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Wenn Die Seele Verletzt Ist

Wenn Die Seele Verletzt Ist

Titel: Wenn Die Seele Verletzt Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sautter
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werden abgewertet, die Fähigkeit zu Mitgefühl ist wenig entwickelt. Es gibt keine klare Rollen- und Aufgabenverteilung, Botschaften werden unklar oder widersprüchlich formuliert. Die Paarbeziehung der Eltern ist schwach ausgeprägt und die elterliche Fürsorge beschränkt sich häufig auf sexualisierte Aktionen. Es gibt Tabuthemen und Geheimnisse, das heißt, alle wissen, daß über den Mißbrauch nicht gesprochen werden darf. Dies schafft ein paradoxes, solidarisches Gruppengefühl. Typisch ist in diesen Familien, daß Konflikte vermieden werden.
    Mit Vorbehalten seien hier einige, durch wissenschaftliche Studien erhobene Persönlichkeitsstrukturen mißbrauchender Väter und Mütter wiedergegeben. Danach sind mißbrauchende Väter zu 85% passiv, schüchtern und emotional und sozial abhängig (Hirsch in Egle, S. 87). Nur in der Beziehung zu einem Kind fühlen sie sich überlegen. Die Herkunftsfamilien der Väter sind von Trennungen und plötzlichen Brüchen gekennzeichnet. Meist ist auch der Vater in seiner Kindheit vernachlässigt und/oder mißhandelt worden undentwickelte aus diesem Grund ein so schwaches Selbstwertgefühl, daß er sich der Beziehung zu seiner gleichaltrigen Frau nicht wirklich gewachsen fühlt. Auf Grund unserer Erfahrungen können wir hinzufügen, daß Männer mit nationalsozialistischem Hintergrund ihre Töchter und/oder Enkelinnen viel häufiger mißbrauchten als Männer mit einer anderen ideologischen Prägung.
    Die psychische Struktur der Mutter ist nicht so eindeutig. Glaubte man früher, daß sich die Frau ihrem Mann verweigere und die Tochter ablehne, hielt diese These den tatsächlichen Gegebenheiten nicht stand. Wir finden zwar auch Frauen, die massiv bagatellisieren und die Vorfälle leugnen, aber die Anzahl der Mütter, die ihren Töchtern glauben, sich von den Männern trennen und den Kinderschutzbund aktivieren, ist mit 78,2% deutlich in der Überzahl (Siries & Finke in Egle, S. 88). In den Herkunftsfamilien der Mütter findet sich häufig das Phänomen (Hirsch, ebd. S. 88), daß sie aus den verschiedensten Gründen mit ihren Müttern allein blieben und von diesen zurückgewiesen wurden, eine Tatsache, die wir aus eigener Erfahrung bestätigen können.
    Kinder, die sexuelle Gewalt erfahren, verändern ihr Verhalten, wobei es auch hier keine hundertprozentigen Anzeichen gibt. Am ehesten könnte man sexualisiertes Verhalten von Kindern, die von ihrer alterstypischen Entwicklung her noch kein Interesse an Sexualität zeigen, als den wichtigsten Hinweis auf Mißbrauch werten. Ansonsten sind solche Kinder je nach Temperament ängstlich oder aggressiv und leiden unter Alpträumen und Depressionen. Viele haben Suizidphantasien oder machen Suizidversuche, laufen von zu Hause weg und versuchen, ihre Probleme durch Drogen- und/oder Alkoholkonsum zu überdecken. Typisch sind auch frühe und häufig wechselnde Sexualkontakte. Zuverlässiger als die Symptomatik ist in jedem Fall der Bericht des Kindes. Solche Berichte sollten in jedem Fall äußerst ernst genommen werden, besonders wenn es sich um Kinder vor der Pubertät handelt, die von ihrer Entwicklung her noch keine sexuellen Phantasien haben. Die Symptomatik sexuell mißbrauchter Kinder erinnert stark an die psychischen Schwierigkeiten von Borderline-Patienten. So erstaunt es nicht, daß mehrere amerikanische Studien zu dem Ergebnis kommen, daß ca. 80 %der Menschen mit einer Borderline-Symptomatik als Kinder sexuell mißbraucht wurden (v. d. Kolk und Hermann, S. 178, 180, 189). Bei Menschen, die an dissoziativen Störungen leiden (siehe dort), erlitten einer anderen Studie zufolge ausnahmslos alle diese Traumatisierung (Saxe in v. d. Kolk, S. 257).
    Der sexuelle Mißbrauch gehört damit zu den wirklich schlimmen Traumatisierungen, und es erschreckt mich immer wieder, wie selten dieses Problem auch heute noch in Psychotherapien angegangen wird. In der Studie von Saxe war der Mißbrauch bei nur 58% der Betroffenen überhaupt festgestellt, geschweige denn therapeutisch behandelt worden. Dies deckt sich leider mit unseren Erfahrungen sowohl aus der Einzelpraxis wie auch aus den Seminaren. Die Nachwirkungen von sexuellem Mißbrauch sind katastrophal, und das nicht nur für die Betroffenen! Sie wirken sich auf Tausende von Paarbeziehungen aus und sorgen spätestens nach der Geburt des ersten Kindes für immense Schwierigkeiten. So sind die Täter von damals für das Scheitern unzähliger Beziehungen und das Auseinanderbrechen von Familien

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