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Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Titel: Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Beer
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Ziehen in ihrer Magengegend, ein vages Gefühl der Unschärfe, als verblasse die Welt um sie herum, wenn sie zu lange auf den Riss im Himmel starrte. Und Seth war immer noch verschwunden. Wo steckte er denn nur schon wieder? Dabei brauchte sie ihn doch gerade jetzt ganz dringend!
    Nele ging zurück in ihr Zimmer und zog Balkontür und Vorhang hinter sich zu. Dann schloss sie die Augen und atmete ein paarmal tief aus und ein. Unten in der Küche hörte sie Mommi mit dem Frühstücksgeschirr klappern– ein Geräusch, wie Nele es schon Hunderte von Malen gehört hatte. Und gerade deswegen erschien es ihr in diesem Moment so beruhigend wie nichts anderes. Es wurde wirklich Zeit für etwas Normalität, damit sie nicht völlig durchdrehte. Und das bedeutete, an einem Sonntagmorgen im Schlafanzug zu frühstücken, ohne an Träume, sprechende Katzen in Menschenkörpern oder beängstigende Risse im Himmel zu denken. Und genau das würde Nele jetzt tun.
    Aber ganz so normal, wie sie gehofft hatte, wurde das Frühstück mit ihrer Mutter dann doch nicht– auch wenn es zunächst zumindest danach aussah. Als Nele die Küche betrat, saß Mommi in ihren Morgenmantel gewickelt am Tisch beim Fenster, neben sich einen Becher Kaffee, und las die Erlfelder Sonntagszeitung.
    »Morgen, Moms.« Nele ging zum Kühlschrank, um sich einen Joghurt zu holen. Dann setzte sie sich zu ihrer Mutter an den Tisch.
    Mommi sah auf. Sie war blass und hatte Ringe unter den Augen. Anscheinend war ihre Nacht nicht die beste gewesen. »Guten Morgen, meine Süße. Hast du auch so furchtbar geschlafen?«
    Nele zuckte die Schultern. »Geht so.« Sie gähnte und schielte auf die Zeitung– und im gleichen Moment zog sich alles in ihr zusammen. Die Titelseite bestand praktisch nur aus einem einzigen gigantischen Artikel, mit einer Überschrift in reißerisch großen Buchstaben: Stadt in Angst – Aliens über Erlfeld! Von einer Sekunde zur anderen war Nele jeglicher Appetit vergangen. Unauffällig schob sie den Joghurt ungeöffnet zur Seite. »Was ist denn da los?« Sie gab sich alle Mühe, ihre Stimme ganz normal neugierig klingen zu lassen. Aber so richtig gelang es ihr nicht.
    Mommi rieb sich über die Augen und schüttelte den Kopf. »Der Wahnsinn ist ausgebrochen.« Sie schob Nele die Zeitung hin. »Es ist absolut unglaublich.«
    Nele drehte die Zeitung zu sich herum. Eine ganze Weile wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Auf dem Titelbild war klar und deutlich das tropfende Licht zu erkennen, das sie gestern Abend so lange angestarrt hatte. Also war das alles nicht, wie sie gehofft hatte, etwas, das nur sie sehen konnte, weil sie sich zu weit in diese irrwitzige Traumgeschichte um Jaris Verschwinden verstrickt hatte? Ein Schauer lief Nele über den Rücken. Nein, das hier betraf offenbar die ganze Stadt. Aber was war das nur?
    Unter dem großen Foto waren noch zwei kleinere Bilder abgedruckt. Sie zeigten die große Kreuzung in der Nähe von Neles Schule. Mehrere Autos waren dort ineinander gekracht, gespenstisch beleuchtet von diesem Silberlicht. Aber das war noch nicht alles. Anscheinend war das Licht nicht das Einzige, was vom Himmel gefallen war. Der Asphalt war voller Krater, und darin erkannte Nele… Seebojen? Sie starrte ungläubig auf das Foto. Wieso, um alles in der Welt, ausgerechnet Seebojen? Wo kamen die her? Und über allem lag, wie eine weiße Decke, eine Schicht aus Blütenblättern. Ein paar von ihnen tanzten noch durch die Luft wie verirrte Schneeflocken.
    »Irre«, murmelte Nele. »Einfach nur irre.«
    Mommi nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. »Ja, nicht wahr? Und ich dachte, wir ziehen in ein beschauliches Städtchen. Kaum sind wir hier, bricht das Chaos aus. Ich muss wirklich ein furchtbar mieses Karma haben!«
    Obwohl ihr nicht danach zumute war, musste Nele lachen. Wenn es darum ging, eine Katastrophe gleich viel weniger dramatisch wirken zu lassen, war ihre Mutter einfach unschlagbar.
    Nele überflog den Artikel. Er klang ziemlich wirr. Einer der Autofahrer behauptete anscheinend, eine monströse Kreatur gesehen zu haben, die aus dem Nichts auf seiner Kühlerhaube aufgetaucht war. Ein anderer war bei dem Versuch, ein Licht zu fangen, das über der Kreuzung herumschwirrte, zwischen zwei Autos geraten und lag nun auf der Intensivstation im Krankenhaus. Von den Blechschäden, die die herabstürzenden Bojen angerichtet hatten, sprach der Bericht dagegen nur am Rande. Und das war ja auch vergleichsweise unspektakulär,

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