WENN DIE LUST ENTLAMMT
was?“
„Sie galt als ganz schön wild. Ich erinnerte mich vage an eine Geschichte über ein mitternächtliches Pferderennen, das den Golfplatz des Fairlawn Country Clubs zerstörte. Und irgendwie ist mir auch ein Gespräch meiner Großeltern im Gedächtnis geblieben, als ich das erste Mal in den Frühlingsferien vom College nach Hause kam. Sie sagten, wie schändlich es doch wäre, dass Cal Morgan ihr einfach erlaubte zu tun, was sie wollte. Damals ist sie mit ihren Freunden zum Karneval nach Rio geflogen. Ich bin nicht ganz sicher, aber sie kann damals kaum älter als sechzehn gewesen sein.“
Gabriel versuchte, es sich vorzustellen, aber er konnte nicht. Es war so weit von seinen eigenen Kindheitserfahrungen entfernt wie Paris von einer Kleinstadt in New Jersey. Er selbst war gezwungen gewesen, jeden Penny zu sparen und alle Kraft darauf zu verwenden, die Familie zusammenzuhalten, während sie von einer Militärbasis zur nächsten versetzt wurde. „Klingt nach einer interessanten Jugend.“
„Ja?“ Lilah lächelte sanft. „Vielleicht. Für jemanden wie dich, der mit so viel Verantwortung auf den Schultern aufwachsen musste.“
„Aber?“
„Ach, ich weiß nicht. Ich finde einfach, dass sie viel zu jung war, um so viel Freiheit zu haben und überhaupt keine Richtlinien, die sie hätten leiten können.“ Sie atmete tief ein. „Lieber Gott“, sagte sie mit einem entsetzten Stöhnen. „Ich klinge genau wie meine Großmutter.“
„Aber nein“, sagte er betont einfühlsam. „Nicht im Entferntesten.“
Sie lachten beide, und Lilah berührte seinen Arm. „Was ich sagen wollte, Gabriel … Findest du es nicht irgendwie traurig, dass niemand da war, der Regeln für sie aufstellte, und wenn es nur um ihrer eigenen Sicherheit willen gewesen wäre? Und fragst du dich nicht, was das für ein Mann gewesen sein muss, der seiner Tochter in dem Alter erlaubt, ohne Aufsicht nach Südamerika zu fliegen?“
Ein egozentrischer Mistkerl wie Cal Morgan, dachte Gabriel grimmig. Aber bevor er etwas sagen konnte, verzog Lilah plötzlich das Gesicht und presste die Hand auf den Rücken. „Oje.“
Er zuckte zusammen. „Was ist los?“
„Das viele Wasser, das ich heute Abend getrunken habe, macht sich bemerkbar“, sagte sie ruhig und schien sich nicht bewusst zu sein, dass Gabriel einen Moment kurzvor dem Herzinfarkt gewesen war. „Entschuldigst du mich einen Augenblick?“ Ohne auf seine Antwort zu warten, gab sie ihm ihr Glas und ging in Richtung Damentoilette davon.
Hin- und hergerissen zwischen Ärger, Erleichterung und Hochachtung – er würde es lieber mit einer Terroristenbande aufnehmen als mit einer einzigen schwangeren Frau –, sah er ihr nach, als sie den Saal verließ. Dann glitt sein Blick wie von einem Magneten angezogen wieder zurück zu Mallory, aber auch sie war fort. Er sah sich suchend um und sah gerade noch, wie sie durch eine der hohen Balkontüren auf die Terrasse hinaustrat.
Er war schon halb bei ihr, bevor ihm überhaupt aufging, dass er zu ihr gehen wollte. Er ging schneller und war bald auf der breiten Terrasse, auf der riesige Pflanzkübel mit Blumen in den schönsten Farben und etwa ein Dutzend schmiedeeiserne Tische standen. Im Gegensatz zu der Nacht, als sie sich das letzte Mal begegnet waren, war es heute ein milder Abend, und die Luft roch nach frisch gemähtem Rasen und Frühling.
Gabriel nickte einigen Bekannten zu, die an den Tischen saßen, und ging die breiten Stufen hinunter, um sich zu Mallory zu gesellen, die am Geländer stand und auf den Swimmingpool hinuntersah.
Sie drehte sich zu ihm um, als er sie fast erreicht hatte, und er merkte, wie sie sich verspannte. Wahrscheinlich war nichts anderes zu erwarten gewesen, so wie sie sich das letzte Mal getrennt hatten und nach der knappen Nachricht, die sie ihm geschickt hatte.
Deswegen hatte er sich auch fest vorgenommen, sich bei ihr zu entschuldigen. Er würde alles tun, was nötig war, um mit ihr einen, wenn auch provisorischen Waffenstillstand zu schließen wie an dem Abend, als er sie geküsst hatte. Andererseits rechnete er nicht damit, dass sie es ihmeinfach machen würde. Und tatsächlich drehte sie ihm demonstrativ den Rücken zu.
„Was für eine Überraschung“, sagte sie. „Wenn das nicht Denvers Sunnyboy ist, der überall dort auftaucht, wo man ihm am wenigsten begegnen will.“
„Ich freu mich auch, dich wiederzusehen.“
„Natürlich tust du das. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass ich
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