Wenn die Liebe erwacht
nachgeworfen hatte.
25. KAPITEL
Nach vier Tagen hatte sich Rolfes Zustand verschlechtert. Thorpe war am Ende seiner Weisheit angelangt. Es hatte ausgesehen, als sei die Wunde unkompliziert. Rolfe hatte schon Schlimmeres abbekommen und war schnell genesen. Diese Wunde schien ernstlich an seinen Kräften zu zehren. Am zweiten Tag setzte Fieber ein, das anstieg, bis Rolfe im Fieberwahn wütete und im einen Moment nach seiner Frau rief, um sie im nächsten zu verfluchen. Thorpe erkannte er nicht.
Odo, dieser Stümper, hatte sich aus der Burg davongeschlichen und war geflohen, ehe man ihm die Schuld daran geben konnte, daß Rolfes Zustand sich verschlechterte.
Thorpe wußte nicht mehr, was er tun sollte. Es gab nur eins, was ihm übrig blieb. Er schickte einen Diener los, um Rolfes Frau zu holen. Als sie das Zimmer betrat, kam Wilda mit ihr, und er besaß den Anstand, sie beschämt anzusehen. Er zuckte zusammen, als sie einen Schwall von Flüchen ausstieß.
»Warum haben Sie mich nicht eher geholt?« fragte sie. »Der Schmutz in der Wunde bringt ihn um.«
»Ich habe seine Verbände nicht gewechselt«, sagte Thorpe zu seiner Verteidigung. »Daher habe ich die Wunde auch nicht gesehen.«
»Sie hätten sie sich aber ansehen müssen! Ich habe Sie gewarnt, daß Odo ihm mehr schadet als nützt.«
»Können Sie ihm helfen?« fragte Thorpe kleinlaut.
Sie sah sich die eitrig entzündete Wunde an und sagte: »Ich weiß es nicht. Wie lange hat er dieses Fieber schon?«
»Seit drei Tagen.«
»Dann gnade ihm Gott.«
Die Farbe wich aus Thorpes Zügen. Die Hoffnungslosigkeit in ihrer Stimme sagte ihm alles, was er wissen mußte. Er betete, als er näher an das Bett trat und ihr zusah. Als erstes flößte sie Rolfe gewaltsam Flüssigkeit ein, und es gelang ihr, ihn dazu zu bringen, daß er sie schluckte. Thorpe spürte Respekt in sich aufsteigen. Dann zerdrückte Leonie Blätter, um sie zusammen mit einer übelriechenden Paste auf die Wunde zu legen. Wasser wurde zum Kochen aufgesetzt, und sie begann, den Inhalt etlicher Flaschen zusammenzugießen.
Als sie ein kleines Messer aus ihrem Korb holte, faßte Thorpe ihr Handgelenk. »Wozu ist das gut?« fragte er.
Sie musterte den kräftigen Mann. »Seine Wunde muß geöffnet werden, damit ich finde, was das Fieber verursacht. Möchten Sie es lieber selbst tun?« fragte sie spitz. Thorpe schüttelte den Kopf und ließ ihr Handgelenk los.
Leonie säuberte das Messer und entfernte dann äußerst behutsam die Blätter, die sie auf die Wunde gepreßt hatte. Sie begann, vorsichtig in der Wunde herumzustochern und sie zu reinigen. Einige Augenblicke lang herrschte vollkommenes Schweigen, dann stieß sie einen entsetzten Schrei aus.
»Der Tod ist zu gnädig für diesen Pfuscher von einem Arzt.« Leonie starrte Thorpe so haßerfüllt an, daß er das Gefühl hatte, er allein sei an Rolfes schlechter Verfassung schuld. »Er hat den Pfeil entfernt, aber ein Stück von Rolfes Kettenhemd, das der Pfeil mitgerissen hat, in der Wunde gelassen.«
Sie zog es langsam und sorgfältig heraus und fuhr dann fort, die Wunde zu reinigen. Als endlich reines Blut aus der Wunde sickerte, seufzte sie dankbar. Sie bedeckte die Wunde, die jetzt gesäubert war, mit ihrem Gebräu.
Schließlich lehnte sie sich zurück und sah Thorpe an.
Ihr Gesichtsausdruck hatte seine Besorgnis verloren. »Das Blut muß aus der Wunde sickern können, bis das Fieber zurückgeht, dann wissen wir, daß die Gefahr vorbei ist. Ich werde die Wunde bis dahin nicht zunähen. Es wird ihn vorerst noch mehr schwächen, aber ich wage es nicht, etwas gegen das Bluten zu unternehmen, solange ich nicht sicher bin, daß die Wunde sauber ist. Ich habe Säfte, die ihm helfen werden, das Fieber zu bekämpfen und ihm die Kraft zurückgeben.« Thorpe nickte, und sie sprach weiter. »Ich werde ihm auch etwas gegen die Schmerzen geben.« Als er stumm blieb, fragte sie: »Lassen Sie zu, daß ich hierbleibe, um seine Fortschritte zu beobachten und ihn zu versorgen?«
»Ist er außer Lebensgefahr?« fragte Thorpe vorsichtig.
»Ja, ich glaube schon.«
»Dann bleiben Sie, Mylady.«
»Wenn er soweit zu sich kommt, daß er mich erkennt, ist ihm das vielleicht gar nicht recht.«
»Dann ist es ihm eben nicht recht«, sagte Thorpe fest. Er war zu dankbar, um sich Sorgen darüber zu machen, wie Rolfe reagieren würde.
»Nun gut.« Sie seufzte. »Aber ich bitte Sie, ihm nicht zu sagen, was ich unternommen habe.«
»Warum nicht?«
»Ich will nicht,
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