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Wenn Die Nacht Anbricht

Titel: Wenn Die Nacht Anbricht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kleinen.«
    Ich seufzte. »Sie ist eine liebe Frau. Sie hat ein gutes Herz.«
    »Aber irgendwas stimmt mit ihr nicht. Man weiß nie so recht bei ihr, was sie eigentlich denkt. Oder Eleonor Lucid … Bei der war doch schon immer was seltsam. So wie die lebt – ganz ohne Mann und Kinder. Wer weiß, wozu eine solche Frau in der Lage wär?«
    Ich rührte, während sie redete. Charlene erwartete nicht, dass man antwortete. Sie redete weiter, wobei ich insgeheim nicht verstand, woher Eleonor Lucid eigentlich ein Baby haben sollte – ob sie nun richtig im Kopf war oder nicht.
    Anna Laurie Tylor traf ein, als die Marmeladengläser gerade draußen auf der hinteren Veranda mit offenem Deckel zum Abkühlen aufgereiht waren. Ich wollte soeben mit den Feigen beginnen.
    Sie sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Sie war nach hinten gekommen, wie sie das einige Male die Woche machte, und starrte gerade entsetzt auf den Brunnen, als ich sie entdeckte.
    Sie spürte meinen Blick und schaute auf. »Stör ich?«
    »Komm herein und mach’s dir gemütlich«, erwiderte ich freundlich.
    »Da habt ihr es also gefunden. Es ist schrecklich … Mir gefriert das Blut in den Adern.«
    Sie schien anzunehmen, dass es sich bei der Mutter um ein junges Mädchen gehandelt haben musste, das etwa in Virgies Alter und unverheiratet war. Sie zählte die Töchter einiger Frauen auf, die für sie in Frage kamen. Ich bat sie, meine Feigen umzurühren, während ich weitere Viertelgallonen mit heißem Wasser ausspülte.
    Die Bingham-Schwestern – inzwischen verheiratet, so dass sie eigentlich gar nicht mehr Bingham hießen – kamen kurz vor dem Mittagessen. Sie setzten sich nicht einmal hin, sondern wollten nur wissen, ob das Kind irgendwelche Auffälligkeiten gehabt und ob es so ausgesehen hätte, als wäre es geschlagen worden. Anscheinend hatten sie in der Woche zuvor ein Baby im Haus der Nachbarn deutlich lauter als gewöhnlich schreien gehört.
    »Das war kein normales Babyschreien. Das klang ganz anders. Ich hab noch zu Johnny gesagt, dass mir das einen kalten Schauder über den Rücken jagt«, flüsterte mir eine der Frauen zu. »Und das Kind hat man seit Tagen nicht gesehen. Seit Tagen.«
    Die Nächste, die kam, hatte gehört, dass es zwei Säuglinge gewesen waren. Und die danach hatte angenommen, dass der Junge keinen Kopf mehr gehabt hätte. Diese beiden Frauen halfen mir, den Paraffinstoff über die Marmeladengläser zu stülpen.
    Auch Celia streckte den Kopf zur Tür herein, kurz bevor die Mädchen und Jack aus der Schule kamen. »Hab hier draußen eine Veranda voller Marmelade entdeckt«, rief sie. »Und es sieht ganz so aus, als ob du dich mit den Essiggurken gleich mit eingelegt hättest.«
    Ich freute mich, sie zu sehen. Meine Schürze war voller Essig- und Saftflecken, und an meinen Händen klebte Wachs. Mein Kopf war so heiß, dass ich das Gefühl hatte, mein Hirn würde anschwellen. Mir war schwindlig, und ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten. »Komm rein, Celia.«
    »Komm du raus! Du solltest dich etwas abkühlen.«
    »Ich hab noch kein Essen gekocht.«
    »Wirst du auch nicht, wenn du vor Erschöpfung in den Herd kippst.«
    Ich nahm also meine Schürze ab und folgte ihr nach draußen. Die hintere Veranda war nicht so leicht zugänglich wie die vordere. Sie blickte auf die Bäume anstatt auf die Straße hinaus. »Willst du einen Tee?«, fragte ich und blieb unter der Tür stehen.
    »Gern«, erwiderte sie, hielt mich aber am Arm fest und zog mich auf die Veranda. »Bleib du hier.« Sie verschwand in der Küche und kam kurz darauf mit zwei Gläsern wieder. Dann ging sie zu der silbernen Kanne, die neben dem Brunnen stand, und goss den Tee ein, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten.
    »Davon trinkst du jetzt drei oder vier«, befahl sie mir. »Schwitz alles raus.«
    Ihre dunklen Haare waren so geschmeidig wie immer – die Locken glatt und ordentlich zu einem Dutt gerollt. Ich hatte Celia noch nie schwitzen gesehen, obwohl sie das Modell T mit einer Hand ankurbeln oder einen Ballen Heu hochheben konnte, als wäre es ein Kleinkind.
    Der Tee schmeckte gut. Er war süß genug, um durch die Schichten von Rauch und heißer Luft zu dringen, die meinen Hals verstopften.
    »Hab schon gesehen, dass die gackernden Hennen da waren«, meinte Celia. »Haben sie sich mal wieder christlich besorgt gezeigt?«
    Ich lächelte erneut, wobei ich diesmal fast kichern musste. Wir standen neben dem Brunnen, und ich

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