sie, wie er das meinte, aber sie beschloss, seine Worte absichtlich falsch zu verstehen, um endlich zu ihm durchzudringen. „Du könntest es versuchen. Aber es ist gar nicht so einfach, jemandem zum Sex zu zwingen, der mehr als willig ist.“
Ian zog die Hände aus den Taschen und ballte die Fäuste. „Ich will, dass du verschwindest. Sofort.“ Molly konnte seine Wut auf der Haut spüren. Aber auch seine Qual.
„Dann wirst du mich wegtragen müssen.“ Ihr Tonfall war provozierend, verführerisch. „Und das bedeutet, du musst mich anfassen.“
„Verdammt noch mal!“ Er sah aus, als würde er gleich vor Wut explodieren … vor Lust. „Tu das nicht, Molly.“
„Ich mache doch gar nichts“, murmelte sie.
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