WENN DIE LUST ENTLAMMT
möchte, dass es mir leidtut, was das letzte Mal passiert ist.“
Sie presste die Lippen zusammen, um nicht zu reagieren. Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, eine Ohrfeige bekommen zu haben. Selbstverständlich bedauerte sie den Kuss, aber der Gedanke, dass Gabriel ihn bedauern könnte, war ihr nie gekommen.
„Nicht den Kuss“, fuhr er fort. „Aber dass ich dich glauben ließ, ich würde mich nicht in erster Linie für dich als Mensch interessieren. Das war vielleicht nicht von Anfang an der Fall, aber jetzt ist es so, und es ist mir sehr wichtig, dass du das weißt.“
Was sollte sie denn jetzt darauf sagen? „Ich … das ist … danke.“
Ihre Worte klangen kläglich unangemessen, aber die Wahrheit – dass er genau gesagt hatte, was sie hören wollte, obwohl sie es selbst nicht gewusst hatte – konnte sie ihm nicht verraten.
„Ich dachte nur, du solltest es wissen.“
Wieder wurde es still im Wagen. Mallory sah hilflos aus dem Fenster, auf der Suche nach etwas, was sie noch sagen könnte. Plötzlich bemerkte sie, dass sie den Highway verlassen hatten und sich in einer ruhigen, eleganten Wohngegend befanden.
„Wo sind wir?“, fragte sie.
„Bei mir zu Hause“, antwortete er und fuhr im nächsten Moment auf eine breite Auffahrt, die zu einem modernen Haus aus Stein und Holz führte. Daneben stand eine große Garage, deren eine Tür sich langsam öffnete.
„Was?“ Sie wirbelte zu ihm herum. „Nein. Auf keinen Fall, Gabriel. Ich war einverstanden, mit dir zu fahren. Aber dass du mir dein Haus zeigst, stand nicht auf dem Programm. Und wenn du mich mit deiner kleinen Rede in Sicherheit wiegen wolltest, damit ich dir vertraue …“
„Beruhige dich, Mallory“, entgegnete er gereizt. „Ich habe dich nicht hergebracht, um mit dir ins Bett zu gehen, falls du das meinst.“ Er fuhr in die Garage, stellte den Motor aus und drückte auf den Knopf, der das Garagentor senkte. „Nicht dass ich zögern würde, falls du doch dazu bereit wärst.“ Er klang überhaupt nicht amüsiert, sondern leicht drohend.
Mallory schluckte mühsam und verschränkte instinktiv die Arme vor der Brust.
„Hör zu“, sagte er und öffnete die Autotür. „Ich hatte heute eigentlich nicht vorgehabt, wieder in die Stadt zu fahren, aber ich habe den Hund meines Bruders Deke über das Wochenende bei mir, und wenn ich ihn nicht hinauslasse, wird er meine Möbel anknabbern. Natürlich würde ich dich gern hereinbitten und dir mein Haus zeigen, aber habe ich kein Interesse daran, dich zu irgendetwas zu zwingen, was dir unangenehm ist.“
„Gut“, sagte sie hartnäckig. „Dann wird es dir ja nichts ausmachen, wenn ich hier warte.“
Er zuckte die Achseln. „Wie du willst. Es wird nicht lange dauern.“
Sie sah ihm aus dem Augenwinkel nach, wie er ausstieg, seine Krawatte lockerte und mit langen Schritten zur Tür ging, die von der Garage ins Haus führte. Dort knipste er ein Licht an, damit Mallory nicht im Dunkeln dasaß, und ging hinein.
Sehr gut! Endlich hatte er genau das getan, was sie von ihm verlangt hatte. Wurde aber auch Zeit, sagte Mallory sich und seufzte zufrieden. Einen Moment später entschied sie, dass sie ruhig ihre Neugier befriedigen und sich ein wenig umsehen könnte.
Sie stieg aus.
Es überraschte sie nicht, dass neben dem Jeep ein silberfarbener Sportwagen stand. Wann immer sie in der Vergangenheitan Gabriel gedacht hatte, hatte sie ihn sich in genau so einem Wagen vorgestellt. In ihrer Einbildung wohnte er in einem teuren Penthouse auf einem der höchsten Wolkenkratzer in der Innenstadt oder in einer der neueren Villen in einem teuren Viertel wie beispielsweise Cherry Creek.
Aber der Wagen war eigentlich das Einzige, was zu dem zurückhaltenden schwierigen Einzelgänger, für den sie Gabriel immer gehalten hatte, passte. Ansonsten sah die Garage eher aus wie die eines normalen Vorortfamilienvater, der seine Kinder regelmäßig zur Schule und zum Basketballtraining fuhr.
An einer Wand standen neben drei Fahrrädern und zwei Kajaks alle Arten Sportzubehör, von Skiern und Hockeyschlägern bis zu Tauchermasken und Flossen. Er hätte damit einen Laden eröffnen können. Daneben gab es noch einen Rasenmäher, Schaufeln, Gartenmöbel, ein Paar Hanteln, eine Werkbank und einen großen roten Werkzeugkasten. Alles war ordentlich aufgereiht und schien in bestem Zustand zu sein und erinnerte überhaupt nicht an James Bond. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Gabriel ganz und gar nicht der Mann war, für den
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