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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Dielenbretter ignoriert hatte, zog sich Caroline das Kissen über den Kopf und kuschelte sich tiefer unter die Decken. Es war immer schon unmöglich gewesen, sich bei Portia schlafend zu stellen. Sie begann einen in die Rippen zu stoßen, sich eine Feder vom nächsten Hut zu besorgen und einen an den Füßen zu kitzeln. Einmal, als sie ihr unbedingt ihre neuesten Theorien bezüglich der Nixe, die sie am Grunde des Brunnens im Garten entdeckt zu haben meinte, hatte mitteilen wollen, hatte sie Caroline den Inhalt ihrer Waschschüssel über den Kopf gekippt. Caroline war aufgefahren und hatte Portia eine so schallende Ohrfeige gegeben, dass sie sich noch eine Woche später beklagt hatte, ihr Ohr würde klingeln.
    Aber dieses Mal entschied sich Portia für eine Strategie, die wesentlich hinterhältiger war.
    Sie fasste den Zipfel ihres Kopfkissens, hob es an und brachte ihren Mund dicht an Carolines Ohr. Ihre Stimme zu einem spöttischen Bariton senkend, säuselte sie: »Seien Sie nicht so schüchtern, Miss Cabot. Kommen Sie, geben Sie uns einen Kuss.«
    Caroline setzte sich so hastig auf, dass sie beinahe mit den Köpfen zusammenstießen. »Himmel, was bist du für eine schreckliche Göre! Du hast uns erkannt, nicht wahr?«
    Portia krabbelte rückwärts und rollte sich an dem schmalen Eisengitterfußende des Bettes wie ein zufriedenes kleines Kätzchen zusammen. Tante Marietta hatte sie beide in ein Zimmer unter dem Giebel gesteckt, das ein besserer Dachboden war. Die Kammer war mit zwei schmalen Eisenbetten und mehreren angeschlagenen und zerkratzten Überbleibseln aus anderen Wohnräumen möbliert, die zu unmodern waren, um unten geduldet zu werden. Auf dem Waschtisch brannte eine Talgkerze, in deren Licht Portias Augen übermütig funkelten.
    Sie schüttelte die Schuhe von den Füßen und wackelte mit den bestrumpften Zehen. »Glaub mir — es war nicht leicht, dich zu erkennen, schließlich hat mir Tante Marietta die Augen zugehalten und mir alle paar Sekunden mit ihrem Fächer einen Klaps gegeben. Ich bin beinahe gegen einen Baumstamm gerannt und hätte fast das Bewusstsein verloren.«
    Caroline lehnte sich in ihre Kissen zurück und betrachtete ihre Schwester finster. »Schade, dass du das nicht wirklich getan hast. Dann hätte ich vielleicht eine Nacht ungestört schlafen können.«
    Während Portia sich Finger für Finger ihre Handschuhe auszog, beugte sie sich vor und vertraute Caroline an: »Zuerst dachte ich, der Viscount beißt dich. Ich konnte nicht verstehen, warum du dich nicht gewehrt hast. Ich hatte schon Luft geholt, um zu schreien, als ich plötzlich begriff, dass er ... dich küsste .« Sie flüsterte die letzten beiden Worte, als sei es irgendein uralter Ritus, dunkel und verboten und wesentlich unanständiger als alles, was ein Vampir je tun könnte.
    »Er hat nur so getan, als ob er mich küsst«, klärte Caroline sie auf und versuchte verzweifelt, nicht daran zu denken, wie sich seine Lippen auf ihren angefühlt hatten, das zärtliche Streicheln seiner Zunge.
    Portias skeptisches Schnauben war alles andere als damenhaft. »Dann muss er ein sehr ausgeprägtes Vorstellungsvermögen haben, weil er sich der Sache mit allergrößter Hingabe gewidmet hat.«
    »Ihm blieb nichts anderes übrig«, entgegnete Caroline, sich überdeutlich der Tatsache bewusst, dass ihre eigene Hingabe noch mehr zu verurteilen war. »Wenn Tante Marietta uns beide erkannt hätte, hätte das katastrophale Folgen für alle gehabt — besonders aber für Vivienne.«
    Ihr Gewissen schrie bei dem Gedanken an ihre Schwester gequält auf. Sie wünschte sich fast, sie könnte glauben, dass Kane sie irgendwie verhext hatte. Dann hätte sie eine Entschuldigung dafür, sich in seinen Armen so schamlos aufgeführt zu haben. Dafür, dass sie willens gewesen war, alles aufzugeben, was sie stets hochgehalten hatte — Viviennes Vertrauen eingeschlossen —, für ein so flüchtiges Vergnügen wie einen Kuss.
    »Du musst dir wegen Vivienne keine Sorgen machen«, versicherte ihr Portia. »Sie hegt nicht den geringsten Verdacht. Tante Marietta war zu sehr damit beschäftigt, uns so schnell wie möglich von dem Ort der Schande wegzubringen und deinen Charakter schlecht zu machen. Nun, natürlich nicht deinen Charakter, sondern den Charakter der schamlosen Schlampe in den Armen des Viscounts. Sie dachte ...« Portia fegte mit einer Handbewegung ihr gesponnenes wirres Netz aus Erklärungen weg. »Ach, egal. Wie um Himmels willen bist du nach Hause

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