Wenn die Liebe erwacht
Schwierigkeiten.«
Doch Rolfe hörte ihm nicht mehr zu. Er war glücklich. Sie war zu ihm gekommen, um für ihn zu sorgen. Hieß das vielleicht, daß er sie doch bald dazu bringen konnte, ihn zu lieben?
Diese Frage beschäftigte Rolfe, bis er ermattet einschlief.
26. KAPITEL
Leonie sah, daß sich Erneis in dem Moment aus dem Saal schlich, in dem sie eintrat. Schon seit langem versuchte sie, den Verwalter von Crewel zu erwischen, um mit ihm über die Abrechnungen zu reden, doch er war immer auf dem Sprung oder gerade nicht auffindbar. Warum ging er ihr aus dem Weg?
Sie folgte dem kleinen Mann aus dem Saal und hielt ihn an, ehe er im Stall verschwinden konnte. »Erübrigen Sie mir ein paar Minuten Ihrer Zeit, Meister Erneis.« Er blieb stehen und drehte sich möglichst langsam um. Er gab sich keinerlei Mühe, seinen Widerwillen, mit ihr zu reden, zu verbergen.
»Meister Erneis, Sie waren doch schon bei Sir Edmond Verwalter, nicht wahr?«
»Einige Jahre lang, Mylady«, antwortete er, und die Frage schien ihn ein wenig zu überraschen.
»Finden Sie, daß der neue Herr von Crewel zu hart durchgreift?« fragte Leonie freundlich.
»Nein, durchaus nicht, Mylady. Natürlich war Sir Edmond weit mehr … mein neuer Herr ist sehr selten hier …«
Er war verlegen, und Leonie nutzte schnell den Vorteil, den ihr seine Verwirrung bot.
»Ich möchte die Buchführung von Crewel sehen, Meister Erneis.«
»Sie?« Er kniff die Augen zusammen. »Was sollten Sie denn damit anfangen?«
»Mein Mann will die Bücher sehen.« Die Lüge glitt ihr mühelos über die Lippen.
»Aber er kann doch auch nicht lesen.« Der Mann war nicht verlegen, sondern in heller Panik.
Leonie lächelte aufmunternd. »Er hat während seiner Genesung wenig zu tun, Meister Erneis. Ich nehme an, er möchte wissen, womit sich in Crewel Gewinne erzielen lassen.« Sie zuckte die Achseln und fügte dann ganz bewußt hinzu: »Aber als Soldat, der sich gerade erst seßhaft gemacht hat, wird er die Abrechnungen wahrscheinlich nicht verstehen. Ich vermute, daß er sie sich von seinem Schreiber vorlesen lassen wird.«
»Das kann ich doch machen«, beharrte der Verwalter.
»Aber Sie haben doch immer so viel zu tun.«
»Ich werde mir die Zeit nehmen.«
»Das ist nicht notwendig. Der Schreiber hat jede Menge Zeit.«
»Aber …«
Leonie riß die Geduld. »Haben Sie etwas gegen die Anweisungen meines Herrn einzuwenden?« fragte sie scharf.
»Nein, nein, wahrhaftig nicht, Mylady«, versicherte er ihr eilig. »Ich hole die Bücher gleich.«
Als Erneis ihr den erbärmlich kleinen Stapel Pergamente in die Hand drückte, behielt Leonie ihr Erstaunen für sich. Haushaltsbücher wurden von Jahr zu Jahr geführt, meistens von Michaeli bis Michaeli, und dieser Festtag lag nur wenige Monate vor ihnen. Diese Aufzeichnungen sollten die Ausgaben und Einnahmen von fast einem Jahr festhalten, aber es sah so aus, als seien kaum mehr als die Beträge eines Monats aufgezeichnet.
Sie nahm die Papiere in das kleine Zimmer mit, in dem sie geschlafen hatte, und sah sie sich sorgfältig an. Es war schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Der Verwalter hätte sich jeden Abend mit dem Küchenpersonal und den Stallknechten besprechen sollen, um alle Vorräte aufzuzeichnen, die gekauft worden waren, und die genauen Summen festzuhalten, die dafür bezahlt worden waren. Außerdem hätte er die Vorräte verzeichnen sollen, die verbraucht wurden, sowie die Naturalien, die die Dorfbewohner zur Zahlung ihrer Miete ablieferten. Jeder Überschuß aus verkauften Waren sollte ebenfalls verbucht werden, um die Gewinne festzustellen. Aufgezeichnet wurden außerdem die Summen, die für Dienstleistungen bezahlt wurden, wie den Transport von Gütern, die verkauft wurden oder die Arbeit, die der Schmied und andere Handwerker über das hinaus leisteten, was sie an Miete schuldig waren.
In einer Tagesabrechnung von Pershwick wären die Mengen an Brot, Getreide, Wein und Bier festgehalten worden, die bereits an anderer Stelle in den Aufzeichnungen auftauchten. Die korrekten Mengen wurden als den Vorräten entnommen verbucht. Was von Kaufleuten oder in Rethel gekauft wurde wie Töpfe, Stoff und Gewürze, sowie alle Dienstleistungen wurden peinlich genau verzeichnet. Für die Küche wurden ganz bestimmte Dinge eingekauft – besondere Käsesorten, Fisch, der nicht auf Lager war, und es war nur wenig, da Pershwick gut vorgesorgt hatte und fast das gesamte Fleisch und Geflügel selbst stellen konnte.
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