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Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Titel: Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Beer
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die jetzt aber nur noch still vor sich hin rosteten, blieben Nele und Svea stehen. Ein leiser Wind strich über den gesprungenen Asphalt, und Nele spürte, wie die Haare an ihren Unterarmen sich aufrichteten. Dem ganzen Ort haftete ein maroder, ein wenig gruseliger Charme des Verfalls an, mit all den Graffitis am alten Fachwerk, den gesprungenen Fensterscheiben und dem Unkraut, das überall hervorwucherte. Im Gegensatz zu dem lebendigen Treiben der Innenstadt war es hier still, die Stimmen und Schritte und Motoren nur noch als entferntes Murmeln zu hören. Nele drehte sich einmal um ihre eigene Achse und sah sich um. Die Kulisse war wirklich nicht schlecht. Da konnte man sicher ein paar ziemlich coole Fotos machen.
    Svea hatte inzwischen ihre Kamera aus der Tasche geholt und begonnen, die ersten Bilder zu knipsen. Gerade hielt sie die Linse auf die Mauer gerichtet, die den Hof umschloss. »Sag mal, Nele«, sagte sie, ohne aufzusehen, »findest du nicht auch, dass heute ungewöhnlich viele Katzen unterwegs sind?«
    Nele zuckte leicht zusammen. »Katzen?«
    Wie albern, dachte sie im nächsten Augenblick. Sie war wohl noch gründlich durcheinander von den Ereignissen der letzten Nacht. Vor Katzen brauchte sich nun wirklich niemand zu erschrecken.
    »Ja, das ist mir in der Stadt schon aufgefallen.« Svea ließ die Kamera sinken und deutete auf die Mauer. »Und da, schon wieder. Ich habe das Gefühl, wir werden ständig beobachtet.«
    Nele sah in die angewiesene Richtung. Tatsächlich saß dort auf der Mauer eine Katze mit fahlgoldenem Fell, die sie aus klaren grauen Augen fixierte. Nele versuchte, sich zu erinnern. Waren in der Stadt wirklich so viele Katzen gewesen? Sie hatte einfach nicht darauf geachtet.
    »Na, die da beobachtet uns auf jeden Fall«, sagte sie, wobei sie sich alle Mühe gab, ihre Stimme locker und unbekümmert klingen zu lassen.
    Svea nickte. »Sie sieht ziemlich grimmig aus, oder?«
    »Vielleicht hat sie hier irgendwo Junge.«
    Svea runzelte zweifelnd die Stirn, sagte aber nichts weiter.
    Nele zog leicht die Schultern hoch. Sie jedenfalls fand den Gedanken an ein Tier, das seine Familie bewachte, weitaus angenehmer als den, dass diese Katze sie wirklich beobachtete. So richtig glaubte sie allerdings selbst nicht daran. Seit sie Seth begegnet war, der plötzlich in Menschengestalt auf ihrem Balkon gestanden und ihr dann auch noch von der geheimen Identität der Katzen berichtet hatte, wusste sie gar nicht mehr, was sie noch glauben sollte.
    »Wie auch immer«, sagte Svea und richtete die Kamera nun auf den Schornstein, »wir sind ja gleich wieder weg.«
    Nele nickte nur. Vielleicht war sie auch einfach nur paranoid. Bestimmt lag es an dieser Geisterhaus-Atmosphäre auf dem Hof. Es würde doch jetzt nicht jede Katze eine verkleidete Traumgestalt sein…
    Svea sah über die Schulter zu ihr. »Ach übrigens– was ich dich noch fragen wollte: Was ist eigentlich mit Jari? Hast du noch mal mit ihm gesprochen?«
    Es war nun nicht so, dass Nele diese Frage nicht erwartet hatte. Genau genommen hatte sie sich sogar gewundert, dass es so lange gedauert hatte, bis Svea sie stellte– wo sie den ganzen Unsinn mit der Foto- AG doch angeblich nur Jaris wegen mitmachte. Trotzdem wusste Nele auch jetzt noch nicht, was sie darauf antworten sollte. Die Wahrheit konnte sie jedenfalls nicht sagen, so viel stand fest. Zögernd schüttelte sie den Kopf. »Nein… kein Wort seit gestern.«
    Svea seufzte leise. Dann steckte sie die Kamera wieder ein und drehte sich ganz zu Nele um.
    »Er benimmt sich schon merkwürdig.« Sie musterte Nele mit aufmerksamem Blick. »Siehst du, du darfst mich nicht falsch verstehen, ich will dich wirklich nicht bedrängen. Aber ich kenne Jari schon sehr lange. Und so war er nie.«
    Nele presste ein wenig gereizt die Lippen zusammen. »Hör mal, ich habe damit wirklich nichts zu tun. Ich war genauso überrascht wie alle anderen, dass er plötzlich dermaßen durchdreht. Ernsthaft. Anfang der Woche war er noch ganz normal. Das musst du doch auch gesehen haben, oder?«
    Svea schwieg. Sie sah nun sehr nachdenklich aus. Schließlich aber schüttelte sie den Kopf. »Möglich, dass du recht hast«, sagte sie leise.
    Nele betrachtete sie erstaunt. Das war ja ein ganz anderer Tonfall als der, den Svea gestern noch an den Tag gelegt hatte.
    Svea strich sich über die Haare, als wollte sie sie ordnen– dabei saß nach wie vor jede Strähne an ihrem Platz. »Letzte Nacht habe ich von ihm geträumt«, fuhr

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