Wenn die Mandelblueten bluehen
Mal sprach Daisy über ihren Exma nn, und er wollte mehr wissen. "Ich habe ihm nichts gesagt, da ich annahm, das wäre in Ihrem Sinn." Als sie nickte, fügte er hinzu:
"Er hat behauptet, die Scheidung wäre ein Fehler gewesen und Ihre Anwälte hätten ihn überrumpelt, bevor er sich alles genau überlegt hatte."
"Nein, das stimmt nicht." An ihrem Hals pochte eine Ader, und das Atmen fiel Daisy sichtlich schwer. "Ich wollte die Scheidung unbedingt."
Er spürte, wie angespannt sie war, und ahnte, dass sie ihm vieles verschwieg. Hatte Ronald sie nicht nur betrogen, sondern auch verprügelt? War er pervers? Sex konnte die wunderbarste Sache der Welt sein oder die schrecklichste. Dass Ronald ein Frauenheld und notorischer Ehebrecher war, hatte der von ihm, Slade, engagierte Privatdetektiv herausgefunden, ansonsten war nichts Nachteiliges über Daisys Exmann bekannt. Aber es gab Dinge, die man vor aller Welt verbarg. Bei dem Gedanken, dass Daisy womöglich misshandelt worden war, wurde ihm ganz elend zu Mute.
"Er scheint anzunehmen, dass Sie zu ihm zurückkehren könnten, Daisy", sagte er ausdruckslos und war überrascht, wie viel ihm an ihrer Antwort lag.
Die kam kurz und bündig. "Nein, auf gar keinen Fall."
Slade atmete tief durch. "Das freut mich. Sie sind viel zu gut für diesen Mann und verdienen etwas Besseres." "Ich weiß."
Ihre Stimme klang so ungewohnt heiser und schroff, dass es ihn schockierte.
"Was belastet Sie so sehr, Daisy?" Er kam zu ihr und umfasste ihre Arme.
"Bitte nicht!" Vergeblich versuchte Daisy, sich von Slade zu lösen, was er nicht zu bemerken schien, deshalb hielt sie still. Er wollte sich ihr ja nicht aufdrängen, sondern nur freundlich sein.
Schon einmal hatte sie in einer ähnlichen Situation falsch reagiert und sich blamiert. Das würde ihr nicht wieder passieren!
"Was hat er Ihnen angetan, dass Sie ihn so sehr fürchten, Daisy?" fragte Slade leise.
"Ich habe keine Angst vor ihm", erwiderte sie bedrückt. Und das stimmte, sie hatte eher Angst davor, wie sie auf ihn reagieren würde, falls sie Ronald jemals wieder sah. Nach Jennys Tod hätte sie ihn am liebsten umgebracht, und sie hatte sich sogar Mittel und Wege ausgedacht, wie sie ihn töten könnte, was sie zutiefst entsetzt hatte. Doch diese Phase war vorübergegangen, ebenso wie die Nächte ohne Schlaf, in denen sie im Zimmer hin und her gega ngen war und sich gefragt hatte, wie Menschen solche Seelenqualen aushalten konnten, ohne verrückt zu werden. Noch immer wusste sie jedoch nicht, was sie tun würde, sollte sie Ronald nochmals begegnen. Sie wusste nur, dass sie ihn von ganzem Herzen verabscheute.
"Hat er damit gedroht, Ihnen wehzutun? Liegt da das Problem?" Slade ließ nicht locker.
"Nein." Warum hört er nicht auf, mich auszufragen? dachte Daisy. Sie spürte die Wärme seiner Hände und erschauerte. Er war ihr viel zu nahe. "Es ist ausgestanden, und ich will ihn nicht wieder sehen, das ist alles. Und das ist ja nicht falsch, oder?"
"Natürlich nicht", stimmte er ihr beschwichtigend zu.
Sie durfte sich jetzt nicht aus der Reserve locken lassen und ihm womöglich von Jenny erzählen. Nicht einmal mit ihrer Mutter oder ihrer besten Freundin Stephanie hatte sie nach dem Tod ihrer Tochter über ihre Gefühle geredet. Sie konnte es einfach nicht.
Ich hätte nicht hierher kommen sollen, den Job nicht annehmen und Francesco lieb gewinnen dürfen, sagte sie sich.
Das würde ihr nicht dabei helfen, den Kummer zu überwinden.
Im Gegenteil, es machte alles nur schlimmer.
"Sie brauchen eine Ablenkung von Ihrer täglichen Routine, und ich weiß genau das Richtige." Slade ließ sie los, trat einen Schritt zurück und lächelte sie an. Er spürte, dass sie mit ihrer Kraft am Ende war, zeigte es ihr aber nicht. "Heute Abend gibt es ein Konzert im Musiksaal, und zufällig habe ich zwei Karten dafür."
"Sie möchten mich einladen? Nur wir beide gehen zu dem Konzert?" fragte Daisy zögernd und überlegte, wie sie am besten ablehnen könnte.
Wieder lächelte er, diesmal kühl. "Wäre das so grässlich für Sie?" Bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er fort: "Nein, ich möchte den Abend nicht allein mit Ihnen verbringen, vielmehr mit Ihnen und einigen Bekannten. Einer meiner Freunde ist Musiker in dem Orchester, und er gibt nach dem Konzert eine Party."
"Ach so. Ich möchte mich nicht aufdrängen und ..."
"Das würden Sie nicht, da Sie mich begleiten." Sein Tonfall sagte unmissverständlich, dass Slade nicht lockerlassen
Weitere Kostenlose Bücher