Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
retten.«
Hector nahm den einen Wagen, mit Maria auf dem Rücksitz, Caitlyn und Cho drängten sich mit drei seiner Männer in dem anderen, der Rest der Truppe sicherte die Klinik. Während sie über die holprige Straße rasten, berichtete Cho ihr davon, was Carrera mit Maria vorgehabt hatte.
»Können Sie sich das vorstellen?«, beendete er seine Zusammenfassung. »Der Mann dachte doch tatsächlich, ich würde einen Lebendspender für eine Herztransplantation nehmen. Schlimm genug, dass er mich entführt hat – aber Maria hierherzulocken, nur um ihr Organe zu entnehmen? Er ist vollkommen verrückt geworden. Im Wahn, paranoid, psychotisch – wie auch immer Sie es nennen wollen.«
Der Redeschwall des Chirurgen ließ Caitlyn vermuten, dass er die meiste Zeit seiner Gefangenschaft in Isolation verbracht hatte. Er sprach gehetzt, als ob er das jetzt nachholen müsste. Dazu kamen noch die Todesängste, die er ausgestanden haben musste.
»Irgendeine Ahnung, um was es sich da genau handelt?« Sie wollte einschätzen können, wie unberechenbar Carrera war. Besonders, da er ebenfalls auf dem Weg zum Tempel war.
»Erst dachte ich an die Huntington-Krankheit, wegen der seltsamen Muskelzuckungen und der Neurodegeneration. Aber ich bin kein Experte auf dem Gebiet, sondern bloß ein überbezahlter Klempner.«
Caitlyn mochte Cho – er beeindruckte sie durch seine Entschlossenheit und wie er sich unter Lebensgefahr für Maria eingesetzt hatte.
Sie versuchte sich an den Namen dieser Kannibalen-Krankheit zu erinnern, von der ihr Jake erzählt hatte. »Könnte es eine Form von Kuru sein?« Jake hatte zwar von einer anderen verwandten Krankheit gesprochen, aber Cho würde hoffentlich wissen, was sie meinte. »Wir wissen von einer Patientin, der Gewebe aus Carreras Klinik transplantiert wurde und die sich damit infiziert hat.«
»Sie meinen Creutzfeldt-Jakob? Das kann besonders bei entsprechender genetischer Veranlagung zwar auch spontan auftreten. Aber …« Er starrte eine Zeit lang aus dem Fenster. »… Ja. Das würde passen. Carrera könnte sich irgendwie bei einer Gewebeentnahme angesteckt haben. Es tut mir schrecklich leid, um jeden Patienten, der solches Gewebe erhalten hat, aber was den Doktor angeht, würde ich sagen, da handelt es sich um ausgleichende Gerechtigkeit. Er hat sich gegenüber diesen Frauen wie ein Kannibale verhalten. Einige von ihnen hat er in den Wahnsinn getrieben – als sie hier ankamen und bei ihm nach Hilfe gesucht haben, waren sie sicherlich noch nicht in diesem Zustand. Soll er ruhig an einer Kannibalen-Krankheit sterben. Es ist ein grauenvoller Tod.« Cho klang darüber nicht sonderlich betrübt.
Der Mann neben dem Fahrer hielt sich das Funkgerät ans Ohr, dann drehte er sich zu dem Bewaffneten um, der neben Caitlyn und Cho saß, und sagte etwas auf Spanisch. Caitlyn wünschte, sie würde verstehen, worüber sie sich unterhielten. Cho tat so, als würde er durch ein Schlagloch gegen Caitlyn geworfen werden, und flüsterte: »Sie haben keinen Kontakt mehr zu ihren Männern im Tempel. Ist das gut oder schlecht?«
Jake. Sie lächelte. Auf ihn war Verlass, das hatte sie doch gewusst. »Das sind gute Neuigkeiten. Sehr gute.«
»Und ist Maria damit außer Gefahr? Ich traue ihrem Vater nicht.«
»Ich denke, Maria hat nichts zu befürchten. Was uns angeht, bin ich da allerdings nicht so sicher. Halten Sie sich einfach an mich.«
Er runzelte skeptisch die Stirn, nickte aber. Sie rasten um eine enge Kurve, Schlamm spritzte ans Fenster, und vor sich sah Caitlyn die verkohlten Überreste ihres Hubschraubers in einem abgeernteten Maisfeld. Nach einigen weiteren Kurven hielten sie an.
Hectors Männer stiegen aus und bedeuteten Caitlyn und Cho, es ihnen gleichzutun. Die Straße hatte sich mitten im Dschungel in eine Sackgasse verwandelt; bis auf eine steile Erhebung, die sich neben ihnen in den Himmel reckte, gab es keine weiteren augenfälligen Orientierungspunkte.
Da war er also endlich, Marias Tempel.
38
Als Jake und Michael den Eingang des Tempels erreichten, waren Hectors Männer nicht mehr dort. Jake fluchte. Trieben sie sich jetzt etwa irgendwo hier draußen herum und beobachteten das Gelände? Dann wären er und Michael vollkommen angreifbar und ihnen ausgeliefert, sobald sie den Tempel betraten.
Oder befanden sich die Männer möglicherweise noch im Tempelinnern und brachten gerade die Sprengladungen an? Hatten sie das vielleicht schon erledigt, Befehl erhalten, sie zu zünden, und
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