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Wenn die Liebe erwacht

Wenn die Liebe erwacht

Titel: Wenn die Liebe erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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sauberhielt.
    Rolfe hatte lange darüber nachgedacht, wie es wohl sein mochte, eine Frau im Haus zu haben, und er hatte gehofft, das Problem würde sich damit lösen. Doch Amelia sagte ihm, sie habe sich mit seiner Frau unterhalten und Leonie hätte gesagt, man könne ihr die Haushaltsführung nicht aufbürden. Rolfe war wütend, vor allem nach der Szene im Garten. Sie konnte in Pershwick alles in die Hand nehmen, weil es ihr gehörte, aber um Crewel wollte sie sich nicht kümmern?
    Amelia hatte jedoch hervorgehoben, daß Damen wie Leonie es gewohnt waren, ihre Tage mit Handarbeiten und Klatsch zu verbringen. Rolfe wußte, daß das stimmte, denn seine eigene Mutter hatte nie einen Finger gerührt, um ihren Haushalt zu führen. Zweifellos hatte Leonie in Pershwick einen fähigen Verwalter. Nun gut, dachte Rolfe, was sollte das, mochten die Dinge doch so bleiben, wie sie waren.
    Leider hatte sein Zorn über diese neue Schwierigkeit keine Gelegenheit, abzuflauen, ehe Leonie den Saal betrat. Ihr Gesicht hatte denselben unglücklichen Ausdruck, den es im Garten gehabt hatte, und er hätte sie fast fortgeschickt, aber zu viele Blicke waren auf sie gerichtet.
    Keiner von beiden sagte ein Wort, und er geriet immer mehr in Wut. Sie wollte ihren Zorn hegen und pflegen, und das brachte ihn auf. Er wünschte, daß sie wieder so war wie in der vergangenen Nacht, als sie mit ihm geredet und ihn akzeptiert hatte. Er hatte geglaubt, sie hätten einen neuen Anfang gemacht.
    Damian war am Nachmittag mit Rolfes frisch polierter Rüstung nach Crewel zurückgekehrt. Das Putzen der Rüstung war das einzige, worin der Junge ein gewisses Geschick besaß. Rolfe war es nicht gewohnt, einen so jungen Knappen zu haben, und er hatte auch nicht genug Zeit, dem Jungen etwas beizubringen. Es war Damians Aufgabe, ihm aufzuwarten, morgens die Kleider zurechtzulegen, beim Ankleiden zu helfen und ihn bei Tisch zu bedienen. Strenge Regeln legten alles fest, was ein Knappe zu tun hatte, selbst das Schneiden des Fleisches und das Reichen des Weinkelchs seines Herrn. Damian wußte, was von ihm gefordert wurde, aber nichts von allem tat er geschickt.
    Heute hatte Rolfe, der seine gesamte Geduld für seine Frau aufgebracht hatte, keine Geduld mehr für den Jungen übrig. Als sein Wein zum zweiten Mal verschüttet wurde, schickte er den Knappen mit barschen Worten, die trotz der Geräusche im Saal zu hören waren, fort. Daraufhin trat Schweigen ein, und schließlich wandten sich alle wieder ihrem Essen zu. Es war kein ungewöhnliches Vorkommnis, daß Rolfe aufbrauste.
    Leonie war schon gereizt, seit sie beobachtet hatte, daß Lady Amelia das Servieren der Speisen anscheinend mit Rolfes Billigung anordnete.
    »Gehst du immer so grob mit dem Jungen um?«
    Rolfes dunkle Augen durchbohrten sie. »So. Du hast also doch eine Stimme.«
    Leonie blickte vor sich auf den Tisch. »Ich wußte nicht, daß von mir Gespräche erwartet werden. Es gibt nichts, was ich zu sagen hätte.«
    »Die üblichen Höflichkeitsformen sind dir fremd?«
    »Nein, Mylord«, erwiderte sie leise. »Ich erwidere Höflichkeiten, wenn man sie mir entgegenbringt.«
    Er knurrte und ging nicht auf den Umstand ein, daß er auch kein Wort zu ihr gesagt hatte. »Jetzt hast du also etwas gefunden, wozu du dich äußern willst – und schon stellt sich heraus, daß es eine Kritik ist. Du hättest lieber schweigen sollen.«
    »Ich weiß, daß meine Meinung dir nichts bedeutet, aber würdest du nicht besser von deinem Knappen bedient, wenn du etwas geduldiger mit ihm umgingest? Der Junge ist doch nur nervös.«
    »Du hast schon viele Knappen herangezogen, stimmt’s?«
    »Nein.«
    »Aber doch sicher zumindest einen? Wie sonst willst du wissen, wie ich meinen Knappen behandeln soll?«
    Leonie hielt seinem Angriff stand. »Gesunder Menschenverstand, Mylord.«
    »Geduld heilt Ungeschicklichkeit?«
    »Er wäre nicht so ungeschickt, wenn du ihn weniger schelten würdest«, erwiderte sie.
    »Ich verstehe. Das heißt, wenn Damian auf dem Schlachtfeld dem Feind begegnet, wird er sich gut halten, wenn der Gegner ihn anlächelt? Aber wenn er ihn finster ansieht, was ist dann? Dann verschütten nervöse Finger keinen Wein, sondern lassen ein Schwert fallen. Dein gesunder Menschenverstand wäre Damians Tod.«
    Leonie errötete heftig. Alles, was er gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Wenn Damian es jetzt nicht lernte, seine Nervosität zu beherrschen, würde er es nicht erleben, zum Ritter geschlagen zu werden.

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