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Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Titel: Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Beer
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sie langsam fort. »Ganz ungewöhnlich. Ich war ein Kind, und ich war auf dem Spielplatz, wo wir früher oft waren. Dann ist Jari aufgetaucht. Aber er war kein Kind, er sah aus wie jetzt. Und ich hatte Angst vor ihm. Ich wusste, wenn er in meinem Traum bleibt, wird alles in Scherben fallen. Also habe ich ihn verjagt. Wir rannten über eine riesige Ebene, auf der nur ein Baum stand. Und dann ist Jari in den Baum gefallen. Er war plötzlich weg, einfach so. Verwirrend, nicht?«
    Es kostete Nele große Mühe, Svea nicht mit offenem Mund anzustarren. Ihre Gedanken überschlugen sich. War das denn möglich? Svea hatte Jari getroffen, in seinem Traum? Auf der Ebene, die Nele von der Treppe aus gesehen, aber nicht betreten hatte? Wie konnte das sein? Es war kein Zufall möglich, Nele hatte die Ebene mit dem Baum noch viel zu deutlich vor Augen. War Jari also doch dort gewesen? Aber selbst wenn– wie hatte Svea ihn dort treffen können? War sie etwa auch eine Klarträumerin? Und vor allem: Was hatte Nele dann gefunden? Mit wem hatte sie gesprochen? Dort hinter dem Nachtglas, das war doch Jari gewesen!
    Sie musste mit Seth sprechen. Unbedingt. Aber sollte sie auch mit Svea reden? Was wusste sie über die Katzen und die Träume? Wusste sie überhaupt irgendetwas? Nele sah zu der Katze hinüber, die noch immer reglos auf der Mauer saß und sie anstarrte. Sie war Svea aufgefallen. Das war verdächtig, oder?
    »Hey… geht es dir nicht gut?« Svea musterte sie besorgt. »Du bist ein bisschen blass.«
    Nele schüttelte den Kopf. Liebe Güte, sie musste sich zusammenreißen! Am besten war es sicher, sie stellte sich erst einmal dumm, bis sie sich mit Seth beraten hatte. »Nein, alles in Ordnung. Ich muss nur mal was trinken, glaube ich.«
    Svea nickte ernst. »So siehst du aus.« Sie schnalzte halb scherzhaft, halb tadelnd mit der Zunge. »Liebes Mädchen, du musst doch auf deinen Flüssigkeitshaushalt achten. Mit dem Kreislauf ist nicht zu spaßen! Also. Wir holen uns in der Stadt eine Limo, und dann machen wir uns von dort aus auf den Weg in den Wald. Einverstanden?«
    Nele nickte erleichtert. »Das klingt nach einer guten Idee.« Und vor allem klang es so, als wollte Svea das Thema Jari erst einmal beiseitelassen. Nele hoffte nur, das würde auch so bleiben. Schließlich hatten sie an diesem Nachmittag noch einige gemeinsame Stunden vor sich.
    Tatsächlich überstand Nele den Rest des Ausflugs, ohne sich noch einmal um eine klare Aussage bezüglich Jaris Verhalten oder Sveas seltsame Träume herummogeln zu müssen. Stattdessen lernte sie das hübsche kleine Café Amaranth kennen, in das Svea sie lotste, und natürlich den Stadtwald, in dem sie sich fast den ganzen Nachmittag aufhielten. Es war angenehm leicht, ungezwungen mit Svea zu plaudern. Sie war freundlich und interessiert und überhaupt nicht so förmlich und schick, wie man es aufgrund ihrer Kleidung vermutete. Sie fragte nach Neles Familie, nach München, ihrem Leben und ihren Freunden dort, ohne jemals zu persönlich zu werden. Nele musste sich wohl oder übel eingestehen, dass sie Svea aufgrund ihres Äußeren falsch eingeschätzt hatte, obwohl sie gerade das doch bei anderen so verurteilte.
    Unglücklicherweise half das nur wenig gegen ihre wachsende Paranoia. Seit Svea sie auf die Katze auf der Mauer der Leinenweberei hingewiesen hatte, fühlte Nele sich mehr und mehr verfolgt. Es dauerte nicht lange, bis sie überall Katzen sah. Sie saßen hinter den Fenstern, auf den Bänken an der Pauluskirche, oder strichen an Hauswänden und Mülleimern vorbei. Selbst in der Einkaufsstraße, auf dem Weg zur U-Bahn, entdeckte Nele eine dreifarbige Katze, die in aller Seelenruhe im Außenbereich einer Eisdiele auf einem Stuhl lag und sich putzte. Und als sie sich schließlich von Svea verabschiedete und sich auf den Heimweg machte, war Nele so weit, dass sie hinter jeder flüchtigen Bewegung aus dem Augenwinkel eine weitere Katze vermutete– ganz egal, wie sehr sie sich einzureden versuchte, dass das albern war.
    Als sie endlich die Haustür hinter sich ins Schloss drückte, atmete sie erleichtert auf. Draußen dämmerte es bereits. Die Sonne ging früh unter und erinnerte daran, dass es immer noch März war, obwohl es den Tag über so klar und fast sommerlich warm gewesen war, dass man das leicht hätte vergessen können. Im Wohnzimmer lief der Fernseher, und Nele steckte kurz den Kopf durch den Türspalt, um ihre Mutter zu begrüßen. Dann ging sie mit einem Käsebrot in der

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