Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)
Füßen streifte, richtete sich auf und drehte sich zu Nele um. »Hey, meine Süße! Da bin ich.« Sie griff nach einer Papiertüte, die sie auf dem Schränkchen neben der Haustür abgestellt hatte, und hielt sie Nele triumphierend entgegen. »Und wie versprochen: Antipasti, Baguette, Viggo Mortensen und ein gigantischer Berg Gummibärchen. Das Wochenende kann starten, was meinst du?«
Nele konnte sich gerade noch rechtzeitig ein Lächeln abringen. Innerlich aber schlug sie sich selbst einmal kräftig vor den Kopf. Richtig! Daran hatte sie überhaupt nicht mehr gedacht. Heute war Freitag, und sie wollten endlich gemeinsam bei einem DVD -Abend das Wohnzimmer einweihen. Wie hatte sie das vergessen können? Gut, wenn sie an Seth in ihrem Zimmer dachte, wusste sie schon, wie. Aber es bedeutete, dass sie jetzt unmöglich wieder nach oben verschwinden konnte, und das für mindestens drei Stunden!
»Super! Du hast dran gedacht, ich bin beeindruckt!«, hörte sie sich selbst sagen und war überrascht, dass es sich tatsächlich recht begeistert anhörte. Und sicher, sie freute sich ja eigentlich auch schon die ganze Woche auf diesen Abend. Wie hätte sie denn ahnen können, dass ausgerechnet heute etwas passieren würde, so irrwitzig, dass sie es immer noch nicht wirklich glaubte? Nein, Seth musste nun wohl oder übel auf sie warten– und sie betete, dass er genug Geduld hatte. Mommi würde mit zweihundertprozentiger Sicherheit misstrauisch werden, wenn Nele jetzt noch mal nach oben ging. Dann würde sie Seth– oder, wie es aus Mommis Augen wirken würde, Jari– entdecken. Und das hätte Konsequenzen, die Nele weder abschätzen konnte noch wollte. Also folgte sie ihrer Mutter in die Küche und half ihr, die Leckereien, die sie mitgebracht hatte, in Schalen und auf kleinen Tellern zu drapieren. Ein echtes Festessen. Unter normalen Umständen wäre Nele dafür gestorben. Heute aber war ihr geradezu schlecht vor Aufregung, und sie konnte sich nur darüber wundern, dass sie dennoch nach außen hin so gelassen blieb, dass zumindest Mommi nichts davon mitzubekommen schien.
Während ihre Mutter das Essen auf ein großes Tablett quetschte, holte Nele Gläser, Wasser und Saft aus dem Schrank und klemmte sich die DVD unter den Arm. Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Den Film hatte sie ewig nicht gesehen, und es wurde wirklich mal wieder Zeit. Aber… die Extended Version …? Nele seufzte tonlos. Es half ja alles nichts. Sie würde die paar Stunden schon irgendwie überstehen. Und Seth würde hoffentlich solange auf sie warten.
Er musste einfach.
***
Als Jari die Augen aufschlug, lag er in seinem eigenen Bett. Verwirrt blieb er einige Sekunden lang liegen und lauschte auf die Stille, in der sein Atem seltsam laut klang. Wie war er hierhergekommen? Er erinnerte sich, den mühsamen Aufstieg begonnen zu haben, über diesen Berg aus leblosen Teddys. Und dann…
Nichts. Mehr gab seine Erinnerung nicht her. Ein Traum?
Was sonst. Wenn auch ein ziemlich bizarrer. Allein beim Gedanken an den riesigen Raum aus Glas zog sich Jaris Magen kribbelnd zusammen.
Er rieb sich über die Augen und lauschte noch einmal in die seltsame Stille. Nichts zu hören. Gar nichts. Wie spät mochte es sein? Es war nicht mehr dunkel draußen, aber richtig hell war es auch nicht. Und welcher Wochentag war eigentlich heute? Hinter Jaris Stirn war alles wirr, wie ein stetes schwarzweißes Rauschen. Was für eine Nacht…
Er wandte den Kopf, um auf den alten Wecker zu sehen, der auf seinem Nachttisch stand. Das vergilbte Zifferblatt zeigte zwanzig vor drei. Aber das konnte doch nicht stimmen…? Er setzte sich auf und sah noch einmal hin.
Nein, natürlich stimmte es nicht. Der Wecker war stehen geblieben. Nur der Sekundenzeiger zuckte noch schwach, schaffte es aber nicht, auf die nächste Position vorzuspringen. Und auch das übliche Ticken war verstummt. Kein Wunder, dass ihm das Zimmer so ungewöhnlich still vorkam.
Er schlug die Decke zurück und stand auf. Sein Körper fühlte sich seltsam leicht an, als hätte er über eine lange Strecke ein schweres Gewicht mit sich herumgetragen, das er jetzt liegen lassen durfte. Das Rauschen hinter seiner Stirn ebbte langsam ab, und mit ihm das Gefühl, krank zu sein. Er sollte wohl besser mal herausfinden, wie spät er wirklich dran war. Nachdenklich schloss er seine Zimmertür auf und trat auf den Flur hinaus.
Das merkwürdige Zwielicht herrschte auch hier draußen, nur eine Schattierung dunkler. Ein grauer
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