Wenn die Nacht dich kuesst...
einzutauschen.
An keiner Bequemlichkeit für müde Reisende war gespart worden. Alles im Zimmer war darauf ausgerichtet, dass sein Bewohner sich willkommen und geschätzt fühlte — ein Gefühl, das Caroline seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr gekannt hatte.
Ihr Blick wanderte zu den französischen Türen auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Nachdem sie den Koffer sicher unter dem Bett verstaut hatte, nahm sie eine der Kerzen aus ihrem Halter und ging, um die Türen zu öffnen. Genau wie sie es erwartet hatte, öffneten sie sich auf einen regennassen Steinbalkon. Obwohl der Fluss nirgends zu sehen war, trug der Wind einen Hauch seines metallischen Geruchs.
Ihr Blick glitt suchend über den wolkenverhangenen Himmel. War Kane irgendwo dort draußen, ganz allein und bis auf die Haut durchweicht? Und wenn, welche verzweifelte Aufgabe würde einen Mann dazu treiben, einer so wilden, gefährlichen Nacht zu trotzen?
Die Kerzenflamme flackerte im Wind und unter ihrem Seufzer. Sie hielt schützend ihre Hand darum und zog die Türen wieder zu, dann brachte sie sich in dem behaglichen Nest in Sicherheit, das ihr Gastgeber ihr zur Verfügung gestellt hatte.
Adrian trieb sein Pferd durch die stürmische Nacht. Sein Wachstuchumhang konnte gegen den eisigen Regen nichts ausrichten, den ihm der Wind immer wieder ins Gesicht peitschte, oder gegen die feuchte Kälte, die ihm langsam in die Knochen drang.
Er war den ganzen Weg nach Nettlesham geritten, nur um herauszufinden, dass das geheimnisvolle Wesen, das die Dörfler in Angst und Schrecken versetzt hatte, indem es ihr Vieh riss, bloß ein räudiger Köter war — halb Wolf, halb Hund —, der durch Grausamkeit und Hunger übergeschnappt war. Adrian war nichts anderes übrig geblieben, als das arme Tier zu erlösen. Kurz bevor er ihm eine Pistolenkugel in den Kopf jagte, hatte er in seine wilden, einsamen Augen gesehen und erschrocken festgestellt, dass er sich irgendwie mit ihm verbunden fühlte.
Als er eine steile, mit Ginster überwucherte Anhöhe erklomm, kam Trevelyan Castle in Sicht. Er wünschte, sein Herz könnte bei dem Anblick schneller schlagen, so wie früher, aber seit er und Julian begonnen hatten, die Welt zu bereisen, immer Duvalier dicht auf den Fersen, war die Burg für ihn kaum mehr als ein kalter Steinhaufen, bar aller Wärme und Wiedersehensfreude.
Er hatte gerade die äußere Mauer erreicht, als ihm auffiel, dass die Burg nicht länger so aller Wärme beraubt war, wie er geglaubt hatte. Er blinzelte den Regen aus seinen Augen und schaute zum Nordturm hoch. Das Fenster ihm gegenüber erstrahlte im Kerzenlicht. Dieses Strahlen schien ihm zuzuwinken, ihn willkommen zu heißen, ihm eine Erholungspause in der wilden, einsamen Nacht zu versprechen.
Er zügelte das Pferd und saß unter einer alten knorrigen Eiche ab. Die Stute warf ihren Kopf hoch und riss ihm fast die Zügel aus der Hand. Trotz ihrer Erschöpfung tänzelte sie schnaubend seitwärts, verriet eine Unruhe, die Adrian nur zu vertraut war.
Solange er als Gentleman lebte, gebunden an die engen Grenzen der Londoner Gesellschaft, konnte er sie unterdrücken. Aber hier, auf dieser uralten Burg, wenn ihm der Wind durch die Haare fuhr und ihm der Geruch des Flusses in die Nase stieg, drohte diese Unruhe ihn zu überwältigen.
Er verspannte sich, als Caroline Cabot im Fenster des Turms erschien, ihr apartes Gesicht von der Flamme einer einzelnen Kerze beleuchtet. Ihr Haar war offen und fiel ihr auf die Schultern. Sie hatte den Morgenrock angezogen, den er ihr hatte hinlegen lassen. Der Samt schmiegte sich an ihre schlanke Gestalt, enthüllte die Weichheit, die sie mit so viel Mühe unter ihrem gestrengen Äußeren zu verbergen suchte.
Adrian seufzte. Es schien, als könne er ihr nicht entkommen. Nicht in dem Gedränge von Vauxhall und hier auch nicht, in dem einzigen sicheren Hafen, der ihm geblieben war. Noch nicht einmal in seinen Träumen, bis in die sie ihn seit ihrem Kuss verfolgte.
Lieben Sie mich, hatte sie erst vergangene Nacht geflüstert, als er sich im Bett unruhig von einer Seite auf die andere warf und in seinen Bettlaken verhedderte. Ihre Stimme klang nicht länger verzweifelt, sondern verlangend. Sie hatte zu ihm aufgeschaut, ihre grauen Augen feucht vor Sehnsucht. Ihre Hände hatten sein Gesicht zärtlich gestreichelt, während sich ihre seidenzarten Lippen einladend öffneten.
Adrian fluchte, verfluchte sich und seine verräterische Phantasie. Sein Leben wäre so viel
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