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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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müsste, hätte sie sich am liebsten dafür einen Tritt gegeben, dass sie die Tür hatte offen stehen lassen.
    Bevor einer von ihnen reagieren konnte, lief Eloisa durchs Zimmer, kletterte über Portias Knie und auf Julians Schoß.
    Zuerst schien er verblüfft über das fremde Kleinkind, das aufgeregt auf seinem Schoß auf und nieder hüpfte, aber dann glitt ein erfreutes Lächeln über seine Züge. »Hallo, du musst Eloisa sein! Diese Augen würde ich überall wiedererkennen.« Er schaute Portia an, offenkundig erstaunt. »Aber wie, um Himmels willen, weiß sie, wer ich bin?«
    Portia versuchte Unschuld zu heucheln, erkannte aber, dass es wohl zu spät war, ein eigenes Geständnis zu umgehen. »Das weiß ich auch nicht. Ich kann nur raten. Obwohl ich vermute, es ist nicht ausgeschlossen, dass ich ihr deine Miniatur gezeigt habe, vielleicht ein- oder zweitausend mal.«
    Zu ihrer Erleichterung zerrte Eloisa genau in dem Moment an seiner Hemdbrust, verlangte nach seiner Aufmerksamkeit. Sie starrte ihn an, die Nase vor Konzentration gekraust.
    »Beißt sie?«, erkundigte er sich leicht beunruhigt.
    »Nur in Knöpfe, Kissentroddeln, Perlen und ab und an ein Kätzchen. Aber das Kätzchen beißt zurück, sodass sie sich meist eines Besseren besinnt.«
    Eloisa hob ihre molligen kleinen Hände und strich ihm über die Wangen. »Hübsch«, säuselte sie und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln mit Grübchen in ihren Pausbäckchen.
    Portia begann zu lachen. »Du musst nicht so entsetzt aussehen, das zeigt doch nur, dass dir einfach kein weibliches Wesen widerstehen kann.«
    »Außer dir«, entgegnete er und warf ihr über den honigblonden Lockenschopf seiner Nichte hinweg einen vielsagenden Blick zu.
    »Eloisa! «
    Diesmal stand eine blasse Caroline auf der Türschwelle, Eloisas Kindermädchen dicht hinter sich, das besorgt seine Schürze knetete. Als Caroline ihre Tochter auf Julians Schoß entdeckte, wurde sie noch blasser.
    Sie betrat den Salon und kam so eilig zu ihnen, dass sich hinter ihr ihr offener Morgenrock blähte. Am Klavier angelangt, riss sie Eloisa in ihre Arme. »Das war sehr unartig von dir, Ellie«, schimpfte sie und barg ihr Gesicht in den Locken ihrer Tochter. »Du hast Nanny und Mama furchtbar erschreckt.«
    »Onkel Luja! «, rief Eloisa und wand sich in den Armen ihrer Mutter, um die Arme nach ihm auszustrecken. »Hübsch.«
    »Es ist alles in Ordnung, Süßes.« Er lächelte ihr beruhigend zu. »Du lässt dich besser von Nanny wieder ins Bett stecken, bevor deine kleinen Zehen abfrieren.«
    Julian schaute mit ausdrucksloser Miene zu, wie Caroline ihre Tochter widerstrebend dem wartenden Kindermädchen überließ.
    Während die Frau das protestierende Kind nach oben trug, erklärte Portia: »Vermutlich hat die Musik sie aufgeweckt. Es war meine Schuld, nicht Julians. Ich hätte die Tür nicht offen lassen sollen.«
    »Und ich hätte mir eine leisere Beschäftigung suchen sollen, um mich zu unterhalten. Es ist nur so, dass die Stunden zwischen Mitternacht und Morgengrauen sehr einsam sein können.« Julian erhob sich von der Klavierbank, sodass er vor Caroline stand. Ein selbstbelustigtes Lächeln spielte um seine Lippen, während er sagte: »Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, Caroline. Ein winziger Happen wie sie wäre kaum genug, meinen Appetit anzuregen.«
    Nach einer steifen Verbeugung zu ihnen beiden verließ er den Raum.
    Caroline wirkte bestürzt, wie sie dastand im Mondschein und bemerkte: »Es tut mir leid, Portia. Als ich ihr leeres Bett sah, dachte ich ...«
    »Ich weiß, was du gedacht hast. Und er auch.«
    Ohne ein weiteres Wort ging Portia an ihrer Schwester vorbei aus dem Musiksalon; ihr graute vor den langen, einsamen Stunden, die sie in ihrem eigenen leeren Bett erwarteten.

12
    Am nächsten Abend stand Portia in der Eingangshalle des Stadthauses und betrachtete ihr Spiegelbild mit derselben Faszination, mit der man vielleicht eine besonders schöne Spinne im Garten ansah.
    Sie war beinahe froh, dass Adrian Caroline und Eloisa zu einem Besuch bei Larkin und Vivienne gebracht hatte, um es seiner Frau zu ersparen, zusehen zu müssen, wie ihre Schwester zu einer so gefährlichen Mission aufbrach. Sie war sich nicht sicher, ob sie wollte, dass irgendjemand aus ihrer Familie sie so verwandelt sah.
    Die natürliche Röte ihrer Wangen hatte sie unter elfenbeinfarbenem Gesichtspuder verdeckt. Die so entstandene makellose Maske ließ das Scharlachrot ihrer geschminkten Lippen und ihre

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