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Wenn Die Seele Verletzt Ist

Wenn Die Seele Verletzt Ist

Titel: Wenn Die Seele Verletzt Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sautter
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die Sexualität von Anfang an schwierig. Viele Frauen entwickeln psychosomatische Symptome, die ihnen den Geschlechtsverkehr unmöglich machen. Zuweilen „klappt“ es bis zur Geburt des ersten Kindes so einigermaßen, vor allem wenn der Mißbrauch abgespalten und nicht erinnert wird. Geburten – aber auch künstliche Befruchtungen – können Trigger für das Trauma sein, da sich die Frau wie beim Mißbrauch ohnmächtig ausgeliefert fühlt und große Schmerzen im Unterbauch und im Genitalbereich spürt. Natürlich kann auch das Geburtserlebnis selbst traumatisch erlebt werden.
     
    Einen sehr eindrücklichen Fall erlebten wir mit einem Paar in unserer Praxis. Die Frau weigerte sich, nach der Geburt des gemeinsamen Kindes mit ihrem Mann zu schlafen. Nach einigen Jahren, in denen sich nichts geändert hatte, kamen beide zur Therapie. Die Frau berichtete von der als schrecklich erlebten Geburt. Als sie die dabei empfundenen Gefühle schilderte, erinnerte sie sich plötzlich an einen sexuellen Mißbrauch. Sie verstand, warum sie eine so starke Abneigung gegen Sexualität empfundenhatte. Obwohl sie jetzt den Grund für ihre Ablehnung kannte, hatte sie eine derartig starke körperliche Abneigung gegen ihren Mann entwickelt, daß sich das Paar trennte.
     
    Wenn das Kind vom Vater in der Form mißbraucht wurde, daß er das Mädchen zu seiner „kleinen Prinzessin“ machte und versuchte, ihm durch Zärtlichkeit lustvolle Gefühle zu bereiten, lernt das Kind frühzeitig, Zuwendung, körperliches Wohlbefinden, Macht, Ohnmacht und Sexualität miteinander zu koppeln. Als Erwachsene neigen diese Frauen dazu, ihre Macht durch Sexualität zu beweisen, indem sie mit Männern „spielen“ und ihre Partner häufig wechseln. Bis zu 80% aller Frauen, die sich freiwillig prostituieren, wurden als Mädchen mißbraucht und geben als Grund für ihre Tätigkeit an, daß sie das Gefühl genössen, Sexualität zu kontrollieren. Besonders eindrücklich war hier die Begegnung mit einer Klientin, die als Domina arbeitete. Als Kind war sie sexuell mißbraucht und häufig geschlagen worden. Sie bewies „den Männern“ täglich die Kontrolle über deren Sexualität, indem sie sie gegen hohe Bezahlung fesselte und auspeitschte. Aber auch Frauen, die in glücklichen Beziehungen leben, haben den zum Teil unwiderstehlichen Drang, ihre sexuelle Macht über Männer durch wechselnde Außenbeziehungen zu demonstrieren. Mit diesem Verhalten zeigen sie darüber hinaus auch dem Ehemann, daß sie die Beziehung kontrollieren. Es gibt Fälle, wo die Frauen nur dann mit ihren Partnern glücklich sein können, wenn sie nebenher sexuelle Beziehungen zu anderen Männern haben.
    Der sexuelle Mißbrauch an Jungen wird erst seit kurzem erforscht, weil man lange glaubte, sie seien nicht oder äußerst selten betroffen. Deshalb wissen wir mehr über seelisch und körperlich mißhandelte Jungen. Als erwachsene Männer nutzen auch sie oft ihre Sexualität, um Kontrolle zu beweisen, und auch hier kennen wir Fälle, wo Ehemänner in glücklichen Beziehungen trotzdem zwanghaft immer wieder Außenbeziehungen haben müssen und damit ihre Ehen aufs Spiel setzen.
    Wenn Kindheitstraumen die Paarbeziehung belasten, wirkt die Erkenntnis, daß es die traumatischen Erlebnisse sind, die die Partnerschaft stören,bereits erleichternd. Wenn die Beziehung gelingen soll, müssen beide lernen, Verantwortung für die eigenen Trigger zu übernehmen und mit denen des anderen behutsam umzugehen.
    Derjenige, der sich zum Beispiel aktiv auseinandersetzen will, kann lernen, auf das Rückzugsbedürfnis des anderen Rücksicht zu nehmen. Eine Vertagung der Aussprache kann der Aktivere dazu nützen, seine aufgeladenen Emotionen zum Beispiel durch körperliche Bewegung wie Sport, Spazierengehen oder Tanzen eigenverantwortlich abzubauen. Als Kind war ihm das nicht möglich, doch heute ist er auch erwachsen und kann in diesem Kontext anders reagieren lernen.
    Auch derjenige, der Konflikten am liebsten aus dem Weg geht, kann lernen, daß eine Auseinandersetzung kein traumatischer Übergriff ist. Auch er muß Verantwortung für sein Trauma und die damit verbundenen Gefühle übernehmen. Die katastrophalen Emotionen mag der Partner zwar auslösen, doch verursacht wurden sie durch Erlebnisse in seiner Kindheit. Je mehr es ihm gelingt, sich den Schwierigkeiten als Erwachsener zu stellen, um so eher kann er erfahren, daß im Kontext seiner Partnerschaft andere Lösungen möglich sind als in seiner

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