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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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hätte er nicht. Er kann sich keine Zeugen leisten.«
    »Was für Beweise haben Sie denn?«, fragte Jake.
    »Nach dem Erdbeben vor ein paar Jahren ist ein Teil des Tempels eingestürzt und überflutet worden. Der Tempel ist Chaac gewidmet, dem Regengott, und im Innern befindet sich eine Zisterne, so wie unsere hier.« Sie nickte über die Schulter zurück in Richtung Grotte. »Sie muss einen Riss bekommen haben, durch den das Wasser ablief. Nachdem alles Wasser fort war, haben wir Knochenreste gefunden. Zuerst dachten wir, sie würden von unseren Vorfahren stammen, die Chaac Menschenopfer dargebracht haben, aber dann haben wir moderne Kleidung gefunden. Fetzen von Uniformen, wie sie die Gefangenen getragen haben, Röcke, Schuhe.«
    Sie hielt inne und legte eine Hand an die kalte Steinmauer neben sich, als müsse sie sich abstützen. Der Schein der Laterne gab jedoch ihre Tränen preis. »Und es waren nicht nur die Überreste von denen, die vor zwanzig Jahren gestorben waren. Einige Körperteile waren noch relativ gut erhalten.« Sie wandte sich Jake und Caitlyn zu. »Was haben die denen bloß angetan? So, wie diese Leichen zugerichtet waren …«
    Jake erklärte ihr, was er in Washington herausgefunden hatte und was Romero ihm über die Klinik erzählt hatte. Itzel wurde ganz ruhig, hielt das Kreuz um ihren Hals jedoch so fest umklammert, dass er schon dachte, die Kette würde reißen.
    »Vielleicht hat Romero auch übertrieben«, schloss er seinen Bericht. »Weil er mich davon abhalten wollte, hierherzufahren.«
    Itzel wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Wir haben Gerüchte gehört. Aber was konnte ich tun? Ich musste an Michael denken und an mein Volk …« Sie schaute zurück dorthin, wo sie die anderen zurückgelassen hatten. »Ich hätte mehr tun müssen. Mich wehren. Sie irgendwie aufhalten.«
    »Sie trifft keinerlei Schuld, Itzel«, sagte Caitlyn und legte der älteren Frau eine Hand auf den Arm. »Doch jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, hier rauszukommen. Hilfe zu holen. Und Maria zu finden.«
    Sie liefen weiter durch den engen Tunnel. Jake ging gebückt, stieß sich jedoch trotzdem an einem der herabhängenden Steine den Kopf. Tief unten im Berg hörte er ein Rauschen. Sie traten auf einen schmalen Felsvorsprung, über einem weiteren Wasserbecken. Dieses wurde jedoch von einem unterirdischen Fluss gespeist, der zwischen den Felsen verschwand und sich durch den Berg grub.
    »Folgen Sie der Strömung. Sie werden über natürliche Quellen nach draußen gelangen. Wir baden in ihnen und fangen die Fische, die darin leben. Dort gibt es auch Kanus, mit denen können Sie flussabwärts fahren – dort mündet ein großer Wasserfall in den See, aber wenn Sie ans nördliche Ufer gelangen, führt von dort auch ein Fußweg hinab zur Klinik.« Itzel zögerte, schaute ihnen beiden fest in die Augen. Mit einem Mal erinnerte sie Jake an seine Grundschullehrerin. Die hatte ihn auch immer exakt so angesehen und dann genau gewusst, ob er etwas ausgefressen hatte oder nicht. Geradezu unheimlich.
    Jake vermied jeden Blick zu den Wassermassen, die unter ihnen vorbeistürzten, bevor sie in einem dunklen, vom Berg eingeschlossenen Tunnel verschwanden. Wasser war ihm grundsätzlich ein Gräuel. Seit er als Kind von seinen Brüdern in einen Teich gestoßen worden und darin beinahe ertrunken war. Wie also sollte er es auf diesem Weg durch den Berg schaffen?
    Aber es blieb ihm ja nichts anderes übrig. Er versuchte, sich abzulenken, indem er die Höhlenwände inspizierte. Ganz oben, direkt unter der Decke, zog sich eine gerade Linie den Fels entlang. Der Wasserpegel.
    »Nach dem Erdbeben ist diese Grotte geflutet worden«, erklärte Itzel, als Jake die Hand nach der Wasserlinie ausstreckte. »Aber mit der Zeit ist der Fluss wieder auf seinen ursprünglichen Pegel abgesunken.«
    Caitlyn bückte sich und hielt eine Hand ins Wasser, um die Temperatur zu testen. »Wir müssen da also bloß durchschwimmen? Scheint keine große Sache zu sein.«
    Für sie vielleicht nicht. Caitlyn hatte früher in den Ferien als Reiseleiterin bei Wildwasserfahrten in West Virginia gejobbt. Verflucht, sich in einen unterirdischen Fluss zu stürzen war für sie wahrscheinlich ein Heidenspaß.
    »Sind Sie und die anderen denn hier sicher?«, fragte Jake. Was er viel lieber gefragt hätte, war: Gibt es denn keinen anderen Weg nach draußen? Aber er beherrschte sich.
    »Ja. Es gibt eine Frischluftzufuhr, und wir haben Vorräte, die ein paar Tage

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