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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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in der Hand gehabt. Die Unterlagen
wurden rein zufällig in einem alten Aktenordner gefunden, für den sich seit Rin
Tin Tins Welpentagen keiner interessiert hatte.«
    »Demnach haben die Nachforschungen
deiner Frau das große Feuerwerk erst in Gang gesetzt?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.
Allerdings muß man diese Möglichkeit wohl in Betracht ziehen. Helen macht
keinen Hehl aus ihrer Arbeit. Es hätte auch wenig Sinn, da sämtliche Mitglieder
der Society und zweifellos auch eine Menge anderer Leute genau wissen, daß man
die College-Bibliothek gebeten hat, Recherchen zu betreiben. Helen ist die
ideale Person für dieses Projekt. Sie ist Kuratorin einer Sondersammlung und
hat bereits eine Menge Erfahrung, was historische Forschungsarbeit im Raum
Balaclava betrifft.«
    »Wurde ihr Name in der Presse genannt?«
    »Nicht in Zusammenhang mit diesem
Projekt. Helen hat sich so weit wie möglich im Hintergrund gehalten. Sie
beabsichtigt, die Ergebnisse ihrer Recherchen zu veröffentlichen, sobald sie
ihr Material geordnet hat. Sie will auf keinen Fall die Rosen in der Knospe
schneiden, wenn du weißt, was ich meine. Inzwischen frage ich mich allerdings
ernsthaft, ob wir nicht die ganze Zeit das Pferd von hinten aufgezäumt haben.«
    »Inwiefern, Peter?«
    »Na ja, es will mir nicht so richtig in
den Kopf, daß lang verschollene Unterlagen rein zufällig ausgerechnet in dem
Moment auftauchen, als Praxiteles Lumpkins Wetterfahnen zu verschwinden
beginnen. Es scheint ganz so, als ob die Kerle erst warten, bis Helen ihre
Fotos gemacht hat, und dann zuschlagen. So war es in der Seifenfabrik, und
jetzt wieder bei deiner Schule. Allmählich fange ich an zu glauben, daß die
Drahtzieher der Meinung sind, das Urteil einer anerkannten Expertin könnte die
Chancen für den Verkauf der Beute verbessern. Sieht fast so aus, als hätten sie
sich Helen als nichtsahnendes Opfer auserkoren, aber denen werde ich einen
Strich durch die Rechnung machen, das kannst du mir glauben.«
    Doch zuerst mußte er Helen finden.
Peters Stimmung besserte sich nicht im geringsten, als sie die Bucht erreichten
und feststellen mußten, daß die ›Ethelbert Nevin‹ immer noch nicht zu sehen
war.
    »Eustace könnte momentan sowieso nicht
einlaufen«, erklärte Guthrie unnötigerweise, denn es war kaum zu übersehen, daß
sie Ebbe hatten. »Wir fahren zur Spitze der Bucht. Da ist das Wasser immer
tief.«
    Doch auch dort war weit und breit keine
›Ethelbert Nevin‹ in Sicht, dafür entdeckten sie allerdings Wedgwood Munce — er
stand neben einem Motorboot, das am Landungssteg festgemacht war und sehr
schnell aussah, und blinzelte hinaus aufs Meer, wo sich der Horizont langsam
abzuzeichnen begann. Das Grau hatte begonnen, sich zu lichten, und in der Ferne
konnte man bereits einige dunkle Klumpen erkennen, die möglicherweise Inseln
waren. Worauf wartet der verdammte Kerl eigentlich, dachte Peter. Doch trotz
allem war er erleichtert, daß sie Munce noch rechtzeitig erwischt hatten.
Guthrie stoppte den Jeep, und sie rannten hinaus auf den Landungssteg.
    »Was meinst du, Wedge?« rief Guthrie.
»Sollen wir rausfahren? Das ist übrigens mein Freund Peter Shandy. Er ist
gerade von Boston hochgekommen.«
    Was zwar nicht genau der Wahrheit
entsprach, doch Peter erinnerte sich, daß nördlich von Piscataqua die Begriffe
hoch und runter merkwürdige neue Bedeutungen annahmen und Boston möglicherweise
der Sammelbegriff für sämtliche Städte in Massachusetts war. Einige Bewohner
von Maine und zahlreiche Bürger von New Brunswick waren ohnehin der Meinung,
daß Massachusetts in Boston lag und nicht umgekehrt. Eine Ansicht, die übrigens
von zahlreichen amerikanischen Schulkindern geteilt wurde, wenn sie genauer
darüber nachdachten, was nicht sehr oft vorkam. Zum Teufel mit Boston. Ihm war
nicht nach Geographiestunden zumute. Er sagte also nur: »Meine Frau befindet
sich auf dem Boot.«
    »Ach ja«, sagte Munce. »Die fünfzig
Dollar, die Eustace mir schuldet, auch. Dann man los!«
    Peter ging als erster an Bord, Guthrie
folgte ihm auf dem Fuße. Das schnittige Boot des Hafenmeisters war etwa zwanzig
Fuß lang und besaß einen Rumpf aus überlappend beplanktem, glänzend poliertem
Holz. Doch Peter interessierte sich nicht die Bohne für das Boot. Es schwamm und
war fahrtüchtig, alles andere war ihm egal. Als sie sich vom Steg entfernten,
drehte Munce mächtig auf. Guthrie blieb achtem und unterhielt sich mit Munce
darüber, welchen Kurs Eustace wohl genommen

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