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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Wegen vor maskierten Angreifern mit lüstern grinsenden Mündern floh.
    Sie rieb sich die müden Augen. Was, wenn die ganze Nacht nicht mehr als ein Traum gewesen war — ihr und Portias verrückter Ausflug in die Vauxhall Gardens; die köstlichen Momente in den Armen des Viscounts, der berauschende Geschmack seines Kusses. Was, wenn sie alle nicht mehr als eine Fieberphantasie waren, geboren aus einer Mischung von schlechtem Gewissen und überreizter Phantasie?
    Sie war halb geneigt zu glauben, dass sie in Wahrheit noch träumte, denn die Mitternachtsglocken läuteten immer noch.
    Sie runzelte die Stirn, dann erkannte sie schließlich den grellen Ton der Klingel an der Haustür. Caroline schlug die Decken zurück, kletterte aus dem Bett und eilte zum Fenster. Eine elegante Chaise, von einem schneidigen Gespann Brauner gezogen, stand wartend auf der Straße. Wenn sie den Hals reckte, konnte sie einen flüchtigen Blick auf einen Mann erhaschen, der auf der ersten Stufe der Eingangstreppe stand. Obwohl die gerollte Krempe seines Biberfellhutes seine Züge verdeckte, ließen die mächtige Gestalt und der Mantel mit den langen Schulterkrägen keinen Zweifel daran, um wen es sich handelte.
    Adrian Kane war gekommen, seine Aufwartung zu machen. Und noch dazu bei Tageslicht.
    Carolines Knie gaben nach, so erleichtert war sie. Bis zu diesem Augenblick hatte sie gar nicht gemerkt, wie fest Portias Phantastereien in ihren Träumen und ihrem Denken Fuß gefasst hatten.
    Sie schüttelte den Kopf über ihre Dummheit und warf einen Blick zum Himmel. Regen fiel beständig aus Wolken, die so bleiern aussahen, als würde die Sonne nie wieder scheinen.
    Sie kniff die Augen zusammen, während sie diese Unheil verkündenden Wolken betrachtete. War es Tageslicht, das Vampire umbrachte?
    Oder Sonnenlicht ?
    Sie rieb sich die Stirn, plötzlich von dem Wunsch beseelt, sie hätte besser auf Portias Geschwätz geachtet. Die Klingel ertönte erneut. Tante Marietta war kein Vampir, aber sie stand nur selten vor Mittag auf und empfing Besucher meist nicht vor zwei Uhr nachmittags. Dennoch konnte Caroline hören, wie ein Stockwerk tiefer jähe Geschäftigkeit ausbrach. Hastig erteilte Aufträge drangen zu ihr, und es klang ganz so, als liefen Tante Marietta und Vivienne gleichzeitig durch ihre geräumigen Zimmer und versuchten, sich präsentabel zu machen.
    Als sie wieder zu der Stufe hinunterspähte, schob Kane seinen Hut in den Nacken und schaute nach oben, genau zu dem Fenster, an dem sie stand. Caroline duckte sich rasch hinter die Vorhänge. Die Macht seines Blickes war nicht zu leugnen. Nicht einmal die staubige Spitzengardine konnte sie vor seinem bezwingenden Bann beschützen.
    Die Glocke hörte auf zu läuten. In der ohrenbetäubenden Stille, die darauf folgte, schoss Caroline ein Satz aus Portias Vampirregeln durch den Sinn.
    Ein Vampir darf das Haus seines Opfers nicht uneingeladen betreten.
    Caroline versuchte, die alberne Vorstellung abzuschütteln, aber der Traum war noch zu lebendig. Was, wenn sie Portias Geschrei aus Gewohnheit abtat, und dabei war dieses Mal wirklich der Wolf gekommen und stand dort draußen auf den Stufen vor dem Haus ihrer Tante?
    Da sie nicht in ihrem Nachthemd nach unten laufen konnte, sich vor die Tür werfen und behaupten, sie habe irgendeine schrecklich ansteckende Krankheit wie Cholera oder Beulenpest, spähte sie noch einmal vorsichtig aus dem Fenster.
    Die Eingangstür war geöffnet worden. Aber anstelle des ältlichen Lakaien ihrer Tante war es eine strahlende Portia, die den Viscount aus dem Regen ins Haus bat.
    Caroline blieb der Mund offen stehen. »Auch du, Brutus?«, flüsterte sie und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Eine Weile später schlich Caroline die Treppe hinab, nachdem sie ein schlichtes blaues Morgenkleid angezogen hatte, das ihrer schlanken Figur nicht schmeichelte. Die gestärkten Rüschen, die als Kragen dienten, hätten genauso gut zu Queen Elizabeth gepasst. Sie hatte rücksichtslos jede Strähne ihres Haares streng zurückgebürstet und im Nacken zu einem festen Knoten aufgesteckt. Zum Schluss hatte sie sich ein Spitzenhäubchen übergestülpt. Sie war wild entschlossen, alle Spuren des liederlichen Geschöpfes zu tilgen, das sich mit solch schamloser Hingabe an den Verehrer ihrer Schwester geklammert hatte.
    Auf dem Treppenabsatz blieb sie stehen, die Hand auf dem Geländer. Der rauchige Bariton des Viscounts mochte alle Vorbehalte von Frauen dahinschmelzen lassen, aber er

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