Wenn die Liebe erwacht
daß er sich während seiner Genesung aufregt. Lassen Sie ihn ruhig in dem Glauben, der Arzt hätte ihn geheilt, wie er es haben wollte.«
»Ich würde Rolfe nicht belügen.«
»Sie brauchen nicht zu lügen. Sagen Sie einfach gar nichts. Ich werde mich bemühen, nicht mehr hier zu sein, wenn er zu sich kommt.«
Am späten Nachmittag des nächsten Tages bandagierte sie gerade die Wunde, nachdem sie die ausgefransten Ränder zusammengezogen hatte, als Rolfe die Augen aufschlug und ihre Blicke sich trafen. Das Fieber hatte ihn ausgezehrt, und dichte Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht. Er sah furchtbar aus, und seine Augen wurden vor Zorn dunkel, als er sie sah.
Leonie sagte kein Wort, sondern brachte schweigend das zu Ende, womit sie gerade beschäftigt war, und verließ dann das Zimmer. Thorpe, der auf einem Stuhl vor dem Kamin eingeschlafen war, wachte auf, als er hörte, daß sie die Tür hinter sich schloß. Er trat an das Bett.
»Du bist also wieder zu uns zurückgekehrt?«
»Wo bin ich gewesen?« Die Stimme war sehr schwach.
Thorpe lächelte seinen alten Freund an.
»Du warst dem Tod sehr nah.«
Rolfe musterte ihn skeptisch. »Durch eine kleine Pfeilwunde?«
»Diese kleine Wunde war ein übler Krankheitsherd. Du hattest ein schweres Fieber, weil sie sich entzündet hat.«
»Lassen wir das. Was hatte Leonie hier zu suchen? So deckt ihr mir den Rücken? Ihr laßt ausgerechnet die Frau zu mir, die verantwortlich dafür ist …«
»Reg dich nicht auf, Rolfe«, schnitt ihm Thorpe das Wort ab. »Ich glaube nicht, daß sie die Schuld trägt. Ich bin sogar sicher, daß es nicht der Fall war.«
»Ich habe dir gesagt, was ich gesehen habe.«
»Ja, und das sprach gegen sie, aber es war kein schlüssiger Beweis«, sagte Thorpe verbissen.
»Plötzlich verteidigst du sie? Bisher hast du ihr nicht über den Weg getraut. Ich will nicht glauben, daß sie zu so etwas fähig ist, Thorpe. Ich dachte, ich hätte Fortschritte bei ihr gemacht, und jetzt das.«
Thorpe schüttelte den Kopf. »Du hattest keine Zeit, dir genauer zu überlegen, was geschehen ist, ehe der Schmerz deiner Wunde deine Gedanken getrübt hat. Denk gut nach, ehe du ihr die Schuld gibst, denn jeder könnte diesen Pfeil abgeschossen haben. Es könnte ein Mann gewesen sein, der aus einer der Burgen, die wir eingenommen haben, kam, und sogar jemand von hier. Hat dich in Pershwick bisher jemand angegriffen? Und jetzt sollten die Leute es plötzlich tun, obwohl du ihre Herrin in deiner Gewalt hast?« Er trat einen Schritt zurück und musterte Rolfe scharf. »Weißt du, warum Lady Leonie vor der Hochzeit gegen dich war? Hast du sie je nach den Gründen gefragt?«
»Was würde das ändern?«
»Hast du es getan, Rolfe?«
»Nein«, sagte er barsch, »aber ich vermute, du hast die Gründe erfahren. Warum sonst solltest du mich derart plagen?«
Thorpe grinste. »Wie ich sehe, bessert sich deine Laune schon wieder.«
»Hast du mir nun etwas zu sagen oder nicht?«
Thorpe schüttelte den Kopf. »Wir irren uns in ihr, verstehst du. Und sie ist falsch über dich unterrichtet worden. Es ist jetzt euer beider Angelegenheit, die Dinge zu klären, Rolfe.«
»Ich liege hier und leide, und du gibst mir Rätsel auf.« Rolfe seufzte. »Wo steckt überhaupt dieser verfluchte Arzt? Mir kommt es vor, als stünde meine Hüfte in Flammen.«
»Kein Wunder, nach allem, was du durchgemacht hast. Was Odo angeht – er ist in der vorletzten Nacht verschwunden, weil er um seine Daumen gebangt hat.«
»Noch mehr Rätsel?« sagte Rolfe matt.
»Deine Frau hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, was sie Odo antut, wenn er dir schadet, und so, wie die Dinge stehen, war es Odos Unfähigkeit, die dich nahezu umgebracht hat …«
»Du erzählst mir ständig, ich hätte auf der Schwelle des Todes gestanden. Da der Arzt fort ist, nehme ich an, ich habe die Besserung dir zu verdanken?« Thorpe schüttelte nachdrücklich den Kopf. Rolfe riß die Augen weit auf, als er plötzlich verstand, was hier vorging. »Sie hat ihr Wissen eingesetzt, um mich gesund zu pflegen? Um mir wieder einmal zu helfen? Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Hör mal, Thorpe, ich glaube allmählich wirklich, daß sich diese Frau etwas aus mir macht.«
»Ich würde es nicht überschätzen«, sagte Thorpe eilig. »Sie mag dir zwar dein armseliges Leben gerettet haben, aber ich glaube, es ist einfach ihre Art, anderen zu helfen. Sieh darin nicht zu viel. Sonst hast du später nur wieder
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