Wenn Die Seele Verletzt Ist
verantwortlich.
Die „Traumamechanik“ der Seele
Ich bin überzeugt, daß die Psyche logisch funktioniert. Die Psycho-Logik folgt jedoch anderen Gesetzen als die Logik des Intellekts, und diese Gesetze muß man zuerst einmal verstehen. Wenn man begreift, nach welchen Gesetzmäßigkeiten die Seele funktioniert, erkennt man, daß jedes Verhalten und jedes Gefühl ganz plausibel bestimmten Ursachen zugeordnet werden kann. Das Besondere an der Psycho-Logik ist jedoch, daß diese Ursachen nicht unbedingt in der Situation zu finden sind, in der das Verhalten oder das Gefühl auftritt. Deshalb glauben so viele Menschen, daß die Psyche unlogisch und unverständlich funktioniert.
Die Psyche gleicht einer gigantischen Festplatte, auf der alle Erlebnisse des Menschen mit all den dazugehörigen Gefühlen gespeichert sind. Natürlich befinden sich nicht alle Daten im Arbeitsspeicher, das heißt, nicht alle Erlebnisse und Gefühle sind unmittelbar bewußt abrufbar. Das hängt sowohl mit dem Alter, in dem das Erlebnis auftrat, als auch mit der subjektiven Einschätzung des einzelnen über die Wichtigkeit des Erlebnisses zusammen.
Es gibt jedoch bei traumatisierten Menschen eine Besonderheit: Wir erinnern uns, daß in traumatischen Situationen biochemische Reaktionen im Gehirn, gesteuert durch Amygdala, die bewußte Erinnerung blockieren. Die traumatische Situation wird erfolgreich verdrängt, damit das Opfer überhaupt weiterleben kann.
Das heißt natürlich nicht, daß damit alle Spuren des Traumas auf der Seelenfestplatte gelöscht sind, im Gegenteil. Viel mehr als die bewußt erlernten Regeln und Muster steuern diese unbewußten, gut verdrängten Erlebnisspuren die Gefühle und Verhaltensweisen von traumatisierten Menschen. Die durch verdrängte Traumata ausgelösten Verhaltensmuster sind so ähnlich – und es spielt fast keine Rolle, wodurch Menschen traumatisiert wurden –, daß es uns so schien, als folgten sie einer gewissen Mechanik. Aus diesem Grund sprechen wir von der „Traumamechanik“ der Seele. Mit ihrem Verhalten versuchen die Betroffenen immer, sich vor einer erneuten Traumatisierung zu schützen. Ganz gleich wie destruktiv ein Verhaltensmuster sein mag, immer erfüllt es im Kontext des Traumas eine wichtige Aufgabe. Meist dienen diese Verhaltensmuster der „Traumaprophylaxe“ und sind damit vorbeugende Maßnahmen gegen weitere schlimme Erlebnisse. Vorbeugende Verhaltensmuster sind:
• Kontrolle
•Vorwegnahme des Schlimmsten
•Reaktionen auf Trigger
•Dissoziation (siehe dort)
Diese Verhaltensmuster und ihre Vorteile werden im folgenden Kapitel eingehend behandelt. Außerdem beschreibe ich zwei Verhaltensmuster, die bei schwer traumatisierten Menschen immer wieder auftauchen:
• Trojanische Pferde“ – Virusprogramme in der Seele
•erneutes Inszenieren des Schrecklichen
Die Betroffenen haben meist eine Menge Zeit darauf verwandt, diese Verhaltensmuster zu bekämpfen, und häufig haben sie nicht viel damit erreicht. Verhalten kann nämlich erst dann verändert werden, wenn die Vorteile des Musters bekannt sind. Ein unerwünschtes Verhaltensmuster gleicht einer Medaille: Der Vorderseite sind deutlich sichtbar die Nachteile eines Handlungsmusters aufgeprägt; die Rückseite weist dagegen seine Vorteile auf, die die Nachteile derart überwiegen, daß alle Versuche, das Verhalten zu verändern, fehlschlagen müssen. Erst wenn diese Vorteile bekannt sind und der Betroffene ausprobiert hat, sein Ziel mit anderen, wünschenswerteren Mitteln zu erreichen, können unerwünschte Verhaltensmuster wirklich abgelegt werden.
Meist glauben Klienten, daß ihre unerwünschten Verhaltensmuster dazu dienen, Aufmerksamkeit zu erregen. Ich habe allerdings noch nie erlebt, daß die Aufmerksamkeitshypothese wirklich geholfen hätte, ein Muster abzulegen. Im Gegenteil werten sich die Klienten damit zusätzlich ab in dem Sinne: Ich muß ja krank sein, wenn ich ein so destruktives Verhaltensmuster nicht ablegen kann, nur weil ich unbedingt im Mittelpunkt stehen will. Unerwünschte Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Trauma dienen, wie oben gesagt, dem Schutz vor einer erneuten Traumatisierung.
Deshalb betrachten wir diese Verhaltensweisen und Symptome nicht als zu bekämpfende Feinde, denn weil sie mit dem Trauma in Zusammenhang stehen, geben sie oft wichtige Hinweise: Wir nutzen sie als Wegweiser zum auslösenden Ereignis. Wenn wir den Klienten motivieren können, unsere Sichtweise
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