Wenn die Mandelblueten bluehen
riss. Nachdem sie ihm Vorwürfe gemacht und ihn sogar geschlagen hatte, konnte er die Auseinandersetzung einfach so abtun? Sie hatte Feindseligkeit erwartet - und dass er sie entlassen würde.
"Oder möchten Sie weiterhin mit mir streiten?" fragte Slade, und Belustigung schwang in seinen Worten mit.
"Natürlich nicht!" erwiderte Daisy leise.
"Ich möchte es auch nicht", stimmte er ihr unerwartet ernst zu.
Kann er seiner Stimme absichtlich diesen heiseren, verführerischen Klang geben? fragte sie sich. Er war sehr sexy und charmant, aber sie war, wie sie sich energisch einredete, gegen seinen Charme immun. Ronald hatte dafür gesorgt, dass sie auf so etwas nicht mehr hereinfiel.
"Isabella hat ein ausgezeichnetes Essen für uns gekocht, das wir jetzt würdigen sollten", sagte Slade so beiläufig, als hätten sie bisher nichts anderes getan, als Cocktails getrunken und geplaudert. "Danach müssen Sie mich entschuldigen. Ich habe ...
eine Verabredung in der Stadt."
Wahrscheinlich mit einer Frau. Deshalb hat er sich so elegant angezogen, nicht meinetwegen, dachte Daisy beschämt.
Weshalb sollte ein Mann wie Slade Eastwood sich auch für sie interessieren? Sie musste verrückt sein, wenn sie sich einbildete, er wolle mit ihr flirten. Und der Kuss am Nachmittag... Es war ihre übertriebene Reaktion auf eine nur freundlich gemeinte Geste gewesen, die die Situation außer Kontrolle hatte geraten lassen. Wahrscheinlich gab es Dutzende Frauen, junge ungebundene Frauen ohne geheimen Kummer und ohne
Exmann, die sich förmlich um ein Rendezvous mit Slade Eastwood rissen. Und wer konnte ihnen das verübeln?
Plötzlich fühlte Daisy sich uralt, und das förderte nicht gerade ihr Selbstbewusstsein, das ohnehin schon gelitten hatte.
"Zuerst trinken wir aber noch einen Cocktail.
Einverstanden? " fragte Slade höflich.
"Ja, gern." Sie rang sich ein Lächeln ab. Wenn ich nicht aufpasse, werde ich einmal zu einer verbitterten alten Schachtel, und dann hat Ronald mein Leben ganz und gar ruiniert, dachte sie erbost.
Und das durfte nicht passieren! Rona ld gehörte der Vergangenheit an. Nicht so Jenny. Nein, Jenny würde, egal, was die Zukunft brachte, immer einen speziellen Platz in ihrem Herzen einnehmen. Und sie, Daisy, musste endlich versuchen, wieder zu leben, statt bloß zu existieren.
"Bitte schön." Slade reichte ihr ein Glas und lächelte sie freundlich an.
"Danke." Sie nahm es so rasch entgegen, dass sie etwas von dem Drink verschüttete.
"Entspannen Sie sich, Daisy", empfahl er ihr sanft. "Sie müssen lernen, nicht so verkrampft zu sein."
"Mit mir ist alles in Ordnung", behauptete sie, obwohl ihr Herz wie rasend pochte.
"Noch nicht, aber es wird schon wieder werden. Hier in Festina Lente lernen Sie bestimmt, das Leben nach dem Motto
,Immer mit der Ruhe' anzugehen. Was meinen Sie?"
Vielleicht. Wenn er nicht zu oft in ihrer Nähe war! Daisy nickte eifrig. "Ja, davon bin ich auch überzeugt."
"Sie könnten mit der Zeit sogar feststellen, dass Ihnen Italien gefällt... und die Italiener."
Sie wusste genau, was er meinte, doch ihr fiel keine passende Erwiderung auf seine Andeutung an. Ihre Miene schien ihre Gedanken zu verraten, denn nun lächelte Slade ironisch und fügte kühl hinzu: "Ich warte aber lieber nicht mit angehaltenem Atem darauf, sonst ersticke ich, stimmt's?"
5. KAPITEL
Die folgenden vier Wochen verliefen viel reibungsloser, als Daisy am ersten Tag in Festina Lente gedacht hatte.
Es lag daran, dass Slade sich um ein schwerwiegendes Problem in seiner Firma in England kümmern musste, das auch die Tochterfirmen in den USA und Kanada betraf und seine Anwesenheit vor Ort erforderlich machte. Er rief jeden Abend in Meran an, aber abgesehen davon, dass sie sich dann immer dagegen wappnen musste, seine tiefe Stimme zu hören, verliefen die Tage ruhig.
Frieden kehrte auch deshalb ein, weil sie aus ihrer ersten Auseinandersetzung mit Slades Schwiegermutter Claudia Morosini als Siegerin hervorging.
Diese war einen Tag nach Slades Abreise erschienen und hatte Francesco vom Unterricht weg zu sich holen wollen. Daisy war gerade mit Angelica von einem Stadtbummel
zurückgekommen. Angelica hatte viel entspannter gewirkt als sonst und offen über ihre Furcht vor Francescos Großmutter gesprochen.
"Sie ist, was Engländer Drachen nennen", vertraute Angelica ihr an. "Und meine Mutter, sie will nicht, dass Signora Morosini böse wird. Das ist sehr schwer für mich, und Signor Eastwood, er versteht es
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