Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
»Da ist ein RFID -Sender drin, damit man mit einem Computer die Batterie, den Durchfluss und derlei Dinge überwachen kann. Ich schätze, damit könnte man auch den Ort bestimmen.«
Maria deutete auf den Bildschirm. »Das Gerät verfolgt nicht die Bewegungen von Dr. Carrera. Sondern die von Michael. Er ist auf dem Weg zum Tempel.«
»Michael ist weggerannt«, sagte die Krankenschwester. »Und das nur wegen dir, weil du ihn auf dumme Gedanken gebracht hast.«
»Er wird versuchen, Hilfe zu holen«, sagte Maria.
»Dann bleibt ihm nicht mehr viel Zeit.« Cho nickte in Richtung Laptop. »Seine Batterie hält nur noch eine Stunde. Höchstens.«
Maria riss entsetzt die Augen auf, Hector hingegen entlockte die düstere Prognose des Arztes ein mieses Grinsen. »Los, Maria.«
Seine Männer zerrten Cho wieder zurück und auf die Knie.
»Ich gehe zum Tempel, und sonst nirgendwohin!«, erwiderte sie bestimmt. »Um Michael zu retten.«
»Ich werde dich zum Tempel bringen«, erklärte Hector sich allzu voreilig einverstanden.
Maria wusste nicht, was ihr Vater alles im Schilde führte. Caitlyn schon. »Sagen Sie ihr, was hier los ist, Hector.«
Er ignorierte sie, packte Maria am Arm und zog sie mit sich.
Caitlyn stand auf. Ihr Wächter stieß ihr den Gewehrlauf ins Kreuz, aber wenn sie schon sterben musste, dann doch lieber aufrecht. Maria musste die Wahrheit über ihren Vater erfahren.
»Er wird den Tempel in die Luft jagen, Maria!«, rief sie. Maria fuhr herum und starrte sie an. »Und wenn er das tut, wird ein ganzes Dorf ausgelöscht werden.«
»Wovon spricht sie?«, fragte Maria ihren Vater. Dann wandte sie sich wieder Caitlyn zu. »Wer sind Sie?«
»Caitlyn Tierney vom FBI . Ich bin hierhergekommen, um dich zu retten. Hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass dein Vater andere Pläne hat.«
Auf ein Zeichen von Hector hin schlug Caitlyns Aufpasser ihr ins Kreuz, sodass sie vornüber in den Staub flog.
»Nein. Halt!«, rief Maria. »Ich möchte hören, was sie zu sagen hat.«
Caitlyn leckte sich das Blut von den Lippen und hob den Blick. »Wenn Sie es ihr nicht sagen, Hector, werde ich es tun.«
Er blieb stumm, wirkte jedoch zum allerersten Mal überhaupt ein wenig unschlüssig. Vielleicht liebte er seine Tochter ja doch. Oder er überlegte, wie er sich am besten aus dieser Sache herauslavieren konnte.
Caitlyn wartete nicht erst ab, für was er sich entscheiden würde. »Dein Vater war Oberst der guatemaltekischen Armee. Er hat dieses Gefängnis hier geleitet – bevor es in ein Krankenhaus umgewandelt wurde, um die von ihm und Dr. Carrera begangenen Gräueltaten zu vertuschen. Der Doktor war sein Stellvertreter. Zusammen haben sie hunderte Menschen gefoltert und hingerichtet.«
»Nein«, stieß Maria hervor. »Das ist nicht wahr. Mein Vater, seine Firma … er rettet Leben. Er würde niemals …«
»Ihre Leichen sind verschwunden, bevor die UN -Inspekteure hierherkamen, um Nachforschungen anzustellen«, fuhr Caitlyn fort. Maria entglitten die Gesichtszüge. »Sie wurden in den Tempel geschafft, der praktischerweise ganz in der Nähe lag. Das Letzte, was dein Vater möchte, ist, dass der Tempel jemals wieder aus der Versenkung auftaucht, und schon gar nicht, dass Archäologen dort Ausgrabungen anstellen.«
Maria entwand sich dem Griff ihres Vaters und wirbelte herum, um ihn anzusehen. »Das kann nicht wahr sein. Sag ihr, dass sie sich irrt. Vater, so sag doch etwas!«
Seine undurchdringliche Fassade bekam einen Riss. Caitlyn sah Trauer und sogar etwas wie Bedauern in seinem Blick. »Maria, das war vor langer, langer Zeit. Wir haben Befehle ausgeführt, es herrschte Krieg. Das hat nichts mit uns heute zu tun.«
»Jedenfalls dann nicht, wenn es ihm gelingt, auch noch die restlichen Beweise zu vernichten«, warf Caitlyn ein und stand ganz auf. Der Wächter beäugte sie argwöhnisch, schlug jedoch nicht noch einmal zu. Sie rieb sich über die Rippengegend, wo sich bereits blaue Flecken bildeten. »Dazu muss er allerdings auch Carrera und Michael umbringen. Deinen Bruder. Von den dutzenden unschuldigen Menschen, die ganz in der Nähe verschüttet sind – und unter denen deine leibliche Mutter ist, Maria –, gar nicht erst zu reden. Deine wahre Mutter.«
Nicht gerade der beste Moment für eine Familienzusammenführung, aber wenn es Hector aufhielt, war Caitlyn zu allem bereit.
Maria öffnete den Mund, schloss ihn wieder und schaute verwirrt und verletzt von einem zum anderen. »Nein. Vater,
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