Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
ihn zum letzten Mal betrogen. Er verfluchte seinen Daddy, weil der ihm damals nicht erlaubt hatte, seinen Bruder umzubringen. Vor Jahren, gleich nachdem seine Mama abgehauen war, wollte Mitchell ihn schon kaltmachen, aber Daddy hatte Nein gesagt und behauptet, es würde verdächtig aussehen, wenn Michael so kurz nach dem Verschwinden seiner Mama starb. Stattdessen hatte er Mitch davon überzeugt, wie praktisch ein Zwillingsbruder wäre, der einen schlechten Ruf hatte. Mitch könnte alles machen, was er wollte, und Michael würde immer die Schuld bekommen. Zugegeben, das hatte wirklich gut funktioniert, als er sich die Schlampe Rebecca vorknöpfte. Nur holte ihn die Geschichte jetzt anscheinend wieder ein.
Luther würde ihm helfen. Sein Daddy hatte Luther Prickrel mehrmals vor dem Gefängnis bewahrt, folglich schuldete der Sheriff ihm was.
Eden zuzusehen, wie sie Jordan zum hundertsten Mal umarmte, machte Samara leider kein bisschen gefasster. Sie musste unbedingt zu Noah. Egal wie hartnäckig er es leugnete, der Schnitt an seiner Seite war mehr als nur ein Kratzer. Und hier waren Ärzte, die sich um ihn kümmern sollten.
Sie fand ihn auf der Laderampe eines Geländewagens sitzend vor, mit bloßem Oberkörper. Zwei sehr attraktive Frauen versorgten seine Wunden. Samaras erste Reaktion erschreckte sie so sehr, dass sie abrupt stehen blieb. Ihre Züge verhärteten sich merklich, und böse, vorwurfsvolle Worte gingen ihr durch den Kopf. War ihr bisher ihre eifersüchtige Veranlagung nie bewusst gewesen, trat sie nun explosionsartig zutage. Sie wollte die beiden Frauen wegjagen, ihnen sagen, sie sollten ja die Finger von Noah lassen. Was beschämend war, denn er brauchte ja ihre Hilfe. Er war verwundet. Und Samara hatte bisher noch in keiner Beziehung den Drang verspürt, Besitzansprüche geltend zu machen. Womit endgültig fest stand, dass Noah ihr mehr bedeutete als irgendein anderer Mann zuvor. Dabei hätte es dieses Beweises gar nicht mehr bedurft.
Samara blickte an sich herab. Sie trug den Pyjama von Eden, und ihr Haar … Gedankenverloren griff sie sich in die zottelige Mähne und ärgerte sich, dass sie nicht die Energie gehabt hatte, die nassen Locken vorm Schlafengehen zu trocknen und zu glätten. Sie nahm sich vor, das nächste Mal vorzeigbarer auszusehen, wenn sie von einer Horde Irrer aus dem Bett gezerrt wurde. Wahrscheinlich wirkte sie im Moment nur bleich, zerzaust und erschöpft … und wie erschöpft.
Unsicherer denn je wandte Samara sich ab und wollte weggehen, um sich ein wenig zu sammeln. Noch ehe sie zwei Schritte getan hatte, packte eine Hand ihre Schulter.
»Wie geht es dir?«
Sie drehte sich um, sah in Noahs strenges Gesicht auf und musste sich auf die Lippe beißen, um all die Dinge zurückzuhalten, die sie ihm sagen wollte, all die Gefühle, die einen derartigen Tumult in ihrem Inneren veranstalteten. Dummerweise konnte sie nichts gegen die Tränen tun, die ihr über die Wangen kullerten.
»Komm her.«
Kaum umfingen sie seine Arme, begann Samara zu schluchzen. In Anbetracht der Tatsache, dass für Noah nun alles vorbei war, fühlte sie sich, als würde sie innerlich sterben. Noahs Arbeit war erledigt, und mit ihr auch das, was zwischen ihnen gewesen war.
»Schh, Babe.« Er küsste sie sanft auf die Stirn. »Es ist vorbei. Alles ist gut. Keiner wird dir mehr wehtun. Dafür sorge ich.«
Zitternd atmete sie ein. Sie wollte nichts weiter, als für immer in seinen Armen bleiben. Trotzdem brachte sie sich dazu, sich aus seiner Umarmung zu winden und zurückzuweichen. Lächeln jedoch konnte sie beim besten Willen nicht. Sie hoffte, dass sie wenigstens halbwegs gefasst aussah. »Das mit deinem Bruder tut mir leid.«
Für einen winzigen Moment schien er traurig. »Manche Leute werden einfach schlecht geboren. Er kommt endlich dorthin, wo er niemanden mehr verletzen kann.«
Sie strich behutsam über den Blutflecken an seinem Hemd. »Ist mit dir alles okay?«
»Ja. Es musste nicht einmal genäht werden.«
Samara schluckte, weil sie einen dicken Kloß im Hals hatte, der neuerdings zu einem Dauersymptom zu werden schien. »Was jetzt?«
»Jetzt ist Bennett dran«, antwortete er mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen.
»Eden hat mir erzählt, was du vorhast … dich für Mitch ausgeben. Ich …« Der Kloß wurde zu groß, und sie konnte nicht weitersprechen.
»Mir passiert nichts, Süße. Denk dran, das ist mein Job.«
Bei aller Gelassenheit entging ihr nicht, was er meinte. Sie sollte
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