WENN DIE LUST ENTLAMMT
sagte er jetzt zu Mallory. „Er hat seine Wahl getroffen und ich meine. Ich ziehe es vor, Herr meines Schicksals zu sein.“
Sie überlegte einen Moment. „Das würde ich auch gern von mir behaupten. Jedenfalls würde ich nie Kinder in die Welt setzen, wenn ich nicht glauben würde, dass ich eine bessere Mutter wäre als meine. Andererseits setze ich damit die Anforderungen ziemlich niedrig an, ich weiß.“ Sie lächelte kläglich.
„Du wirst eine sehr gute Mutter sein.“ Und das stimmt auch, dachte er und betrachtete sie, wie sie dasaß, das Kinn auf ihre Handfläche gestützt. Und plötzlich, ohne jede Vorwarnung, erschien vor seinem inneren Auge ein Bild von ihr, wie sie sich mit strahlendem Lächeln über einen kleinen dunkelhaarigen Jungen beugte.
Lieber Himmel, woher kam denn dieser Gedanke?
Wahrscheinlich war das nur eine Reaktion auf all das Gerede über die Vergangenheit. Gabriel wechselte entschlossendas Thema. „Wo hast du überhaupt so gut Basketball spielen gelernt?“
Sie schien auch erleichtert zu sein, dass sie über etwas Harmloseres sprachen. „Ich habe jeden Sommer meiner vergeudeten Jugend im Ferienlager verbracht. Das war die beste Lösung für meinen Vater, da er nicht wusste, was er sonst mit mir anstellen sollte. Ich bin eine ausgezeichnete Bogenschützin und beim Softball unschlagbar.“
„Ganz schön beeindruckend für eine Königin der High Society.“
„Ach bitte.“ Sie machte eine abwehrende Bewegung. „Eine erfolgreiche Modenschau macht mich nicht gleich zur Herrscherin der High Society.“
Aber es war mehr als nur das gewesen, und sie wussten es beide. Selbst wenn die Morgenzeitung nicht begeistert darüber berichtet hätte, war das Urteil durch die Teilnehmer und Anwesenden über die gestrige äußerst erfolgreiche Veranstaltung überwältigend positiv ausgefallen.
Der Schauplatz, die Zelte, das Essen, die Kleider und Mallorys Wahl des beliebten Radiosprechers, der durch die Show führte, erhielten überschwängliche Lobeshymnen. Sogar Abigail Sommers, die Gabriel seit Jahren kannte und die so ungern jemanden lobte, als würde man sie mit vorgehaltener Waffe zwingen, sich von kostbarem Familienschmuck zu trennen, hatte Mallory eine ganze Reihe aufrichtiger Komplimente über die eindrucksvolle Show und auch die Party danach gemacht.
„Drück mir nur die Daumen“, sagte Mallory, „dass der Ball nächstes Wochenende genauso glatt verläuft. Und dass ich noch in mein Kleid passen werde, so wie du mich hier mästest.“
Soweit es ihn anging, konnte sie tragen, was sie im Moment anhatte, und sie würde trotzdem die schönste Frau auf dem Ball sein. Aber er war immer bereit zu tun, waser konnte, um zu helfen. „Wenn du dir wirklich Sorgen machst, obwohl du dazu keinen Grund hast, können wir gern mit einigen kleinen Leibesübungen ein paar Kalorien abarbeiten.“
„Aber das Geschirr …“
„Kann warten.“ Er beugte sich vor und küsste sie auf die Wange und den Hals. „Ich bin allerdings nicht sicher, ob ich das kann.“
Mehr brauchte er nicht zu sagen. Mallory rutschte von ihrem Barhocker herunter, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Gabriel auf den Mund. Dann nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn ins Schlafzimmer.
In dieser Nacht warf Gabriel sich unruhig von einer Seite auf die andere, und als er einen Blick auf den Wecker auf seinem Nachttisch warf, war es erst Viertel vor drei.
Er presste gereizt die Lippen zusammen. Es geschah nur äußerst selten, dass er unter Schlaflosigkeit litt, weil er schon vor langer Zeit die Kunst erlernt hatte, alle störenden Gedanken auszublenden, um dann fünf oder sechs Stunden später frisch und ausgeruht aufzuwachen.
Warum konnte er jetzt also nicht abschalten?
Die Antwort darauf lag zufällig in tiefem Schlaf neben ihm. Gabriel spürte Mallorys Atem an seinem Rücken, und sie hatte einen schlanken Arm vertrauensvoll um seine Taille geschlungen.
Er wusste nicht, wie oft er in der vergangenen Woche mit mörderischen Absichten über Cal Morgan und das nachgedacht hatte, was der Mistkerl Mallory angetan hatte. Und genauso oft hatte er sich an ihre gequälte Stimme erinnert. „Ich möchte mich nie wieder so fühlen, als wäre ich zu dumm oder unfähig, selbst meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“
Der Gedanke, dass sie so verletzt worden war, dass sieam Ende jedes Vertrauen in sich verloren hatte, tat ihm fast physisch weh und weckte in ihm den Wunsch, sie zu beschützen und ihr zu versichern, dass sie
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