Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn der Hunger erwacht (German Edition)

Wenn der Hunger erwacht (German Edition)

Titel: Wenn der Hunger erwacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhyannon Byrd
Vom Netzwerk:
machte es da schon aus, dass er sie nicht wiedersehen würde. Selbst wenn er lebend von hier wegkam, wusste er nicht, wo er nach ihr suchen sollte. Nachdem er merkte, wie viel sie ihm bedeutete, hatte er als der Sturkopf, der er nun einmal war, absichtlich nie gefragt, wo sie eigentlich lebte. Absichtlich nie in ihrer Handtasche gewühlt und einen Blick auf ihren Führerschein geworfen.
    Nein, ihm war von Anfang an klar gewesen, wie gefährlich diese Frau für seinen Seelenfrieden war. Er durfte das Schicksal nicht herausfordern, es durfte keine Möglichkeit geben, hinter ihr herzulaufen, wenn sie sich trennten.
    Das Handy neben ihm auf dem Boden gab ein vibrierendes Brummen von sich, das ihm auf die sowieso schon überstrapazierten Nerven ging, weshalb Ian es ignorierte, wie schon die ganze Zeit, seit er Colorado verlassen hatte. Es war sowieso wieder nur Riley, der wissen wollte, warum er sich nicht meldete. Darum konnte er sich später kümmern.
    Letzten Donnerstag, auf dem Weg zum Flughafen, hatte er im Radio von einem weiteren Mordopfer in Henning gehört. Mit schlimmen Vorahnungen rief er Rileys Büro an. Riley war draußen am Tatort, aber ein Beamter teilte ihm den Namen des Opfers mit: Aubrey Rodgers. Ian konnte vor Zorn kaum sprechen, hinterließ aber eine Nachricht für Riley: Wenn er bis nach dem Wochenende nichts von ihm gehört hätte, solle er sich an einen Mann namens Kierland Scott wenden. Falls ihm etwas zustoßen sollte, würde Scott seinem Bruder alles sagen können, was er wissen musste.
    Nicht dass Ian vorhatte, sich kampflos geschlagen zu geben. Sein Messer, das er schon damals in L.A. immer mit sich herumgetragen hatte, war immer dabei – in jenen Kreisen, in denen er sich dort bewegte, lief man nicht ohne Waffe herum –, und er war ziemlich gut mit einer scharfen Klinge. Falls das Kreuz nicht funktionieren sollte und er das Monster nicht damit zur Hölle schicken konnte, wollte er es mit dem Messer ausweiden und seine sadistische Seele zurück zu dem geheimnisvollen Lager der Casus schicken. Doch selbst wenn es ihm wirklich gelang, den Casus zu erledigen – was die Zukunft brachte, wusste er nicht. Er hatte bisher kein Blut getrunken und auch nicht vor, das irgendwann zu tun, was also blieb übrig? Würde der ungestillte Blutdurst ihm das Leben kosten? Oder würde der Merrick doch die Oberhand gewinnen und ihn in etwas genauso Hässliches und Bösartiges verwandeln wie das Monster, das er umbringen wollte?
    Trotz der riesigen Entfernung, die nun zwischen ihm und Molly lag, war die Begierde nicht geringer geworden. Im Gegenteil, er begehrte sie sogar noch mehr. Das Begehren war immer da, irgendwo in seinem Hinterkopf, wie ein Geschwür im Mund, das man ständig mit der Zunge berühren musste.
    Er schloss wieder die Augen, aber nicht, um zu schlafen. Die ganze Nacht hatte er nicht geschlafen aus Angst vor den Träumen, obwohl es seit fast einer Woche keinen gemeinsamen Traum mit Molly mehr gegeben hatte. Er dankte dem Herrgott, dass er sich in diesem zweiten Traum die Zeit genommen hatte, Liebe mit ihr zu machen.
    Diese seltsamen Worte, die da durch sein Hirn geisterten, verblüfften und erschreckten ihn, er wollte die beunruhigende Erkenntnis ignorieren, dass er vorher noch nie diesen besonderen Ausdruck für Sex verwendet hatte. Liebe machen. Doch jedes Leugnen war zwecklos. Wenn er Molly Stratton nicht lieben würde, hätte er Morgans Blut getrunken und es dem Merrick in ihm überlassen, gegen den Casus zu kämpfen. Dann hätte er vielleicht wirklich eine Überlebenschance gehabt. Aber er hatte es nicht getan. Sondern sich entschieden, dem Casus als Mensch gegenüberzutreten.
    Und jetzt ist es zu spät, um noch darüber nachzudenken, du Idiot.
    „Halt die Klappe“, murmelte er vor sich hin, überzeugt davon, langsam den Verstand zu verlieren, wenn er weiter allein in diesem alten Haus hockte und mit sich selber redete. Er zwang sich, sämtliche Gedanken aus seinem Kopf zu verscheuchen und nur noch in diesem trüben Zustand zwischen völliger Erschöpfung und totaler Wachsamkeit zu existieren, als ein Geräusch von draußen seine Aufmerksamkeit erregte. Er riss die Augen auf und sprang auf die Füße; die Quetschungen vom tagelangen Training mit den Watchmen taten immer noch weh.
    Er warf einen Blick aus dem Fenster, aber da war nichts zu sehen. Das Haus war von endlosen Feldern umgeben und hatte als Nachbarn nur ein paar schattige Bäume. Die Straße verlief hinter dem Haus, und von dort

Weitere Kostenlose Bücher