Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
großen Spiegel stellte Samara fest, wie gut sich der seidige Stoff des türkisfarbenen Wickelkleids an ihre Kurven schmiegte und ihre Augen leuchten ließ. Sie hatte sie mit blauem Eyeliner am Unterlid und zartblauem Lidschatten betont. Ihr langes Haar, das sie normalerweise an der Luft trocknen ließ, bearbeitete sie heute Abend besonders sorgfältig. Eine Naturkrause konnte ein Fluch sein, wenn man in Eile war oder keine Begabung fürs Hairstyling hatte. Samara hatte es geföhnt und anschließend geglättet. Nun fiel es ihr schwarz schimmernd über den Rücken.
Mit einer Grimasse schlüpfte sie in ihre sehr hohen Stilettos. Obwohl sie die Schuhe erst ein einziges Mal getragen hatte, waren ihr die Schmerzen noch sehr gut in Erinnerung. Als sie indes ihre Beine im Spiegel betrachtete, entschied sie, dass sich die Qualen lohnten. Sie sahen lang, wohlgeformt und schlicht spektakulär aus.
»Ja, sieh nur genau hin, Noah McCall.«
Samara fragte sich lieber nicht, weshalb ihr diese Worte über die Lippen kamen, und griff nach ihrer Handtasche und den Schlüsseln. In dem Moment läutete es an der Tür. Lächelnd öffnete sie dem großen blonden Mann. Ein bewunderndes Funkeln lag in seinen Augen, als er sie ansah. Brad Fleming war attraktiv, erfolgreich, sympathisch. Was könnte sich eine Frau mehr wünschen?
Samara schloss die Wohnungstür hinter sich ab und plauderte angeregt mit Brad, während sie zu seinem Wagen gingen. Heute Abend würde sie keinen Gedanken an den geheimnisumwitterten und maßlos arroganten Noah McCall verschwenden.
6
Stunden später kehrte Noah in Samaras Wohnung zu rück und fühlte sich wie ein Mistkerl erster Güte. Sie hatte ein Date, na und? Es war ihr gutes Recht, ein Privatleben zu führen, und das ging ihn verdammt noch mal nichts an. Fast zwei Wochen hatte sie nichts anderes getan, als ihm zu helfen. Und wie dankte er es ihr? Indem er ihr Vorwürfe machte und sie beleidigte.
Stöhnend sank er auf die Couch und inhalierte Samaras leichten Duft. Prompt bekam er eine Erektion, was die normale Art zu sein schien, wie sein Körper auf alles reagierte, was mit ihr zu tun hatte.
Er brauchte dringend Sex, sonst nichts. Es war beinahe sechs Monate her, seit er zuletzt mit einer Frau geschla fen hatte. Die Nachricht von Bennetts Wiederauftauchen hatte ihn vollständig in Beschlag genommen, und er konzentrierte sich auf nichts anderes mehr, als ihn zu finden. Tagein, tagaus mit einer schönen Frau wie Samara zu sammen zu sein regte eben seine Libido an. Eine rein physische Angelegenheit.
Wenn das hier vorbei war, würde er nach Hause fahren und sich tagelang mit Celeste ins Bett verziehen. Sie wusste stets zu schätzen, wie unersättlich er nach längeren Aufträgen war. Vor Jahren schon hatte Noah sich an trainiert, während einer Suche auf Sex zu verzichten. Lei der war Samara keine Agentin, und sein Verstand weigerte sich, sie als solche zu betrachten. Aus dem Grunde war sie so verlockend.
Entschlossen, der Versuchung weiterhin eisern zu widerstehen, stand er auf und ging an seinen Computer. Es war erst kurz nach zehn. Samara könnte noch einige Stunden weg sein, aber das hinderte ihn nicht, allein weiterzuforschen. Noah war beinahe sicher, dass sie ihren Entführer gefunden hatten: Brian Sanders, der als Erster auf ihre Lock-Mail antwortete.
Nach der ersten Nachricht hatte Noah ein paar seiner Leute zum echten Brian geschickt, die mit ihm und seinen Eltern sprachen. Brian hatte abgestritten, in einem Online-Chat zu sein, und Noah glaubte ihm. Hinter seinem Namen musste sich folglich der Mistkerl verbergen. Alles andere wäre ein bisschen zu viel des Zufalls, und Noah glaubte nicht an Zufälle.
Bisher flirtete Brian in seinen Nachrichten recht heftig und machte ein paar vage sexuelle Andeutungen. Obwohl Noah ihn nicht mit zu forschen Mails verschrecken wollte, wurde er das alberne Spiel allmählich leid.
Er tippte die E -Mail-Adresse BS 626 ein und schrieb:
Hi, Brian. Ich bin so sauer, dass ich gar nicht weiß, wohin mit mir. Meine Mom will mich zwingen, zu meiner Großmutter in Arizona zu ziehen, solange sie auf Kreuzfahrt ist. Das ist sooo egoistisch von ihr! Sie reißt mich einfach aus der Schule und weg von meinen ganzen Freundinnen, und das für zwei volle Wochen! Ich kann Dir von da nicht mal mehr mailen, es sei denn, ich gehe in die Stadtbücherei. Gram hat ja nicht einmal einen Computer!
Du wirst mir fehlen, aber wir können ja wieder chatten, wenn ich zurück bin. Ich fahre
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