Wenn der Wetterhahn kräht
einem
karierten Flanellhemd, das ganz ähnlich aussah wie das Hemd, das er bei Miss
Binks zurückgelassen hatte, stand neben dem Gebäude und inspizierte die
Überreste des einstigen Daches. Der kräftige Knochenbau und das vorspringende
Kinn waren unverkennbar. Das ehemals rote Haar war inzwischen zu Braun verblaßt
und graumeliert, doch ansonsten schien sich sein einstiger Zimmergenosse nicht
sonderlich verändert zu haben. Vielleicht waren die Falten um den Mund herum
etwas tiefer geworden, doch das überraschte Grinsen war das gleiche wie früher.
»Pete, du altes Warzenschwein! Meine
Güte, du bist ja schnell wie der Schall!«
Peter stieg aus dem Wagen und merkte
nicht einmal, daß er dabei schwankte. Fingal, der schon begonnen hatte, auf den
Wagen zuzugehen, legte noch einen Schritt zu. »Peter, immer mit der Ruhe! Ist
auch alles in Ordnung mit dir?«
»Selbstverständlich ist alles in
Ordnung.« Peter konnte nicht verstehen, warum Guthrie ihn so merkwürdig
anschaute. »Ich bin nur etwas verspannt von der Fahrt. Gibt es schon eine Spur
von Helen?«
»Ich habe vor zehn Minuten noch mal bei
der Küstenwache angerufen. Sie haben einen Hubschrauber auf die Suche
geschickt, aber wegen des Nebels kann man über dem Wasser so gut wie gar nichts
sehen. Aber sie sagen, daß sich der Nebel allmählich auflöst, wir können also
damit rechnen, daß sie in Kürze mehr unternehmen werden. Sollen wir schnell zur
Bucht fahren und nachsehen, ob Wedgwood Munce noch da ist?«
Peter machte Anstalten, zurück in
seinen Wagen zu klettern, doch Fingal hielt ihn zurück. »Warum nehmen wir nicht
meinen Jeep? Die Straße ist nicht besonders gut. Kann ich dir vorher noch was
anbieten?«
Peter schüttelte den Kopf. »Nein danke,
ich habe schon gegessen. Gut, dich zu sehen, Guth. Ich fürchte, ich bin ein
wenig erschöpft. Ich habe letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen.«
»Hast du dir Sorgen um deine Frau
gemacht?«
»Nein, ich wußte ja gar nicht, daß es
Grund zur Beunruhigung gab. Eigentlich habe ich mir eher Sorgen um mich selbst
und den jungen Mann gemacht, der mich begleitet hat.«
Peter hatte eigentlich vorgehabt,
seinem Freund so viel wie möglich von seinem Abenteuer zu erzählen. Doch
irgendwo auf dem Weg zur Bucht, er glaubte, es war in der Nähe von Billerica,
fiel ihm plötzlich wieder ein, warum er überhaupt mit Swope zum Woeful Ridge
gefahren war.
»Ich weiß, daß es unglaublich klingt,
Guthrie, aber es ist wirklich sehr wichtig. Du mußt mir genau zuhören.
Höchstwahrscheinlich hat die Geschichte nämlich auch mit dir etwas zu tun. Wie
genau alles angefangen hat, kann ich nicht sagen, aber bei Helen und mir hat es
damit begonnen, daß Helen von der Historical Society von Balaclava gebeten
wurde, Informationen über die Wetterfahnen von Praxiteles Lumpkin zu sammeln.«
Während sie über Frostaufbrüche und
durch Schlaglöcher rumpelten, berichtete Peter seinem alten Freund von dem
verheerenden Brand in der Seifenfabrik und seinen Folgen.
»Wie du siehst, ist der Brand in deiner
Scheune nach genau demselben Muster abgelaufen.«
»Was nicht notwendigerweise bedeutet,
daß es dieselbe Bande war, falls es sich überhaupt um eine Bande handelt«,
argumentierte Guthrie. »Vielleicht ist es nur ein Trittbrettfahrer, der sich
schnell durch den lukrativen Handel mit Wetterfahnen eine goldene Nase
verdienen will. Weißt du, wir hatten da vor einigen Jahren einen ähnlichen Fall
nicht weit von hier. Ein paar Kerle haben die Wetterfahne vom Spritzenhaus
gestohlen — sie war angeblich 35 000 Dollar wert. Aber dann haben sie sich
nicht getraut, das Ding zu verkaufen, weil zu viele Leute wußten, woher sie das
Ding hatten, und statt dessen Lösegeld dafür verlangt. Die Stadt hat 1000
Dollar gezahlt, um die Wetterfahne zurückzubekommen. Einer der Kerle wurde
gefaßt, aber auf Kaution wieder freigelassen. Er hat die Kaution sausen lassen
und ist immer noch flüchtig, soweit ich weiß. Vielleicht hat er Wind von
Praxiteles Lumpkin bekommen.«
»Hmja, das wäre möglich. Aber der Name
Lumpkin ist nur wenigen ein Begriff. Bevor Helen das Projekt übernommen hat,
war noch nie etwas über Praxiteles veröffentlicht worden, es gibt nicht einmal
eine Todesanzeige. Wenn nicht zufällig ein Mitglied der Familie Lumpkin um die
Jahrhundertwende ein paar Schnappschüsse gemacht und eine Liste von Personen
zusammengestellt hätte, die im Besitz von Praxiteles Lumpkins Wetterfahnen
waren, hätte Helen so gut wie gar nichts
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