Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
wollten aber ihren Einfluss auf andere und die eigene Unfehlbarkeit nicht aufgeben und beschlossen daher, Lehrer zu werden. Zwar sind die Lehrer der heutigen Zeit schon lange keine unnahbaren Götter mehr – auch wenn manche sich dafür halten –, aber das Abhängigkeitsverhältnis blieb bis heute bestehen.
Die meisten Lehrer befürworten natürlich einen ehrlichen und kritischen Umgang mit den Schülern, bei dem auch die Schüler mal dem Lehrer ihre Meinung sagen dürfen. Theoretisch. Passiert dies dann aber in der Praxis, reagiert die Mehrheit der Lehrer verschnupft. Die Konsequenzen für den Schüler werden bald sichtbar: Die Sympathie des Lehrers sinkt, der Schüler wird seltener im Unterricht drangenommen und bekommt ergo schlechtere Noten. Wer da als Schüler nicht schnell ein Brandopfer auf dem Schulaltar darbringt, hat verloren, denn den Zorn der Lehrer will man normalerweise nicht auf sich lenken. Besonders gefährlich ist Kritik am Lehrer übrigens genau in einem Moment: Wenn sie berechtigt ist. Und vor allen Dingen, wenn der Lehrer das auch weiß. In einem solchen Augenblick würde jeder Lehrer am liebsten Blitze und Seuchen auf die armseligen Schülerkreaturen werfen. Da er diese aber nicht im Programm hat – im Lehramtsstudium wird Blitzewerfen seit 1975 nicht mehr gelehrt –, bedient er sich Strafarbeiten und schlechter Noten.
Halt! Habe ich Strafarbeiten gesagt? Das ist natürlich falsch! Es gibt ja keine Strafarbeiten mehr in deutschen Schulen; Strafarbeiten wurden offiziell abgeschafft. Was früher einmal Strafarbeit hieß, wird jetzt PÜ , «Pädagogische Übung», genannt. Klingt eleganter, ist aber genau dasselbe.
Lehrer befinden sich eben in intellektuellen und pädagogischen Sphären, in die ein normaler Schüler gar nicht vordringen kann. Beispielsweise benutzen die meisten von ihnen eine eigenartige Hieroglyphenschrift. An der Tafel schwer zu entziffernde Krakeleien, die Schüler abschreiben müssen, sind an der Tagesordnung; manche Lehrer stellen sogar Klassenarbeiten handschriftlich. Da wird beim Abschreiben von Vokabeln von der Tafel schnell mal aus einem unleserlichen «forest» ein «tanerf» oder aus einer «mouse» eine «wonre». Wie soll man da im Vokabeltest jemals volle Punktzahl erreichen!?
Die schwierigste Aufgabe, die uns unser Geschichtslehrer Herr Löchel einmal stellte, bezog sich auf die attische Demokratie. (Ha! Schon wieder das antike Griechenland! Das muss doch zusammenhängen!) Herr Löchel schrieb einige Worte in griechischen Buchstaben mit dazugehöriger Übersetzung an die Tafel. Woraufhin sich uns die alles entscheidende, aber unlösbare Frage stellte: Was war Griechisch, was war Deutsch?
Ich habe zwar selbst eine unglaubliche Sauklaue und dürfte mich über das Geschreibsel von Lehrern eigentlich nicht beschweren. Im Gegensatz zu den Lehrern kann ich aber eine Entschuldigung vorbringen, denn eine Lehrerin diagnostizierte mit Blick auf meine Handschrift einmal messerscharf: «Malte, du hast eine feinmotorische Störung.»
Na, danke. Und das sagt dieselbe Dame, die wenig später eine Grammatikregel an die Tafel schreibt, bei der das einzige lesbare Wort ein «und» ist.
Aber was das angeht, sind Lehrer eben nicht anders als Ärzte oder andere Berufsgruppen mit unleserlicher Handschrift. Es gilt stets die Ausrede: «Also
ich
kann das lesen.»
Wenn man das Tafelbild nicht entziffern kann oder im Unterricht mal wieder nur Bahnhof versteht, geht man besser automatisch davon aus, dass man selber der Idiot ist, statt dem Lehrer ein gewisses Erklärungsdefizit zu unterstellen. Denn jeder Lehrer wird einem ganz schnell klarmachen: «Ich nix Defizit. Du kriegst gleich ein Defizit, und dann bleibst du sitzen, kriegst keinen Abschluss, landest auf der Straße, und deine Kinder müssen in der Fußgängerzone Panflöte spielen, weil die Peruaner das schon längst nicht mehr machen wollen. Willst du das?»
Wenn allerdings sämtliche Toleranzgrenzen überschritten worden sind und es wirklich allzu absurd wird, muss man dem Lehrer einfach widersprechen. So ist es wohl für kaum einen Schüler nachvollziehbar, wenn eine Facharbeit vom Lehrer mit den Worten zurückgegeben wird: «Es gab Abzüge. Die Facharbeit ist leider zu wissenschaftlich.» ZU WISSENSCHAFTLICH !!! Das lasse man sich einmal auf der Zunge zergehen. Wahrscheinlich klagt derselbe Lehrer nach einem Schwimmbadbesuch darüber, das Wasser sei zu flüssig gewesen.
Andererseits: Vielleicht ist die Beurteilung
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