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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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Auslassventil. Hier drinnen war es eiskalt. Als Maria gegen einen der Bottiche stieß, brannte die Kälte durch die Kleidung hindurch auf ihrer Haut. Neben jedem der Behälter hing ein Klemmbrett. Sie überflog eines und zuckte zusammen. Zeile um Zeile Typisierungen von menschlichem Herzklappengewebe, das bei fast minus zweihundert Grad gelagert wurde.
    Durch die Arbeit ihrer Eltern war sie mit dem Prinzip der sogenannten HLA -Marker vertraut, durch die Gewebetypen bestimmt wurden, was für das Gelingen von Transplantationen wichtig war. Einer der Gründe für BioRegens großen Erfolg war die große Gewebebank der Firma, dank derer man den verschiedenen Empfängern Gewebe mit hoher Übereinstimmung liefern konnte.
    Marias Mutter hatte ihr erklärt, dass die HLA -Marker bei vielen Einsatzgebieten zwar gar nicht entscheidend waren, dass aber alles, was das Risiko einer Abstoßung senkte, die Sicherheit des Patienten erhöhe, wodurch BioRegen wiederum höhere Preise aufrufen konnte. Maria hatte damals eigentlich nur einige grundlegende Informationen für ein Biologieprojekt benötigt, aber wie immer war bei ihrer Mutter am Ende alles auf den schnöden Mammon hinausgelaufen.
    Und da fragten sich ihre Eltern, warum sie Archäologie studieren wollte.
    Maria wandte sich dem nächsten Bottich zu. Nabelschnurstammzellen. Ein weiterer war mit Proben von Sehnengewebe gefüllt. Der vierte mit Hornhautgewebe. Prescotts Leiche kam ihr in den Sinn. Ihm waren die Augen entnommen worden. Etwa für eine Transplantation?
    Was trieb Dr. Carrera hier bloß? Wollte er mit Marias Hilfe ihre Eltern erpressen, damit sie ihm bei der Einrichtung einer Art Schwarzmarkt-Gewebefabrik halfen?
    Ihre Gedanken überschlugen sich, aber sie zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. Hier würde sie kein passendes Werkzeug finden. Sie schlang die Arme um den Oberkörper, um sich gegen die Kälte zu schützen, ließ das Gewebelager zurück und trat wieder auf den Flur. Im nächsten Raum stand ein Vorratsschrank, der mit chirurgischem Gerät gefüllt war. Sie suchte die Regale ab, ob sich etwas fand, mit dem sie Kevins Kette durchtrennen könnte.
    Am besten geeignet erschien ihr ein Satz chirurgische Edelstahlmeißel mit dazugehörigem Hammer. Sie rannte zu Kevins Operationssaal zurück. Er kauerte dort auf dem Boden, so weit von dem Leichnam entfernt, wie es ihm mit der Fessel möglich war. Das meiste Blut hatte er sich abwaschen können, die blaue Operationskluft war jedoch immer noch ganz besudelt.
    »Sie sind zurückgekommen«, rief er überrascht, als er Maria erblickte.
    Sie musste unwillkürlich lächeln. Es fühlte sich merkwürdig an, als sei ihre Gesichtshaut überdehnt. Aber wie verängstigt sie auch war, allein dadurch, dass sie Kevin half, dass sie etwas tun konnte – irgendetwas –, was ihr die Kontrolle über diese Situation zurückgab, fühlte sie sich schon besser.
    »Natürlich bin ich zurückgekommen.« Sie zeigte ihm das mitgebrachte Werkzeug. »Wird es damit gehen?«
    Ihm waren beide Fußgelenke mit einer Art großer Handschelle gefesselt, die wiederum an einer schweren Kette befestigt war. Am anderen Ende der Kette hing ein schweres Vorhängeschloss. Sie setzten den Meißel am Verbindungsstück von Kette und Fußfessel an.
    Marias Hände zitterten so stark, dass sie nicht einmal den Meißel traf. Also übernahm Kevin für sie, dessen ruhige Chirurgenhände den Meißel in sicherem Griff hatten, während Maria die Kette festhielt.
    Kevin zielte, ließ den Hammer niederfahren, und nach ein paar harten Schlägen bildete sich tatsächlich ein Riss zwischen den zwei Metallenden. Maria blickte hoffnungsvoll zu ihm auf. Beim nächsten Schlag brach allerdings der Meißel entzwei, der Hammer glitt ihm aus der Hand und prallte in hohem Bogen vom Boden ab. Maria duckte sich, um kein Metall abzubekommen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Kevin und griff nach ihrer Hand. Ein kleiner Metallsplitter steckte im Fleisch zwischen Daumen und Zeigefinger. Seltsam, sie hatte gar nichts gemerkt, bis er sie auf die Wunde aufmerksam gemacht hatte. »Halten Sie still, ich mache das.«
    Behutsam entfernte er das Metallstückchen. Es war nicht sehr tief eingedrungen, sodass es kaum blutete, dennoch runzelte er besorgt die Stirn. »Das darf sich auf keinen Fall entzünden. Wir müssen die Wunde auswaschen.«
    Kevin stand auf und streckte Maria eine Hand hin. Sie ergriff sie und ließ sich hochziehen, da sie immer noch ziemlich wacklig auf den Beinen war. Er legte ihr

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