Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
müsste diese also entweder komplett verbieten oder allen Schülern die gleichen Uhren, Handys, MP 3 -Player und den gleichen Schmuck kaufen. Das könnte teuer werden. Und wo wir gerade dabei sind: Kann man nicht auch alle Gesichter operativ angleichen?
In England, wo es die Schuluniform schon lange gibt, sind die sozialen Unterschiede, was das Äußere betrifft, so gut entfernt worden, dass wohl niemand wegen seiner Kleidung in der Schule gemobbt wird. Allerdings: Wenn man soziale Ungleichheiten durch Uniformen kaschieren will, dann besteht die Gefahr, sie zu übersehen und zu vergessen, die Wurzel des Übels zu behandeln. Und das müssen dann wieder Menschen in Uniform ausbaden, nämlich die Polizisten.
Außerdem musste ich bei meinem Schüleraustausch nach England feststellen: Es trugen zwar alle die gleiche Kleidungsstücke, ihr Zustand war aber äußerst unterschiedlich. Es ist eben doch nicht das Gleiche, wenn der eine den verwaschenen, fleckigen und geflickten Pullover seiner Geschwister aufträgt und ein anderer mit einem strahlend blauen, brandneuen Exemplar daherkommt. Ungleichheiten gibt es nun mal immer. Selbst in großen Schwärmen von Pinguinen, die nun wirklich alle gleich aussehen, gibt es Tiere, die ausgeschlossen werden. Okay, im seltensten Fall ist da das Fehlen von Markenkleidung der Grund. Aber der Pinguin an sich kleidet sich sowieso eher stofflos.
Bliebe noch der Punkt des Gemeinschaftsgefühls: «Wenn wir alle gleich aussehen, fühlen wir uns als Einheit.» Und das funktioniert tatsächlich! Ohne Einschränkungen! Schuluniformen führen zu einer stärkeren Identifikation mit der Schule und den eigenen Mitschülern. Die meisten identifizieren sich so stark mit ihrer Schule, dass sie Schülern aus anderen Lehranstalten sehr gerne auch mal ein paar Steine an den Kopf werfen, um zu zeigen, wie sehr sie ihre Schule lieben.
Welcher Lehrer hätte da kein Verständnis? Der Schüler hatte doch nur seine Schule und damit ja auch ihn, den Lehrer, verteidigt, wenn auch mit etwas fragwürdigen Mitteln. Das ist übrigens auch die zentrale Gemeinsamkeit von solchen Schulreformen, die unter anderem Schuluniformen fordern, und dem Irakkrieg. Beide wurden schlecht geplant und mit den falschen Mitteln unter vorgeschobenen Zielen und chaotischsten Zuständen ohne Exit-Strategie durchgeführt. Da soll noch einer schlau draus werden.
Aber irgendwann wird irgendeine Reform die Uniform durchsetzen, und dann kann man nur hoffen, dass irgendjemand auf die Idee gekommen ist, wenigstens in ganz Deutschland die gleiche Berufskleidung für Schüler zentral herauszugeben, damit keine Feindschaften zwischen Schulen entstehen. Dann wird die Schuluniform nur in einzelnen, zertifizierten Bundesstrickereien hergestellt und von dort verschickt. Will man eine haben, muss man einen Antrag auf Schuluniformierung stellen. Die mit einem kopiersicheren Wasserzeichen und elektronischer Ortungstechnik ausgestatteten Kleidungsstücke können dann gegen Vorlage des Personalausweises, der Geburtsurkunde, einer Schulbescheinigung und der letzten Mathehausaufgabe abgeholt werden. Natürlich nur in der Zentrale in Flensburg.
Das wäre ein schöner neuer Bestandteil unseres Bürokratieapparates, der jetzt schon komplex genug ist. Es reicht schon, wenn man mal in der Schule fehlt, um eine Zettelflut größeren Ausmaßes auszulösen. Bei uns jedenfalls war das der Fall: Fehlte man aus Krankheitsgründen – Faulheit zählt in dem Fall dazu –, musste man einen weißen Entschuldigungszettel ausfüllen und sich von allen Lehrern, in deren Unterricht man gefehlt hatte, diesen Zettel unterschreiben lassen.
Welch Fest, wenn man als Junge «Menstruationsprobleme» angab und ein Lehrer erst dann stutzig wurde, nachdem drei seiner Kollegen die Entschuldigung, ohne zu zögern, unterschrieben haben.
Fehlte man krankheitsbedingt ausgerechnet an einem Klausurtag, dann musste man außerdem ein ärztliches Attest mitbringen. War man wegen eines vorhersehbaren Arzt- oder Behördengangs nicht anwesend, musste man diesen mit dem gelben Zettel vorher anmelden und auf dem roten Zettel im Voraus entschuldigen lassen. Anschließend musste man das Attest oder die Behördenbescheinigung natürlich noch nachreichen. Konnte man wegen einer Exkursion oder eines anderen Schulprojektes nicht am regulären Unterricht teilnehmen, so war der grüne Zettel zu wählen. Den bitte in jedem Fall vorher ausfüllen und zur Exkursion mitbringen, sonst durfte man nicht
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