Wenn die Nacht dich kuesst...
Händeklatschen. »Oh, ein Maskenball! Was für eine aufregende Entwicklung! Ich kann es kaum erwarten, die Koffer zu packen. Bitte, Mylord, sagen Sie, gesellt sich Ihr Bruder von Beginn an zu uns?«
»Sobald Julian erfährt, dass ich von einem ganzen Reigen reizender junger Misses Cabot begleitet werde, werde ich ihn, da bin ich sicher, noch nicht einmal mit meinem Spazierstock zurückhalten können.« Damit stand Kane auf. »Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen wollen, meine Damen, ich glaube, ich habe lange genug Ihre Gastfreundschaft in Anspruch genommen. Ich muss gehen und Arrangements für die Reise treffen.«
Während Tante Marietta der Dienstmagd ein Zeichen gab, seinen noch feuchten Mantel und seinen Hut zu holen, erhob sich auch Vivienne. »Ich bin so froh, dass Sie heute vorgesprochen haben, Mylord. Es ist ein ungeahntes Vergnügen gewesen, Sie hier zu haben.«
»Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite«, erwiderte er leise und hob Viviennes Hand an seine Lippen.
Dieselben Lippen, die ihre so zärtlich liebkost hatten. Dieselben Lippen, die ihre gestreichelt, gerieben und geneckt hatten, bis Caroline seiner heißen, besitzergreifenden Zunge Einlass gewährt hatte. Dieselben Lippen, die sie für ihn gefordert hatten, als gehörte sie ihm für immer und ewig.
»Ein ungeahntes Vergnügen, allerdings«, erklärte Caroline steif, und ihr Tonfall deutete an, dass sie das Gegenteil meinte. »Ich hatte eigentlich geglaubt, Sie verließen das Haus nur sehr selten tagsüber.«
Während Kane Viviennes Hand sinken ließ und sich zu ihr umdrehte, musste selbst Caroline seine Selbstbeherrschung bewundern. »Das tue ich nur selten, es sei denn, es gibt einen starken Anreiz, wie zum Beispiel die Gesellschaft von vier bezaubernden jungen Damen.« Seine Handbewegung schloss Tante Marietta ein, die daraufhin wie ein Schulmädchen kicherte. Caroline wand sich innerlich.
Er nahm Hut und Mantel von dem Dienstmädchen entgegen, als Caroline unschuldig bemerkte: »Ich hoffe, Ihr Mantel ist Ihnen nicht zu warm, Mylord. Während ich mich anzog, war ich mir sehr sicher, dass ich die Sonne hinter einer Wolke hervorspähen sehen konnte.«
Einen langen Augenblick stand Kane stocksteif. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Dann, ohne auf das Dienstmädchen zu warten, schritt er zur Haustür und riss sie auf. Regen fiel stetig in einem silbernen Vorhang aus dem grauen Himmel.
Er drehte sich um, seine beeindruckende Gestalt scharf umrissen vor den Regenschleiern draußen, und schenkte Caroline ein mildes Lächeln. »Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen, Miss Cabot, aber es scheint, als habe der Regen vor, länger zu bleiben.«
Adrian stürmte in das Stadthaus und warf die Haustür krachend hinter sich ins Schloss. Da war kein Lakai, ihn zu begrüßen, keine Dienstmagd, die herbeieilte, um seinen tropfenden Hut und seinen Mantel zu nehmen. Die Dienstboten waren es nicht gewohnt, dass sich jemand im Haus regte, solange Tageslicht herrschte. Die meisten von ihnen waren vermutlich selbst zu Bett gegangen oder hatten sich zu einem Nachmittag in der Stadt davongeschlichen. Jeder Vorhang und jeder Fensterladen im Haus war geschlossen, so wie der Hausherr es angeordnet hatte.
Selbst der niedrigste Lakai und die einfachste Spülmagd wussten, dass ein einziger Verstoß gegen diese besondere Regel zur sofortigen Entlassung führen würde.
Einen verräterischen Augenblick lang erlaubte sich Adrian die Frage, wie es sein würde, eine Frau zu haben, die auf ihn wartete. Ein liebreizendes Geschöpf, das aus den Schatten zu ihm käme, um ihm aus den nassen Sachen zu helfen und ihm eine heiße Tasse Tee anzubieten und einen zärtlichen Kuss, während sie ihn die ganze Zeit ausschimpfte, dass er an einem so grässlichen Tag das Haus verlassen hatte. Aber als sich dieses Geschöpf als ein schlankes, grauäugiges Mädchen herausstellte mit einem Wasserfall aus blass blondem Haar, das ihr über den Rücken fiel, verbannte er sie entschlossen in die hinterste Ecke seiner Phantasie.
Daran gewöhnt, im Dämmerlicht durchs Haus zu gehen, legte er seinen nassen Mantel ab und warf seinen Hut auf den Garderobenständer. Er fuhr sich mit einer Hand durchs feuchte Haar, als Julian auf unsicheren Beinen die Treppe herunterkam. Seine dunklen Locken standen wirr in alle Richtungen, wie zu der Zeit, als sie beide noch Kinder gewesen waren und Adrian nachts aufwachte, weil ein verschreckter Julian am Fuße seines Bettes stand. Obwohl er dann murrte und leise
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