Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
ganz interessant, aber dieses Blitzlichtzeug hat genervt.» Wir mussten lachen.
Methoden sind anscheinend Lieblingshobby und Droge zugleich für Lehrer. Wahrscheinlich treffen sie sich am Wochenende abends in zwielichtigen Stadtvierteln in dunklen Ecken und suchen den Methodendealer auf. Der raunt dann: «Hey, ich hab ’ne neue Methode. Willste mal sehen? Total heißer Stoff. Garantiert neu auf dem Markt, zieht voll rein. Komm, probier’s mal aus.»
«Ist die denn mit Teambuilding und Methodenvariation?» «Na, klar,» antwortet dann der Dealer. «Das ist das neueste Zeug, was wir haben. Hab ich gerade frisch aus Finnland hierher geschmuggelt.»
Erst wenn diesem Methodenschmugglerring das Handwerk gelegt wird, haben zukünftige Schülergenerationen wohl ihre Ruhe.
Atmen ist erlaubt, aber bitte nur leise
Die Unterrichtsstunde ist im vollen Gange, die Luft trocken, der Hals auch. Ein Griff in die Schultasche, leise wird eine Trinkflasche hervorgezogen und langsam geöffnet. Dies alles geschieht mit einer stillen Präzision und unter angestrengter Spannung, als handele es sich um eine gefesselte Geisel, die versucht, sich unbemerkt in eine bequemere Sitzposition zu bringen. Aber es ist nur ein Schüler, der sich im Unterricht dem strengen Trinkverbot zu widersetzen versucht. Doch der Lehrer – extra für diese speziellen Extremsituationen ausgebildet – bemerkt es und unterbindet den Versuch, dem Durst Linderung zu verschaffen.
So geschah es täglich bei uns in der Klasse, seitdem die Schule ein ausnahmsloses Trinkverbot im Unterricht verhängt hatte. Zuvor war Wasser noch erlaubt gewesen, nur klebrige Getränke wie Cola oder Apfelsaft nicht, doch aus irgendeinem Grunde wurde auch Wasser bald auf die Abschussliste gesetzt. Vielleicht einfach nur deshalb, weil auf jeder Lehrerkonferenz irgendetwas verboten werden musste, bevor die Versammlung beendet werden durfte. Unsere Lehrer hatten außer der Begründung, dass man durch umstürzende Wasserflaschen eine große Sauerei anrichten könnte, nur die simple Erklärung «Ist halt nicht erlaubt» parat. Als wenn es irgendwen gestört hätte, wenn man mal kurz einen Schluck Wasser zu sich genommen hätte! Aber all unsere Versuche, auf Menschenrechte und Grundbedürfnisse zu pochen, halfen nichts. Es blieb verboten.
Genauso verboten waren Handys im Unterricht. Verständlich, denn ein klingelndes Handy stört den Unterricht. Außerdem hatten unsere Lehrer eine weitere geschickte, weil nicht überprüfbare Verbotsbegründung: die Strahlung! Die Handystrahlung würde sich im Betongebäude besonders bündeln und uns das Hirn wegbrezeln. Also: totales Handyverbot.
Nichtsdestotrotz, der Lautlos-Funktion sei Dank, ließen viele ihre Handys an. Mal gucken, ob es Spätfolgen geben wird. Haben unsere Lehrer wirklich geglaubt, dass wir die Handys ausschalten würden? Das wiederum konnten wir kaum glauben.
Ein weiteres Verbot kam mit der Verbreitung von MP 3 -Playern und anderen elektronischen Musikabspielgeräten hinzu: das Musikverbot. Im Unterricht eigentlich ja verständlich, aber warum musste man MP 3 -Player auch auf dem Schulhof in den Pausen verbieten? Kurz bei der Schulleitung nachgefragt, und selbstverständlich gab es eine Begründung, und zwar eine auf höchstem pädagogischem Niveau: Musikhören mit Kopfhörern in der Pause vermindere die Kommunikativität. Wir sollten miteinander reden, anstatt Musik zu hören. Das viele zusammen Musik hörten und gerade dieses Gehörte oft Teil des Gesprächsstoffs war, wurde ignoriert. Also durfte der asoziale Justin aus der 9 c nicht mehr Musik hören, weil das seiner Kommunikativität schadete. Er ging aufgrund der daraus resultierenden Langeweile dann ganz kommunikativ auf die Fünftklässler zu und schlug diese ganz kommunikativ zusammen, um ihnen anschließend ganz kommunikativ das Geld für den Schulkiosk aus der Tasche zu ziehen. Langeweile schafft Aggressionen und Kriminalität.
Doch das Musikverbot war zum Scheitern verurteilt. Es wäre einfacher gewesen, im Irak FKK -Baden im Tigris anzubieten oder Politikern das Schuldenmachen zu untersagen, als ein Musikverbot unter Schülern durchzusetzen. Als sich die zur Strafe eingesammelten Abspielgeräte beim Schuldirektor sammelten und dieser von der Polizei bereits mit einer zu der Zeit aktuellen Einbruchserie in Elektronikläden in Verbindung gebracht wurde, wurde das Verbot irgendwann stillschweigend und heimlich aufgehoben. Es hatte sich sowieso keiner daran
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