Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
Quereinsteiger sind Leute wie du und ich, die eigentlich einen anderen Beruf als den des Lehrers gelernt haben, zum Teil auch schon lange darin arbeiten und die entweder aus purem Spaß an der Sache, aus mangelndem Erfolg oder sonst welchen Gründen beschließen, dass Lehrer plötzlich doch ihr Traumberuf sein muss. Diese Menschen sperrt man dann drei Monate in einen Raum mit ein paar Pädagogen und heraus kommen: perfekte Lehrer. Ohne lästiges Studium oder Referendarzeit. Diese Leute kommen ja schließlich aus dem Leben und haben Berufserfahrung. Wer als Chemiker in der Pharmaindustrie malocht hat, der kann doch auch mit Schülern umgehen. Der hat zwar unter Umständen noch nie etwas anderes als seinen Labortisch gesehen und nimmt wahrscheinlich aus Solidarität mit seinen Laborratten die gleichen Testmedikamente wie jene ein, aber was soll’s? Der weiß doch bestimmt trotzdem, wie man ein Thema präsentiert und es für Schüler interessant und verständlich aufbereitet. Dann unterrichtet er eben Chemie, das kann er ja, und zusätzlich unterrichtet er noch Deutsch, weil das schließlich seine Muttersprache ist, und die wird er wohl beherrschen. Außerdem fehlen gerade Deutschlehrer.
Nach dieser Logik könnte man eigentlich auch einen Blinden engagieren, um das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft zu pfeifen. (Okay, Letzteres ist vielleicht tatsächlich schon mal passiert.)
Selbstverständlich kann dieses Quereinsteigersystem nicht gutgehen. Denn die meisten Quereinsteiger wissen nicht, dass man mit Schülern sprechen muss, damit sie antworten, oder sie glauben, dass Präsentationstechniken und Einbindung der Schüler nur auf der Waldorfschule praktiziert werden, und sind ganz verwundert, wenn die erste Klassenarbeit schlecht ausfällt. Vielen ist nicht bewusst: Sie halten nicht mehr die Quartalszahlen eines Autohauses oder die Zusammensetzung eines neuartigen, schlaffördernden Medikaments in einer Excel-Tabelle fest, sondern stehen vor leibhaftig anwesenden Schülern – und werden selber zur Schlaftablette. Auch wenn wenige Ausnahmen mit Sicherheit die Regel bestätigen, so verdrehen die meisten Schüler und auch die Kollegen mit Lehramtsstudium angesichts dieser Didaktikallergiker doch eher die Augen und wünschen sich, sie bald wieder loswerden und durch geeignetere Lehrkräfte ersetzen zu können – zum Beispiel Papageien, die sprechen oder Pferde, die durch Hufscharren Rechenaufgaben lösen können. Alles, was irgendwie besser ist als diese ungelernten Quereinsteiger.
Hilfe, meine Lehrerin ist eine Stalkerin!
Ich sah sie während meiner Schulzeit jeden Tag, außer am Wochenende. Wenn ich zur Schule ging, war sie da. Wenn ich nicht dorthin ging, sondern – natürlich ausnahmsweise – mal schwänzte, dann begegnete ich ihr ebenfalls und wurde von ihr daran erinnert, wo ich eigentlich gerade sein sollte. Aufgrund meiner unglaublich geringen Fähigkeiten, zu schwänzen, ließ ich es nach wenigen Versuchen ganz bleiben. Es ging auch gar nicht. Ich wohnte fast neben der Schule und wenn ich nicht im Unterricht war, traf ich nachmittags garantiert irgendeinen meiner Lehrer, wenn ich gerade den Müll rausbrachte, der mir peinliche Fragen stellte.
Meist handelte es sich dann um die schon angesprochene Dame, die van der Held hieß und meine Politiklehrerin war. Zwar bezweifle ich, dass sie mich systematisch verfolgte, aber sie war eindeutig etwas überengagiert in der Kontaktaufnahme mit ihren Schülern. Es gab eine Zeit, in der fuhr sie zu jedem kranken Schüler persönlich hin und brachte ihm die verpassten Aufgaben vorbei. Sehr zur Freude des jeweiligen Schülers, wie man sich denken kann.
Doch irgendwann war das nicht mehr nötig, denn sie entdeckte das Internet und damit den E-Mail-Verteiler für sich und ihre Zwecke. Ab diesem Moment machte sie alles, aber auch wirklich alles über diesen Verteiler. Jedes Tafelbild wurde abfotografiert und per Mail verschickt, jedes Arbeitsblatt erreichte uns elektronisch, und auch die Ergebnisse von Klassenarbeiten sendete sie über das Internet. Selbst wenn ihr am Nachmittag noch eine Hausaufgabe einfiel, schrieb sie uns eine E-Mail und erwartete, dass wir diese am nächsten Tag bearbeitet hatten. Ich habe sie nie gezählt, aber ich glaube, zwei Drittel meiner Mails kamen von Frau van der Held. Ihrem Nachnamen alle Ehre machend nervte sie uns so wie ein holländischer Wohnwagen im Urlaubsreiseverkehr mit 65 km/h auf der linken Spur.
Und ihre E-Mails kamen
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