Wenn die Nacht dich kuesst...
Herzen liegt, dann rate ich Ihnen dringend, dasselbe zu tun.«
Er setzte seinen Hut auf und wandte sich zum Gehen, als sie sagte: »Ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob hinter Ihren Verdächtigungen nicht ein persönlicheres Motiv steckt, Konstabler. Sie erwähnten, dass Sie und Lord Trevelyan zusammen die Universität besucht haben. Vielleicht ist dies einfach Ihre Methode, einen Groll gegen einen alten Feind zu befriedigen.«
»Feind?«, wiederholte Larkin und drehte sich wieder zu ihr um. Während sich seine Mundwinkel zu einem wehmütigen Lächeln verzogen, trat unsagbare Traurigkeit in seine Augen. »Ganz im Gegenteil, Miss Cabot. Ich habe Adrian wie einen Bruder geliebt. Er war mein bester Freund.«
Damit tippte er sich an den Hut und ging. Caroline blieb allein im Nebel zurück.
»Zur Hölle mit Larkin!«, fluchte Adrian und sah zu, wie der Konstabler fortschlenderte, als habe er keine Sorge in der Welt.
Caroline Cabot stand in der Mitte der Straße und sah beinahe wie ein verlassenes kleines Mädchen aus. Nebel waberte um sie, leckte hungrig an dem Saum ihres Mantels.
Während Adrian sie von den Schatten auf dem Dach aus beobachtete, drehte sie sich um und richtete ihren besorgten Blick auf das Stadthaus. Ihre grauen Augen waren so klar, so scharf, dass er sich beinahe hinter einen Ziegelschornstein geduckt hätte, ehe ihm noch rechtzeitig einfiel, dass ihn die Dunkelheit einhüllte — wie sie es immer tat.
Sie wandte sich ab und stieg in die wartende Kutsche, die Schultern vor Erschöpfung gebeugt. Während die Kutsche fortrollte, ging Adrian zum Rand des Daches und schaute ihr nach, bis sie um die nächste Ecke bog.
Es war genauso, wie er es befürchtet hatte. Larkin hatte ihr wie eine heimtückische Spinne aufgelauert, hatte gehofft, dass sie sich in ihrem Netz verhedderte. Indem sie zu seiner Verteidigung gesprochen hatte, hatte sie sich mit demselben hässlichen Makel der Verdächtigungen befleckt, der alles verdarb, was er tat. Schon vor langer Zeit hatte er sich an das nervöse Geflüster und die Seitenblicke gewöhnt, die ihn überall begleiteten. Es gab keinen Grund, dass sie das auch lernte.
»Da bist du ja!«, rief Julian und schwang sich wie ein trunkener Springteufel aus einem der Dachfenster. Sein Schwanken fand seine Erklärung in der halb leeren Karaffe mit Adrians bestem Whisky, die er in einer Hand hielt. »Ich dachte, du seiest ausgegangen.«
»Wozu?« Adrian blickte zum Horizont. In den vergangenen paar Jahren war er ein Experte darin geworden, den leisesten Wechsel von Schwarz zu Grau wahrzunehmen. »Die Sonne wird in weniger als zwei Stunden aufgehen.«
Julian kam wankend zu ihm und setzte sich auf einen halb verfallenen Schornsteinabsatz. Seine Bewegungen ließen die Anmut vermissen, die Adrians Gäste vor wenigen Stunden noch sprachlos gemacht hatte. »Und keinen Augenblick zu früh, soweit es mich betrifft«, sagte er und gähnte. »Ich weiß nicht, was erschöpfender war — gezwungen zu sein, stundenlang und ohne Ende schwülstige Verse von mir zu geben oder mich die ganze Zeit von dem Mädchen anhimmeln zu lassen, als hielte ich den Mond.«
Ein trockenes Lächeln spielte um Adrians Lippen. »Tust du das nicht?«
»Nein«, erwiderte Julian und hob die Karaffe in einem spöttischen Toast zum Himmel. »Nur die Sterne.«
Über ihren Köpfen verblassten die allerletzten dieser Sterne allmählich, einer nach dem anderen. Die schwindenden Schatten verstärkten Julians Blässe nur und betonten die dunklen Flecken unter seinen Augen. Die Hand, die die Karaffe hielt, zitterte sichtbar.
Adrians Herz zog sich vor Sorge zusammen, eine Sorge, die ihm allzu vertraut war. Er deutete mit dem Kinn auf den Whisky. »Denkst du wirklich, das ist klug?«
»Es ist auf jeden Fall der Alternative vorzuziehen«, versetzte Julian knapp und nahm noch einen Schluck. »Man kann in einer Nacht nur eine gewisse Menge halbgaren Roastbeefs herunterwürgen. Außerdem habe ich genau das gleiche Recht wie du zu feiern. Hast du Larkin nicht gehört? Nachdem wir Duvalier durch jedes verderbte Höllenloch auf allen fünf Kontinenten gefolgt sind, haben wir den Bastard endlich vor Augen. Er geht uns geradewegs in unsere sorgfältig ausgelegte Falle.«
Adrian schnaubte. »Oder er legt selbst eine Falle aus.«
Julian lehnte sich auf seine Ellbogen und überkreuzte seine langen Beine an den Fußknöcheln. »Denkst du, er hat sie mittlerweile gesehen? Oder waren es nur die Gerüchte um dein junges
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