Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
Vom Netzwerk:
betreiben.«
    »Also hat BioRegen das alles zu verantworten?«, fragte Jake Shapiro.
    »Nicht direkt. Am Ende landet das Gewebe zwar bei ihnen, aber die eigentliche Arbeit übernehmen unabhängige Zulieferfirmen. Ist ein bisschen so, als würden Sie in einem Gemeindezentrum in ihrer Nachbarschaft Blut spenden, die schicken das dann weiter zur Blutbank, und am Ende ist es dann die Blutbank, die dem Krankenhaus die Konserven schickt.«
    »Nur geht es hier um mehr als bloß ein bisschen Blut.« Jake deutete mit dem Kinn auf die fehlenden Beine des Jungen.
    »Die Haut wird Brandopfern transplantiert«, erklärte Shapiro. »Das Fett kommt in der Schönheitschirurgie zum Einsatz. Was mit dem Muskelfleisch geschieht, das konnte ich noch nicht rausfinden. Die Knochen und Gelenkknorpel werden für Implantate verwendet oder um Sehnenverletzungen zu behandeln, manchmal macht man auch spezielle Schrauben und Ersatzteile daraus.«
    Jake sah den Finanzexperten fragend an. Shapiro hatte weit gründlicher in dieser Angelegenheit ermittelt, als es üblich war. BioRegen war für ihn anscheinend zu einer fixen Idee geworden – und das sah die Steuerbehörde garantiert gar nicht gern.
    »Oh ja, die Knochen lieben sie besonders. Aber das ist noch gar nichts«, sagte der Leichenpräparator, der sich langsam richtig für das Thema zu erwärmen schien, nun, da er sich nicht mehr auf der Anklagebank sah. Vorsichtig nahm er Vincent den Football aus den Händen und schob sie dann leicht nach unten. Über den Handgelenkten tauchten noch mehr weiße Röhren auf. Dann zog er das T-Shirt des toten Jungen hoch.
    Der Bauch war ausgehöhlt, bestand nur noch aus rotem Muskelfleisch. Die Rippen lagen bloß, allerdings fehlte die untere Hälfte des Brustkorbs, und dort, wo das Herz saß, sahen sie ein klaffendes Loch.
    »Den Magen lassen sie drin, nachdem sie die Haut abgenommen haben.« Der junge Mann deutete auf das Abdomen. Jake wurde schlecht. Er konnte kein Blut sehen, das war schon immer so gewesen, weswegen ihm bereits seine Brüder früher auf der Farm stets das Leben schwergemacht hatten. »Aber sie nehmen sich ein paar Rippen und das Herz, da machen sie Herzklappen und all so was draus. Da dieser Junge ursprünglich im geschlossenen Sarg beerdigt werden sollte, haben sie sich gleich auch noch die Ohren, den Kieferknochen und die Augen geschnappt.«
    Jake trat vom Tisch weg und schluckte die saure Galle hinunter. Er hatte genug gesehen. »Und das ist alles legal?«
    »Klar«, sagte der Leichenpräparator. »Wir bekommen Kopien der Unterlagen – die Familien haben eine Freigabe unterzeichnet, mit der sie den Leichnam der medizinischen Forschung überlassen. Dafür bekommen sie kein Geld, aber das gute Gefühl, anderen Menschen damit geholfen zu haben. Und ihnen bleibt ja trotzdem noch ein Leichnam, der bestattet werden kann. Selbstverständlich haben die keinen blassen Schimmer, was diese Aasgeier mit den Toten anstellen, bevor sie sie uns überlassen. Wir haben uns jeden Penny dieser Bestattungskosten verdient, so wie wir die wiederherrichten müssen, das kann ich Ihnen sagen.«
    Damit bedeckte er Vincent wieder. Erleichtert stellte Jake fest, dass der junge Mann wenigstens dabei ein wenig Ehrfurcht zeigte. Behutsam zupfte er die Kleider zurecht und legte dem Jungen seinen Football in die Hände. Zumindest gab es hier noch einen Menschen, der den Toten Respekt zollte.
    »Und wie lange geht das nun schon so?«, fragte Jake Shapiro.
    »Ich bekomme erst seit wenigen Monaten Beschwerden wegen Verstümmelungen solchen Ausmaßes. Ich vermute, dass es vorher eine andere Quelle gab, diese aber aus irgendwelchen Gründen versiegt ist.«
    »Eine andere Quelle? Wollen Sie damit sagen, dass nichtmenschliches Gewebematerial als menschliches verkauft wude?«
    Shapiro schüttelte den Kopf. »Nein, zumindest nicht, dass ich wüsste.« Er bedeutete Jake, ihm zu folgen, und sie traten hinaus auf den Flur. »Aber Sie müssen wissen, dass für diesen Markt keinerlei Regulierungen existieren. Niemand kann nachverfolgen, wohin Vincents Knochen, die Herzklappen oder die Haut geliefert werden. Dutzende Patienten könnten mit Bestandteilen seines Körpers leben, ohne dass wir je davon erfahren würden.«
    »Wie viel verdient BioRegen an einer Leiche?«
    »Wenn alles verwertbar ist, um die zweihunderttausend Dollar. Und die Nachfrage steigt rasant. Die Zukunftsaussichten sind in der Branche wirklich exzellent – nächstes Jahr um dieselbe Zeit bekommt BioRegen

Weitere Kostenlose Bücher